Lasse Nygaard Priester im Wasser

Schleswig-Holstein Herzinfarkt beim Triathlon - Priester: "Ich hatte viel Glück"

Stand: 26.05.2025 09:42 Uhr

Ein Jahr nach seinem Herzinfarkt, der erst viel später erkannt wurde, ist Lasse Nygaard Priester aus Quickborn zurück im Triathlon - und erfolgreich. Die Ärzte geben ihm grünes Licht für den Hochleistungssport, aber ein Risiko bleibt.

Von Andreas Bellinger

Schwimmen - Radfahren - Laufen: Er war topfit, im Triathlon auf der Überholspur. Kurz davor, sich mit der Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris seinen sportlichen Lebenstraum zu erfüllen. Lasse Nygaard Priester ging es scheinbar gut.

Doch dann der Schock: Diagnose Herzinfarkt. Dem Tod ist er möglicherweise knapp entronnen, denn nichts ahnend hatte er zunächst weiter an Wettkämpfen teilgenommen. "Bei allem Pech hatte ich eine Menge Glück", sagt der 29-Jährige aus Quickborn im Sportclub des NDR. Der Gedanke, was alles hätte passieren können, lässt ihn erschaudern. Wie konnte es so weit kommen, was ist schiefgelaufen?

Triathlon in Chengdu: Plötzlich streikte der Körper

Es geschah am 29. April 2024 während des Triathlons in Chengdu, einem Weltcup-Rennen in China. Priester fühlte sich schon beim Schwimmen nicht richtig wohl, aber das ist ohnehin nicht seine bevorzugte Disziplin. Auch auf dem Rad lief es nicht rund. Schließlich sei er beim Laufen so erschöpft gewesen, dass er aufgegeben habe.

"Ich bin immer positiv geblieben und habe fest daran geglaubt, dass es eine Zukunft gibt im Sport."
— Lasse Nygaard Priester

"Ich habe an dem Tag nicht annähernd das abgerufen, was in meinem Körper steckt", sagt er. Drei Wettkämpfe in Asien folgten, Ergebnisse und Form blieben jedoch weit hinter seinem Anspruch zurück. Was ist los mit mir, fragte er sich.

Schock-Diagnose Herzinfarkt

Das wurde nach seiner Rückkehr nach Deutschland klar. "Lasse Priester hatte einen Leistungsabfall, der dazu führte, ihn eingehender medizinisch untersuchen zu lassen. Dabei wurde der Herzinfarkt - vereinfacht ausgedrückt eine Durchblutungsstörung des Herzens - festgestellt", beschreibt Martin Engelhardt die Schock-Diagnose im NDR. Der Präsident der Deutschen Triathlon-Union (DTU) ist selbst Mediziner, Chefarzt Orthopädie und Unfallchirurgie am Klinikum Osnabrück.

Obwohl die Athleten "engmaschig betreut werden", sei bei den kardiologischen Untersuchungen "nie aufgefallen, dass er in irgendeiner Weise ein verändertes EKG hatte", so Engelhardt. "Oder es gar einen Hinweis auf einen Herzinfarkt gab."

Kardiologe Fritsch: Beschwerden ernst nehmen

Im Jahr 2021 feierte Priester seinen ersten Weltcupsieg in Karlsbad, 2023 wurde er deutscher Meister über die Sprintdistanz und holte Silber bei der Europameisterschaft. "Bei einem Athleten in dem Alter denkt man auch nicht an einen Herzinfarkt, wenn mal im Rahmen eines Wettkampfs eine Schwächeperiode auftritt", sagt Jürgen Fritsch.

Der Kölner Kardiologe ist weit davon entfernt, den involvierten Ärzten Versäumnisse vorzuwerfen. In der Retrospektive könne man aber sagen, so der erfahrene Sportkardiologe, "dass man den Sportler noch mal genauer hätte untersuchen und seine Beschwerden vielleicht ernster hätte nehmen sollen". So habe Priester bei den Wettkämpfen nach dem Infarkt wohl großes Glück gehabt.

