
Schleswig-Holstein Inklusion in SH: Land verfehlt die Beschäftigungsquote erneut
Die Landesbehörden in Schleswig-Holstein erreichen nicht die gesetzlich vorgeschriebene Beschäftigungsquote von fünf Prozent für Menschen mit Behinderung. Das Bildungsministerium liegt deutlich darunter.
Dass inklusive Arbeit in der Landesverwaltung gut funktionieren kann, zeigt zum Beispiel Volker Behlau. Er ist Jurist und leitet seit drei Jahren ein Referat im Sozialministerium. Durch eine Krankheit verschlechtert sich sein Augenlicht seit seiner Kindheit immer weiter. Heute hat er noch zwei Prozent seiner Sehleistung - ist praktisch blind.
Seine Arbeitsumgebung wurde vollständig auf seine Bedürfnisse abgestimmt - mit Screenreader, Braillezeile und Scanner. Die Ausstattung habe das Integrationsamt finanziert, berichtet er, das Sozialministerium als Arbeitgeber setze die Rahmenbedingungen: "Ich bekomme hier eine große Unterstützung von der Dienststelle, von den Vorgesetzten aber natürlich auch Team." Das Sozialministerium liegt die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung bei rund elf Prozent. Doch insgesamt sieht es beim Land als Arbeitgeber deutlich schlechter aus.

Volker Behlau: "Es ist durchaus etwas Besonderes als erblindeter Mensch in einem Ministerium eine Arbeit mit dieser Verantwortung zu übernehmen."
Bildungsministerium drückt Gesamtschnitt
Die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung in der Landesverwaltung lag 2024 bei 4,66 Prozent - zu wenig. Das Land muss deshalb zum dritten Mal in Folge eine Ausgleichszahlung leisten, zuletzt rund 230.000 Euro. Hauptgrund: Das Bildungsministerium kommt nur auf 3,2 Prozent. Da über die Hälfte der Beschäftigten unter dem Bildungsministerium mit seinen rund 28.000 Lehrkräften arbeiten, hat die Quote hier einen großen Einfluss auf den Gesamtschnitt.
Alle anderen Ministerien liegen inklusive ihrer Behörden teils deutlich über der Fünf-Prozent-Marke. "Im Lehrerberuf sind spezifische Anforderungen zu erfüllen, die den Bewerberkreis einschränken", heißt es aus dem Ministerium.
SPD: Land wird seiner Vorbildfunktion nicht gerecht
Die SPD sieht dringenden Handlungsbedarf. Die sozialpolitische Sprecherin Birte Pauls nennt die Entwicklung der Inklusionsquote "erschreckend" und fordert mehr Einsatz: "Die Landesregierung ist in einer Vorbildfunktion. Der muss sie gerecht werden." Dass das Bildungsministerium bei der Quote besonders schlecht abschneide, sei besonders gravierend: "Inklusion fängt bei den Kleinsten an", erklärt Birte Pauls (SPD). Es brauche klare politische Führung, um auch Schule und Schuldienst inklusiv zu gestalten. Im Landtag forderte die SPD am Freitag einen Aktionsplan, der konkrete Maßnahmen hierzu entwickelt.

Die sozialpolitische Sprecherin der SPD Birte Pauls fprdert einen Aktionsplan.
Landesregierung: Auf Bewährtes setzen, statt neue Pläne machen
Das Plenum hat am Freitag den SPD-Antrag zur Inklusion abgelehnt und stattdessen dem Alternativantrag der Regierungsfraktionen zugestimmt. Dieser will statt eines neuen Plans, die bestehende Strategie weiterentwickeln. Staatskanzleichef Dirk Schrödter betont, dass in allen Geschäftsbereichen außer des Bildungsministeriums die Quote erfüllt ist. Das sei ein Erfolg. Dennoch gebe es noch Luft nach oben. "Wir wollen deutlich machen, dass die Situation auch im Lehrerberuf gut vereinbar ist. Ich glaube da ist unsere Hausaufgabe."

Chef der Staatskanzlei Dirk Schrödter betont Inklusionserfolge in anderen Ministerien.
Landesbeauftragte: "Man macht es sich zu leicht"
Auch Michaela Pries, Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, sieht beim Land deutlichen Nachholbedarf. Die Zahlung der Ausgleichsabgabe an das Inklusionsamt befreie das Land nicht von seiner Verantwortung, so Pries. Sie sei überzeugt, dass Arbeit sich immer inklusiv organisieren lasse - auch im Schuldienst. Dafür müssten Strukturen sich an die Menschen anpassen - nicht umgekehrt. "Da macht man es sich vielleicht manchmal ein bisschen einfach", so Pries. Ein abgestimmter Masterplan sei überfällig.

Auch die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen Michaela Pries sieht Nachholbedarf.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 23.05.2025 | 19:30 Uhr