
Schleswig-Holstein #Hyggepost aus Dänemark: Oldtimerparade mit Hyggefaktor
Unsere Kolumnistin Simone Mischke lebt in Dänemark und schreibt über ihren Alltag. Etwa die Sache mit den Autos, besonders mit den Oldtimer-Schätzchen, die einmal im Jahr gezeigt werden - und was das mit Hygge zu tun hat.
Man kann wirklich nicht sagen, dass nichts los ist in unserem kleinen Städtchen Gråsten. Immerhin haben wir hier regelmäßig die Königsfamilie zu Gast, die Sommerurlaub in ihrem malerischen Sommerschloss am See macht. Und vor drei Jahren flitzten sogar die Radrennfahrer der Tour de France durch unsere Stadt und weitere Teile Sønderjyllands. Mehrere Stunden warten für einen gefühlt fünf-Sekunden-Blick auf die Sportler. Beim nächsten Event Ende Mai wird das ganz anders laufen. Das Haus verlassen können wir aber auch dann nur zu Fuß: Mit dem Auto ist dann kein Durchkommen mehr.
Oldtimer tuckern durch die Stadt
Es ist schon eine Tradition, dass sie immer am letzten Sonnabend im Mai zum Spielen raus dürfen. Beziehungsweise, um alle Blicke auf sich zu ziehen. Seit 34 Jahren findet das große Oldtimertreffen, das "Oldtimerløbet", im Herzen Gråstens statt. Dann wird der Ringreiterplatz des Ortes zum Schauplatz der Eitelkeiten auf zwei und mehr Rädern. Designklassiker aus Frankreich, Italien und Deutschland - wuchtige Schlitten aus den USA. Motorräder, Roller, Autos, Traktoren und Lkw. Auch der leuchtend rote, historische Löschzug der Feuerwehr in Flensburg war schon mit dabei. Insgesamt sind mehr als 1.000 Fahrzeuge aufgereiht auf dem Ringreiterplatz - und natürlich unterwegs auf den Straßen. Highlight der Oldtimershow ist das grenzüberschreitende "Oldtimerløbet", das Oldtimerrennen von Gråsten nach Flensburg und wieder zurück.
Autos? Sollen eigentlich ihren Zweck erfüllen
Vor ein paar Jahren bin ich lediglich durch Zufall über diese Veranstaltung gestolpert: Ich kam aus Flensburg und wunderte mich über den Stau und all die Oldtimer auf der Straße. Denn eigentlich ist der Umgang der meisten Dänen mit Autos eher durch Pragmatismus geprägt. Schlicht und ergreifend, weil Dänemark keine eigene Autoindustrie hat und die fahrbaren Untersetzer sehr teuer sind. Wer Autos aus Deutschland mit nach Dänemark nimmt, zahlt eine fette Zulassungssteuer. Viele fahren daher Kleinwagen eines asiatischen Fabrikats. Oder (bislang) staatlich geförderte E-Autos. Dass die Dänen ein Faible für Oldtimer haben, überraschte mich. Meinen Nachbarn - den Mann namens Ove - kann ich dieses Mal allerdings nicht um eine Erklärung bitten. Er macht mit seiner Frau Jonna und seinem kleinen weißen Hund Urlaub in Blåvand.
Grenzüberschreitende Freude und Hygge
Vielleicht erklärt sich das Phänomen Oldtimer-Liebe aber auch ganz von selbst. Denn die Dänen zeigen nicht nur beim "Oldtimerløbet", der Ausfahrt von Gråsten nach Flensburg und wieder zurück, wobei es bei dem Event an sich geht: um Hygge. Um möglichst viel mitzubekommen, stellen sie einfach einen Klappstuhl und Tischchen an den Straßenrand und erfreuen sich an dem ungewohnten Anblick. So haben meine Familie und ich es vor zwei Jahren auch gemacht. Würstchen und selbst gemachten Kartoffelsalat mitgebracht und das Spektakel bestaunt. Viele sitzen auch einfach auf der Treppe vor ihren Häusern, in der Hand einen Kaffee und sehen zu, wie Fahrer fröhlich winkend langsam vorbeifahren.
Sicherlich kann man sich jetzt trefflich darüber streiten, ob so ein Event unter dem Aspekt des Klimaschutzes noch zeitgemäß ist. Doch es ist eine Veranstaltung, die die Menschen grenzüberschreitend verbindet. Und das ist in diesen Zeiten viel wert.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 24.05.2025 | 09:10 Uhr