
Sachsen-Anhalt Kommunen fordern neue Berechnungsgrundlage für Finanzausgleich
Mehrere Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt kritisieren die Berechnungsgrundlage für den kommunalen Finanzausgleich. Sie fordern, statt der Daten aus dem Zensus 2022 die aktuellen Zahlen aus den Einwohnermeldeämtern heranzuziehen – andernfalls drohten erhebliche Einnahmeverluste. Das Land lehnt eine kurzfristige Umstellung ab.
Sachsen-Anhalts Landesregierung will den kommunalen Finanzausgleich weiterhin auf Basis der Zahlen des Zensus 2022 berechnen. Das teilte das Finanzministerium MDR SACHSEN-ANHALT mit. "Aus Sicht des Ministeriums der Finanzen gibt es keinen Grund, andere Zahlen als die der aktuellsten Bevölkerungsstatistik des Statistischen Landesamtes zu verwenden", teilte das Ministerium mit. Die Zahlen unterlägen einer umfassenden Prüfung und böten die höchste Gewähr für ihre Genauigkeit.
Zuvor hatten mehrere Kommunen in Sachsen-Anhalt vom Land eine neue Berechnung für den Finanzausgleich gefordert. In Halberstadt (Landkreis Harz) hatten sich vergangene Woche unter anderem Oberbürgermeister sowie Vertreter von kreisfreien Städten und Einheitsgemeinden getroffen. Wie die Stadt mitteilte, haben die mehr als 40 Teilnehmer die sogenannte "Halberstädter Erklärung zur Zukunft der kommunalen Finanzausstattung verabschiedet".
1,5 Millionen Menschen weniger: Berechnungsgrundlage ist Zensus 2022
Darin fordern sie, künftig auf die aktuellen Einwohnerzahlen aus den Melderegistern zu setzen – also auf jene Daten, die in den Meldeämtern geführt werden. Nach Angaben der Stadt Halberstadt liegen die Zensus-Zahlen teilweise deutlich unter den tatsächlichen Einwohnerzahlen. Dadurch würden allein der Stadt Halberstadt Millionenbeträge an Landesmitteln entgehen. "Diese Verluste sind zu hoch, um einfach darüber hinwegzusehen", sagte Halberstadts Oberbürgermeister Daniel Szarata (CDU). "Insbesondere wenn unsere Einwohnermeldezahlen offensichtlich genauer sind als die Zensusschätzung und ein ganz anderes Bild vermitteln."
Das Finanzministerium weist die Kritik zurück. Ein finanzieller Ausgleich sei nicht vorgesehen. Der Rückgang der Einwohnerzahlen verteile sich auf viele Kommunen und die Gesamtsumme der Landesmittel bleibe unverändert. Eine Umstellung auf die Melderegisterdaten wäre frühestens ab 2026 denkbar – und laut Ministerium mit erheblichem organisatorischen Aufwand verbunden. Die betroffenen Städte wollen das Thema nun im Landtag auf die politische Agenda setzen.
Die bisherige Berechnungsgrundlage ist der Zensus aus dem Jahr 2022, der im vergangenen Sommer veröffentlicht wurde. Demnach leben in Deutschland 1,5 Millionen Menschen weniger als gedacht. Die Überweisungen vom Land sind abhängig von der Einwohnerzahl. Für mehrere Kommunen in Sachsen-Anhalt, wie zum Beispiel Halle, Weißenfels und Burg bedeuteten die Zahlen Einnahmeverluste.
Kritik: Zahlen im Zensus weichen von denen im Einwohnermeldeamt ab
In der Erklärung kritisieren die Gemeindechefs, dass die vom Zensus ermittelten Zahlen um teilweise tausende Einwohner von den Zahlen der Einwohnermeldeämter abweichen.
In der Erklärung heißt es außerdem, dass pro fehlendem Einwohner die Zuweisungen vom Land um bis zu 1.200 Euro sinken. Beispielsweise führe das bei einer Gemeinde mit 13.000 Einwohnern zu über 300.000 Euro und bei einer 36.000 Einwohnergemeinde zu knapp 1,3 Millionen Euro weniger Einnahmen, heißt es.
Wegen der abweichenden Einwohnerzahl hatte zuletzt die Stadt Halle ihre Einwohner noch einmal selber zählen lassen. Zuletzt lief noch die Nachzählung.
In einer früheren Version des Artikels haben wir geschrieben, Vertreter sämtlicher Kommunen im Land hätten an dem Treffen teilgenommen. Es waren jedoch nicht alle vertreten. Aktuell (Stand 22. Mai 2025) haben 28 Kommunen die Erklärung unterzeichnet.
MDR (Tatiana Gropius, Maximilian Fürstenberg, Stefan Schulz, Hannes Leonard) | Erstmals veröffentlicht am 22. Mai 2025