Eine Gruppe Wanderer unterwegs über einen Feldweg nach Rosenthal, im Hintergrund die Wallfahrtskirche des Ortes

Sachsen Neuer Wanderweg zwischen Wallfahrtsort, Dorfidyll und Teichlandschaft

Stand: 17.05.2025 10:00 Uhr

Die Gemeinde Ralbitz-Rosenthal hat sich vorgenommen, ihre schönsten Sehenswürdigkeiten über mehrere Wanderwege zu verbinden. Jetzt ist der erste Rundweg eröffnet worden. Und ein erster Test offenbart eine abwechslungsreiche Tour.

Von Martin Kliemank, MDR Sachsen

An der Wallfahrtskirche in Rosenthal bei Kamenz haben sich knapp 20 Leute in Wanderschuhen versammelt. Die Tour soll sie auf einen neu markierten Wanderweg führen. Christian Müller hat von der geführten Tour in der Zeitung gelesen. Der 89-Jährige ist extra aus Bischofswerda gekommen und sagt: "Große Strecken kann ich nicht mehr laufen. Hier sind es acht Kilometer, da dachte ich mir: Da mach ich mal mit." Denn nach Rosenthal komme er selten.

Der passionierte Wanderer ist sonst meist im Lausitzer Bergland oder der Sächsischen Schweiz unterwegs. Dort gebe es mehr Berge und mehr Attraktionen, ist der Senior überzeugt. Aber auch die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sei es wert, erwandert zu werden. Das hat er auf Touren in der Region schon festgestellt. Er ist gespannt, was es auf dem neuen Rundweg um Rosenthal zu entdecken gibt.

Erster von fünf neuen Ortswanderwegen

Der Gedanke Wanderwege anzulegen, ist dem Bürgermeister von Ralbitz-Rosenthal vor zehn, zwölf Jahren auf dem Kreiswandertag in den Sinn gekommen. "Sowas könnte man auch bei uns in der Gemeinde machen", dachte sich Hubertus Rietscher, selbst gern in Wanderschuhen unterwegs. Seit drei Jahren arbeitet nun ein Gremium aus Wanderfreunden aus der Gemeinde daran, die Idee zu verwirklichen. "Da wir in verschiedenen Ortsteilen Sehenswürdigkeiten haben, haben wir uns entschieden mehrere Wanderwege anzulegen", berichtet er. Fünf Rundwege mit Streckenlängen von vier bis 17 Kilometern Länge seien geplant. Zwei davon seien fertig markiert.

Joachim Mirtschink hat sich für diese Aufgabe zum Wegewart ausbilden lassen. In den vergangenen Wochen war er ehrenamtlich mit Farbe und Markierschablone im Gemeindegebiet unterwegs. Er hofft mit den neu markierten Wegen die Besucher lenken zu können, nicht nur zu Sehenswürdigkeiten und interessanten Ecken. Sein Wunsch: "Dass die Besucher die Wege benutzen und nicht kreuz und quer rumlaufen." Speziell im Lasker Auenwald ist ihm das wichtig. Das ist ein Naturschutzgebiet.

Ein Mann zeigt einer Gruppe Wanderer eine Wanderwegmarkierung.

Kreiswegewart Jens Fanselow zeigt auf die rote Markierung des Oberlausitzer Ringwegs - einem Fernwanderweg durch die gesamte Oberlausitz.

Von der Wallfahrtskirche läuft die Wandergruppe eine Lindenallee hinauf. Linker Hand liegt eine große Pilgerwiese mit überdachtem Altar. Hier kommen die Katholiken der sorbischen Kirchgemeinden jedes Jahr am Pfingstmontag zu einem großen Freiluftgottesdienst zusammen. Dann steht die Wandergruppe am Waldrand vor einer Weggabelung – am Baum eine Markierung: Ein roter Punkt auf weißem Grund. Der stehe für den Oberlausitzer Ringweg. Der führe auf 275 Kilometern durch die gesamte Oberlausitz, erklärt Kreiswegewart Jens Fanselow.

"Serbski Stonehenge" – ein uralter Steinkreis mitten im Wald

Fanselow schaut sich nach einer anderen Markierung um: Grüner Punkt auf weißem Grund – das Zeichen der Rundwanderung, auf der die Gruppe unterwegs ist. Sie fehlt an dieser Stelle, findet der Fachmann. Das sogenannte "Eintrittszeichen" soll Wanderern am Übergang von Feld zu Wald die Orientierung erleichtern und zeigen, wo der Weg weitergeht.

Der führt geradeaus in den Kiefernwald hinein. Vogelgezwitscher umgibt die angeregt plaudernde Wandergruppe. Viele Teilnehmende sind betagteren Alters. Einige haben Wanderstöcke dabei. Der breite Waldweg aber läuft sich gut. Anstiege gibt es nicht – Flachland eben. Dann biegt die Gruppe auf einen Weg nach Süden ab. Mitten im Wald soll ein Relikt aus der Bronzezeit liegen, hat Bürgermeister Rietscher angekündigt. Ein Teil der Gruppe läuft erst vorbei. Ein kleines Holzschild am Wegesrand haben sie übersehen.