DTU-Präsident Engelhardt: Triathlon-Verband sieht Verantwortung

In Erinnerung sind die schlimmen Bilder von Sportlern, die nach einem Herzstillstand zusammengebrochen sind und nur durch das schnelle Eingreifen von Ärzten überlebten. Doch auch Engelhardt unterstreicht, dass ein Leistungsabfall andere Gründe als einen Herzinfarkt haben könne, zumal wenn der Athlet gut trainiert ist und keine großen Beschwerden hatte. Psychologische Ursachen beispielsweise oder keine optimale Vorbereitung.

Der Verband sei sensibilisiert und sehe seine Verantwortung, den Athleten einerseits zu begleiten und Schutzmaßnahmen auch als Auflagen mit auf den Weg zu geben. "Damit das Risiko gemindert wird", so der DTU-Chef. Manche Betroffene beenden auf Anraten der Ärzte auch ihre Karriere. Wie Athletensprecher Simon Henseleit. Der U23-Weltmeister hat wegen eines Herzleidens aufgehört, will nun Trainer werden.

Nach Sportpause: Werte entwickeln sich positiv

Priester machte mehrere Monate eine komplette Sportpause. Von hundert auf null, was ihm nicht immer leichtfiel. Aber: "Mir war wichtig, auf meinen Körper zu hören und keine überstürzten Entscheidungen zu treffen", erklärte er im "Triathlon-Magazin".

Im Herbst des vergangenen Jahres konnte er schließlich zufrieden verkünden: "Die Entwicklung war erstaunlich positiv, und es gibt keine Hinweise darauf, dass ich ein erhöhtes Risiko für einen erneuten Vorfall habe. Alle Werte haben sich positiv entwickelt. Das ist das große Glück!" Alles wie vorher also?

"Ich hätte mir gewünscht, dass der ganze Fall stärker aufgearbeitet worden wäre."
— Kardiologe Jürgen Fritsch

"Es gibt keine Einschränkungen mehr; sonst würde ich hier nicht mitmachen", so Priester, kurz bevor er am Sonntag beim Halb-Ironman im Kraichgau an den Start ging - zum zweiten Mal, nachdem seine Geschichte "reißerisch und populistisch" (Fritsch) als "Drama" und dann "Comeback nach Herzinfarkt" vermarktet wurde.

"Ich hätte mir gewünscht, dass der ganze Fall stärker aufgearbeitet worden wäre, sodass man Konsequenzen hätte ableiten können, um das Risiko insgesamt für Athleten zu reduzieren", kritisiert der Kardiologe. Auch der Verband habe die Causa Priester intern aufgearbeitet, so Engelhardt.

Priester nach Sieg im Kraichgau: "Stolz auf den Weg"

Nach 1,9 Kilometern Schwimmen, 90 Kilometern Radfahren und 21,1 Kilometern auf der Laufstrecke konnte Priester unweit seines neuen Lebensmittelpunktes Freiburg seinen ersten Sieg auf der Mittelstrecke feiern und triumphierend das Zielband in die Höhe halten. In 3:45:19 Stunden war er um 21 Sekunden schneller als sein Verfolger.

Die beste Nachricht aber war: Er ist gesund! "Es war ein toller Tag, ein prima Comeback - mehr aber auch nicht", so der Sohn eines Deutschen und einer Dänin. "Ich bin stolz auf den Weg und freue mich, dass mir so viele Leute geholfen haben. Ohne sie hätte ich es nicht geschafft."

Ärzte geben Priester grünes Licht

Eine Blaupause dafür, dass man nach einem großen gesundheitlichen Rückschlag einfach weitermacht, will er aber nicht sein. Dafür war der Weg wohl auch zu steinig. "Ich bin immer positiv geblieben und habe fest daran geglaubt, dass es eine Zukunft gibt im Sport." Was andere davon lernen können? "Vielleicht, dass man immer an das Gute glauben und seine Chance sehen sollte. Aber letztlich hatte ich einfach viel Glück."

Priester hat von der Expertenkommission der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie grünes Licht für seinen Sport bekommen. Und lässt sich regelmäßig untersuchen. "Das ist eine ausreichende Betreuung", meint Fritsch. Inzwischen hätten alle Sportverbände gelernt, dass eine internistische, kardiologische Untersuchung bei Athleten dazugehört, denn: "Nur weil einer eine Trainingshose trägt, ist er noch lange nicht gesund."

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 25.05.2025 | 22:45 Uhr