Flensburgs Jim Gottfridsson klatscht mit Fans der SG ab.

Schleswig-Holstein European League: Flensburg feiert die Titelverteidigung und "Zehn-Bier"-Möller

Stand: 26.05.2025 12:19 Uhr

Handball-Bundesligist SG Flensburg-Handewitt hat seinen Titel in der European League verteidigt. Die Schleswig-Holsteiner haben ihrer durchwachsenen Saison so doch noch eine positive Wendung gegeben. Das wurde ordentlich gefeiert.

Von Jan Kirschner

Als der Flensburger Bus um kurz vor Mitternacht vorfuhr, brannten vor der "Hölle Nord" die bengalischen Feuer. Hunderte Fans der SG warteten auf ihre Helden - auf den Titelverteidiger in der European League.

Die Innentüren der Campus-Halle hatten zu diesem Zeitpunkt bereits eine neue Inschrift: "Back 2 Back - EHF European League Champions 2025", war dort zu lesen. Frei übersetzt: Flensburgs Handballer haben es wieder getan - und sich nach dem Triumph 2024 zum zweiten Mal in Folge zu den Königen in Europas zweithöchstem Club-Wettbewerb gekrönt!

Gottfridsson außer Rand und Band

Euphorisiert stürmten die Spieler die Empore im Hallenfoyer. "Ich habe dieses Gefühl, das wird hier heute ein Riesending", dröhnte es aus den Boxen. Jim Gottfridsson, der nach zwölf Jahren den Verein verlassen und sich dem ungarischen Club Pick Szeged anschließen wird, war außer Rand und Band. Immer wieder verspritzte der schwedische Spielmacher Sekt. "Ich werde mich mit einem Titel verabschieden", jubelte er. "Die letzten zwei Wochen werde ich genießen."

Seine Augen versteckte er hinter einer schwarzen Sonnenbrille. Ein paar Meter weiter stand der Pokal. Und direkt daneben diskutierten zwei Teamkollegen - gleichermaßen öffentlich wie angeheitert -, wer denn nun der beste Spieler beim Final Four in Hamburg gewesen wäre.

"Mit so einem Keeper wie Kevin kann man gar nicht verlieren."
— Emil Jakobsen

"Diese Auszeichnung hätte Emil Jakobsen verdient", meinte Kevin Möller. "Er hat 18 oder sogar 20 Tore geworfen." Der so gelobte Linksaußen aber widersprach seinem Torwart: "Mit so einem Keeper wie Kevin kann man gar nicht verlieren. Außerdem habe ich schon vor Hamburg gewusst, dass er der MVP werden wird." Die Jury des europäischen Handballverbandes EHF war Jakobsens Meinung und hatte Möller gekürt.

Möller heimst gleich zwei Trophäen ein

Und so durfte der der 35-Jährige auf dem Spielfeld in Hamburg nicht nur den European-League-Pokal gen Hallendach recken, sondern auch eine kleine MVP-Trophäe. 18 Paraden im Halbfinale gegen Melsungen, sogar 21 im Finale gegen Montpellier – Spitzenwerte, auch im Spitzenhandball. "An zwei solche Spiele so kurz hintereinander kann ich mich auch nicht erinnern", sagte der dänische Torhüter. "Jetzt gönne ich mir erst einmal zehn Bier."

Eine sympathische Form der spontanen Selbstüberschätzung, der zugleich eine "Riesenerleichterung" beigemischt war. "Mit der Bundesliga und dem Pokal waren wir in dieser Saison nicht zufrieden", erklärte Möller. "Es war wichtig, es uns selbst zu beweisen."

Bundesliga-Pleite als Warnschuss zur rechten Zeit

Ähnlich formulierte es Kapitän Johannes Golla: "Man hat an diesem Wochenende gesehen, was wir können." Allzu oft in dieser Spielzeit aber hatte man das nicht. Die Schwankungen der Saison waren sechs Tage vor dem Final Four in der Heimpleite gegen die Rhein-Neckar Löwen gegipfelt. "Das war noch einmal ein Warnschuss", meinte Golla. Offenbar zur rechten Zeit. "In der letzten Woche haben wir das Ganze selbstkritisch aufgearbeitet."

"Da ist mehr drin, in der nächsten Saison will ich die verdammte Meisterschaft sehen."
— Mads Mensah Larsen

Reichlich Rückendeckung gab es am Wochenende von rund 2.200 Fans, die bereits vor dem Halbfinale durch den Hamburger Volkspark zur Arena marschiert waren. "Wir holen den Europapokal", hatten sie da gesungen - obwohl sich in das öffentlich vorgetragene Selbstbewusstsein in den Zwischentönen durchaus Zweifel gemischt hatten. Die Euphorie aber stieg mit dem Sieg im Halbfinal-Krimi über Liga-Konkurrent Melsungen (35:34). Der Erfolg im Endspiel über Montpellier war dann das vielleicht beste Saisonspiel der SG (32:25).

Erster Titel für Pajovic als SG-Trainer

Für Trainer Ales Pajovic, erst vor dreieinhalb Monaten für den geschassten Nicolej Krickau gekommen, war es der erste Triumph mit der SG. Für Flensburg der insgesamt 17. Titel. "Dieser Erfolg bedeutet mir viel. Die Saison war nicht optimal, aber ich freue mich auf die Zukunft", sagte der Coach.

Und mit Blick auf den Triumph von Hamburg: "Es war ein verdammt gutes Wochenende meiner Jungs - das Endspiel noch mehr als das Halbfinale. Die Abwehr war gut, die Offensive war es auch, und Kevin Möller war unglaublich."

Mensah Larsen will die Meisterschaft

Rückraumspieler Lasse Möller, der im Finale trotz einer Knöchel-Blessur aufgelaufen war, jubelte: "Etwas Größeres als ein europäisches Finale gibt es nicht." Selbst wenn es "nur" der zweithöchste Wettbewerb ist. So sangen der Däne, seine Teamkollegen und die Fans lauthals: "Oh, oh, wir sind schon wieder Europapokalsieger!"

Und kurz bevor sich die feucht-fröhliche Feiertraube auflöste, ergriff Mads Mensah Larsen noch das Wort und sprach aus, wonach viele in Flensburg lechzen: "Da ist mehr drin, in der nächsten Saison will ich die verdammte Meisterschaft sehen."

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 25.05.2025 | 22:45 Uhr