Wanderer auf dem Weg durch einen Kiefernwald

Der Weg ist flach und ohne Anstiege, an wenigen Stellen leicht abschüssig.

Nach Steinkreis – idyllischer Steinteich

Nur 20 Meter neben dem Waldweg liegen mehrere Steine zu einem Kreis angeordnet. "Das sorbische Stonehenge", sagt jemand aus der Gruppe scherzhaft, als die Wanderer sich die unscheinbaren Steine genauer ansehen. Den Piskowitzer Steinkreis habe einst ein zweiter, noch größerer Kreis umgeben, erklärt ein älterer Herr. Doch davon sind kaum noch Steine erhalten. Der große Stein in der Mitte könnte eine Art Opferstein gewesen sein, mutmaßt er. Die Dame, die sich zur Rast darauf gesetzt hat, springt erschreckt auf. Gelächter ringsum.

Statt über festgefahrenen Schotter führt der Weg jetzt über federnden Nadelwaldboden. Dann lösen mächtige Eichen den Kiefernwald ab. Die Gruppe steht am Ufer des Steinteichs. Der heiße so, weil große Findlinge aus der Eiszeit an seinem Rand liegen, erklärt Hubertus Rietscher. An einer Sitzgruppe werden Wurst, Käse und frisches Brot ausgepackt. Der Ausblick auf den Teich bietet sich für eine Rast an. Draußen schwimmen Enten und Schwäne übers Wasser. Aus dem Schilf geben Frösche ein Quak-Konzert.

Eine Gruppe Menschen steht mitten im Wald an einem Steinkreis

Unscheinbar, doch Jahrhunderte alt: Station am Piskowitzer Steinkreis

Frühere Badestelle ist jetzt beliebter Ort für eine Rast

Während auf den Bänken Kaffee ausgeschenkt wird, ist Lena Scholze auf den flachen Findling am Ufer getreten und schaut gedankenversunken übers Wasser. "Das sind die Wälder, wo ich zu Hause bin", sagt die Ralbitzerin. Hier ist sie oft zum Blaubeeren und Pilze sammeln unterwegs. Auf dem Heimweg von der Schule seien sie im Steinteich früher baden gegangen. Es gab Cross- und Orientierungsläufe durch die Wälder.

"Ich bin stolz auf mein Zuhause, dass sich das jetzt öffnet für den Tourismus." Sie habe das lange vermisst, sagt Scholze. Für etwas Erholung muss sie nicht weit weg. "Wir wohnen ja wie im Urlaub." Dass die Einwohner, das mehr zu schätzen lernen, das wünscht sie sich. Sie ist der Ansicht, dass der neue Wanderweg dazu beitragen kann.

Ein Teichfrosch auf einem Schotterweg

Keine Scheu: Ein Teichfrosch verharrt regungslos am Wanderweg als die Gruppe sich nähert.

Nach ausgedehnten Kiefernwäldern weitläufige Felder und Wiesen

An einem weiteren Teich vorbei führt der Wanderweg aus dem Wald hinaus – auf eine Anhöhe. Am Horizont sind die Ausläufer des Bautzener Hügellands zu sehen. Hier liegt die kleine Siedlung Dreihäuser. Der Schriftsteller Jurij Brězan hat hier lange gelebt. Er gilt als einer der bedeutendsten sorbischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Rings um die wenigen Häuser liegen Wiesen, auf denen Pferde weiden. Weil dort hundertfach Margeriten blühen, zückt eine der Mitwandernden ihr Handy für ein Foto.

Auch die Kastanien an der Ortsverbindungsstraße stehen in voller Blüte. Rund 300 Meter muss die Gruppe über Asphalt ehe der Wanderweg an einem prägnanten Wegkreuz auf einen Feldweg abzweigt und zwischen saftig grünen Wiesen und einem Getreidefeld nach Zerna führt. Dort fällt das imposante Fachwerk der alten Schmiede auf. Gegenüber hat ein Reliquiensammler ein kleines Privatmuseum eingerichtet.

Highlight am Ziel: Die Quelle an der Marienkirche

Der Weg quert die Dorfstraße und führt zwischen weitläufigen Wiesen zurück nach Rosenthal. Zur Erfrischung wartet zum Abschluss die Marienquelle an der Wallfahrtskirche. Dem aus einer kleinen Kapelle sprudelnden Wasser wird heilende Wirkung nachgesagt. Der 89-jährige Christian Müller ist von der Runde begeistert. Sein Fazit: „Ausgezeichnet!“ Die Runde habe ihn über Wege geführt, die er noch nie gegangen sei. "Es gab viele Stationen, die mir was gegeben haben – Sachen, die ich vorher noch nicht gewusst habe."

Auch Kreiswegewart Jens Fanselow ist zufrieden mit dem Erstlingswerk des frisch angelernten Ortswegewarts. Fanselow klopft Joachim Mirtschink auf die Schulter und scherzt: Für die Markierung dieses Weges habe der sich ein "Ehrendiplom" verdient.

MDR (mak)