Parkscheinautomat an einer Straße.

Schleswig-Holstein Steigende Parkgebühren in SH sorgen für Kritik

Stand: 30.05.2025 05:00 Uhr

In Schleswig-Holstein sind Parktickets deutlich teurer geworden. Der Handelsverband Nord fürchtet deshalb, dass in Zeiten aussterbender Innenstädte noch weniger Menschen zum Einkaufen kommen.

Von Hauke von Hallern

Die Fleischhauerstraße in der Lübecker Innenstadt: Hier sollten eigentlich viele Menschen mit Einkaufstüten unterwegs sein, shoppen in den schmalen Seitengassen der Altstadtinsel. Doch an einem Montag ist kaum etwas los, wie so oft. 505 Geschäfte gibt es hier noch, doch es werden von Jahr zu Jahr weniger. Seit Jahren sterben die Innenstädte aus. In Lübeck stehen nach Angaben der Wirtschaftsförderung inzwischen 7,3 Prozent der verfügbaren Ladenflächen leer. Vier Jahre zuvor lag die Leerstandsquote noch bei 4,5 Prozent.

3,20 Euro für eine Stunde parken

Und ab Juni könnten es noch einmal mehr werden – denn die Stadt Lübeck erhöht nach eigenen Angaben die Parkgebühren: Bis zu 3,20 Euro soll die Stunde kosten, ein Aufschlag von mehr als 160 Prozent. Die Stadt will damit nach eigenen Angaben für weniger Autos in der Innenstadt sorgen. Das ärgert allerdings potentielle Kunden, die mit dem Auto anreisen.

Autofahrer in Lübeck reagieren verärgert auf teurere Parktickets

"Man merkt schon, dass die Innenstädte aussterben durch genau solche Sachen. Früher konnte man bis vor den Laden fahren, das geht ja heute nicht mehr", meint ein Autofahrer, der sich gerade ein Parkticket gezogen hat, gegenüber NDR Schleswig-Holstein. "Wenn ich mein Geld vorher schon fürs Parken ausgegeben habe, kann ich hier weniger kaufen", stellt ein anderer fest. Ein weiterer glaubt: "Um Kosten zu sparen, parkt man dann statt zwei Stunden nur eine Stunde und wer kürzer in der Innenstadt ist, kauft vielleicht auch weniger ein."

Eine Straße mit geparkten Autos

In der Lübecker Innenstadt ist oft wenig los.

Erreichbarkeit für Einzelhandel ein wichtiger Faktor

Steigende Preise bei Parktickets gibt es nicht nur in Lübeck, sondern auch in vielen anderen Städte im Land. In Kiel kostet das Ticket mit zwei Euro pro Stunde seit Januar ein Drittel mehr. In Neumünster wird seit März sogar das Doppelte fällig. Ein Euro kostet das Parkticket dort pro Stunde. In Kappeln steigt die Gebühr um die Hälfte, hier kostet eine Stunde parken jetzt 1,50 Euro.

Klamme Kassen sorgen für teure Parktickets

Viele Städte und Kommunen in Schleswig-Holstein wollen mit der Gebührenerhöhung nach eigenen Angaben ihre klammen Kassen aufbessern - günstige Parktickets rücken somit wohl in weite Ferne. Die Stadt Lübeck gibt außerdem an, mit der Erhöhung der Parkgebühren vor allem den Verkehr lenken zu wollen. Das bedeute weniger Autos in der Innenstadt. Dies würden sich auch viele Bürgerinnen und Bürger in der Stadt wünschen, heißt es.

Handelsverband Nord: Parkraum sollte bezahlbar sein

Einen anderen Ansatz verfolgt Norderstedt. Hier gibt es einen ganzen Tag Parken für zwei Euro. Dies sei eine gute Entscheidung, meint Annett Rabe vom Handelsverband Nord.

Wer den innerstädtischen Einzelhandel auch für die Zukunft als relevant erachtet, der sollte doch die Standortbedingungen eher erleichtern, anstatt sie zu erschweren."
— Annett Rabe, Handelsverband Nord

Für den stationären Einzelhandel sei die Erreichbarkeit ein wesentlicher Faktor und dazu zähle eben auch das Angebot von kostenfreiem Parkraum, mindestens von bezahlbaren Parkraum, erklärt Rabe. "Wenn das nicht gegeben ist, dann werden die Autofahrerinnen und Autofahrer natürlich an periphere Standorte ausweichen, zum Beispiel auf die Einkaufszentren auf der grünen Wiese oder eben ins Onlinegeschäft", so Rabe.

Nach einer Schätzung des Handelsverbands Deutschland werden bundesweit in diesem Jahr 4.500 Geschäfte in Innenstädten für immer dicht machen. Das liege aber nicht nur an teuren Parktickets, sondern auch an der zunehmenden Konkurrenz aus dem Onlinehandel, heißt es vom Handelsverband Nord.

Eine Frau gibt ein Interview über das Internet

Annett Rabe vom Handelsverband Nord spricht sich für günstige Parktickets in Innenstädten aus.

Leerstand in den Zentren - das tun Städte dagegen

Landesweit gibt es viele unterschiedliche Ansätze, mit den aussterbenden Innenstädten umzugehen. Zentrales Muster ist dabei der Übergang von einer konsumorientierten Fußgängerzone hin zum "Ort des Erlebens". Mit verkaufsoffenen Sonntagen, Aktivitätsangeboten und Stadtfesten versucht zum Beispiel Bad Segeberg (Kreis Segeberg) Besucher in die Innenstadt zu locken. In Bad Oldesloe sorgt dafür schon seit 2016 das Kultur- und Bildungszentrum mit Veranstaltungen. Außerdem soll ein Städtebauförderprogramm die Modernisierung der Innenstadtinsel möglich machen.

Mehr Pendler gleich weniger Parkplätze für Einkäufer?

In Norderstedt wurde nach Angaben der Stadt lange über das Für und Wider günstiger Parkgebühren diskutiert. Billige Tickets könnten demnach auch zur Folge haben, dass mehr Pendler mit ihren Autos zur Arbeit fahren und die Parkplätze vor den Läden nutzen. Potentielle Kunden hätten dann weniger Platz. Man habe sich trotzdem für eine günstige Tagesflatrate entschieden, um mehr Kunden anzulocken, heißt es von der Stadtverwaltung.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 30.05.2025 | 19:30 Uhr