Menschen protestieren in Budapest gegen das Verbot von LGBTQ+-Paraden durch die ungarische Regierung.

Verbot der Pride-Parade EU-Länder fordern härteres Vorgehen gegen Ungarn

Stand: 27.05.2025 19:33 Uhr

Der Protest innerhalb der EU wegen des Pride-Verbots in Ungarn wird immer lauter. Inzwischen fordern 20 Staaten: Die Union solle alle Mittel ausschöpfen, um das Vorgehen der Regierung zu ahnden.

Ein Verbot der Pride-Parade, die vor allem eine Demonstration für die Rechte von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen sowie queeren Menschen ist: Mit diesem Plan scheint Ungarns Regierungschef Viktor Orban ein bereits gut gefülltes Fass zum Überlaufen zu bringen.

So formulierte es etwa die schwedische Europaministerin Jessica Rosencrantz: "Auch Schweden hat jetzt einen wichtigen Brief unterzeichnet, in dem die Maßnahmen gegen die Pride-Paraden als völlig inakzeptabel benannt werden." Die EU-Kommission müsse jetzt alle zur Verfügung stehenden Instrumente gegen Ungarn schnell und voll ausschöpfen. "Am Ende geht es darum, dass wir entschieden gegen Länder vorgehen, die systematisch unsere Werte untergraben und unseren gemeinsamen Grundsätzen nicht gerecht werden."

Unterzeichnet wurde die Erklärung auch von Deutschland, Frankreich, den Benelux-Staaten, Österreich, Tschechien, Dänemark und einigen anderen EU-Ländern - derzeit insgesamt 20 Staaten. Der Schutz von LGBTQ+-Personen "ist ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Werte", heißt es in der Erklärung. Und generell drohe das Recht auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt zu werden.

"Kommission ist bereit, alle Maßnahmen zu ergreifen"

Die ungarische Regierung hatte im März ein Gesetz verabschiedet, das als Grundlage für ein Quasi-Verbot der Pride-Parade in Budapest dient. Es erlaubt der Polizei, Gesichtserkennungssoftware einzusetzen, um Teilnehmer aufzuspüren und mit Strafen zu belegen.

Auch die EU-Kommission sehe darin einen Verstoß gegen EU-Recht, so Justizkommissar Michael McGrath. Er habe die Regierung in Budapest bereits aufgefordert, das Gesetz zurückzunehmen: "Sollte dies nicht geschehen und Ungarn dieses Gesetz anwenden, ist die Kommission bereit, alle Maßnahmen zu ergreifen." Es liege nun an Ungarn. "Wenn es keine positive Reaktion gibt, ist die Kommission bereit, zum Schutz des EU-Rechts, der Grundfreiheiten und der Grundrechte der europäischen Bürger - einschließlich der ungarischen Bürger - zu handeln."

Geduld schwindet

Aus Sicht von Ungarns Europaminister Janos Boka gibt es gar kein explizites Pride-Verbot. Ungarn habe das Recht zu handeln, um die "moralischen Normen der Nation aufrechtzuerhalten", heißt es aus Budapest - auch mit Verweis auf ein Gesetz von 2021, das den Zugang Minderjähriger zu Informationen über Homosexualität und Geschlechtsidentität stark einschränkt.

Doch das sei keine nationale Angelegenheit, betont der deutsche Europastaatsminister Gunther Krichbaum (CDU) in Brüssel: "Es geht hier um die Rechte der Bürger, die europäische Bürger sind." Die Rechte, die ihnen durch die Verträge gegeben würden. Und es sei Aufgabe einer Europäischen Kommission, die Rechte dieser Bürger zu schützen.

Die Geduld der Kolleginnen und Kollegen in der EU mit Ungarn schwinde von Tag zu Tag, so Krichbaum. Die ungarische Regierung stelle "absolut verbindliche Prinzipien" wie Meinungs- und Pressefreiheit infrage, die in der EU für Zusammenhalt sorgen würden.

Ungarn könnte Stimmrecht verlieren

Womöglich sei also die Zeit gekommen für das schärfste Schwert der EU: "Das ist im Rahmen von Artikel 7 ein zweistufiges Verfahren. Die erste Stufe zieht sich bereits relativ lange hin. Es kann niemand behaupten, dass wir keine Geduld gehabt hätten. Deshalb müssen wir uns nun Gedanken machen, wie wir in medias res gehen", so Krichbaum.

Das könnte am Ende des Verfahrens bedeuten, dass Ungarn kein Stimmrecht mehr bei EU-Entscheidungen hätte. Dafür müssten die übrigen 26 Mitgliedstaaten einstimmig feststellen, dass eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung der Rechtsstaatlichkeit vorliegt. Die Diskussion über das Artikel-7-Verfahren ist wieder in vollem Gange.

Unterdessen planen viele Europaabgeordnete, ihre Solidarität mit den Veranstaltern der Budapester Pride zu zeigen - und am 28. Juni in großer Zahl in Ungarns Hauptstadt zu feiern.