
Sachsen Zwickau: Jörn Kaiser und Udo Friedrich haben den ersten sächsischen VW Polo gebaut
Der erste sächsische VW Polo war beinahe noch ein sozialistisches Auto. Er lief am 21. Mai 1990 noch als Joint Venture zwischen VW und dem Industrieverband Fahrzeugbau (IFA) im neuen Werk Mosel bei Zwickau vom Band. Daneben wurden noch die letzten Trabis montiert. Jörn Kaiser und Udo Friedrich erinnern sich an "ihre" Wende vom Plastikbomber zum Westauto, denn sie haben beide montiert.
Jörn Kaiser und Udo Friedrich kommen ins Schwärmen, wenn sie im riesigen VW-Werk vor "ihrer" alten Halle stehen. Denn beide, der heute 56 Jahre alte Jörn und der 55 alte Udo, haben kurz vor der Wende beim VEB Sachsenring als Maschinenbauer und Karosseriebauer begonnen zu arbeiten. Sie montierten damals Trabis in Zwickau und Meerane.
Beide waren jung, autobegeistert und wollten beim Neuanfang in Zwickau dabei sein. Denn in Mosel, wo in neuen Werkhallen der Trabant 1.1 mit VW-Motor gebaut wurde, sollte auch der VW Polo vom Band rollen.

Der erste Polo, der in Mosel gebaut wurde, rollte gleich ins Museum. Er ist heute im August Horch Museum in Zwickau zu sehen, mit 69 Kilometern auf dem Tacho.
"Das war ein Neuanfang", sagt Jörn. "Hier kamen riesige Kisten mit Polo-Karosserien aus Wolfsburg an, die wir hier fertig montiert haben." Er habe vorher in Zwickau bei Sachsenring gearbeitet und wollte dringend nach Mosel. "Es war neu und ich wollte dabei sein."
Udo ergänzt: "Ich wollte endlich die Westautos, von denen wir geträumt haben, selbst bauen." Das sei ein Schritt in die Zukunft gewesen, voller Euphorie.

Auch nach 30 Jahren erinnert sich Udo gut an die Zeit des Aufbruchs 1990.
Ich wollte endlich die Westautos, von denen wir geträumt haben, selbst bauen. Udo Friedrich | zum Produktionsstart des VW Polo in Sachsen 1990
Udo: Jeder wusste, dass es mit dem Trabant zu Ende geht
Wehmütig sei die Zeit nicht gewesen, denn jeder habe gewusst, dass es mit dem Trabant zu Ende geht, sagt Udo. "Aber wenn man am Horizont VW gesehen hat, dann war für mich Optimismus angesagt". Den Trabant 1.1 mit VW-Motor habe man im Volksmund "Mumie mit Herzschrittmacher" genannt. "Als wir dann den ersten echten VW Polo auf dem Band hatten, wussten wir, VW macht ernst, die gehen hier nicht mehr weg."

Alte Bilder erinnern Udo Friedrich noch an die Zeit, als er den volkseigenen Trabant montiert hat.
Seitdem haben Jörn und Udo alle Modelle bei VW Sachsen montiert und auch den Wechsel zur Produktion vollelektrischer Modelle. Dabei habe es immer Höhen und Tiefen gegeben, sagen beide, während hinter ihnen unablässig auf den Bändern verschiedene Fahrzeuge montiert werden.

Heute werden in dem Werk in Mosel unter modernsten Bedingungen Elektrofahrzeuge montiert.
Jörn: Was bringt die Zukunft?
Die Stimmung sei bei manchen Kollegen nicht so gut im Hinblick auf die Zukunft, sagt Jörn. "Aber", fügt er hinzu, "Bestellungen sind da, wir bauen die verschiedenen VW-Modelle und Audi kommt dazu." Für Udo ist es eine Frage der Generationen. "Wir sind mit den Verbrennerfahrzeugen groß geworden und finden die alten Modelle gut wie den Corado, oder den Golf GTI."

Ihr ganzes Berufsleben haben Jörn und Udo bei VW Sachsen verbracht. Sie blicken trotzig optimistisch in die Zukunft.
Wir sind mit den Verbrennerfahrzeugen groß geworden und finden die alten Modelle gut wie den Corado, oder den Golf GTI. Udo Friedrich | zum Generationswechsel bei den Fahrzeugen
Ein junger Mensch der heute 20 Jahre alt sei, könne damit nichts anfangen, er kenne diese Autos nicht. "Er sieht die Autos, die wir jetzt bauen, und findet diese Autos gut." Für die Älteren sei das schon eine Umstellung, sich mit E-Mobilität zu befassen. "Wenn man mit wachem Auge in die Welt schaut, dann sieht man, dass diese Entwicklung notwendig ist. Das E-Auto hat Zukunft und ich finde, dass das eine gute Entwicklung ist."
Es habe immer Höhen und Tiefen bei VW gegeben, sagt Jörn. "Das haben wir alles überstanden und daher bin ich auch jetzt optimistisch." Udo ergänzt: "Schließlich war VW schon vor 30 Jahren ein Segen. Nicht nur für Zwickau, sondern für die gesamte Region."
MDR (tfr)