Barbara Grech

Saarland Kommentar: "Beim Ausflug ins Großkapital mal gründlich verzockt"

Stand: 28.05.2025 12:00 Uhr

Der Verkauf des alten Finanzamts in Saarbrücken ist geplatzt. Der einzige Interessent nannte wirtschaftliche Gründe für den Rückzug. "Da bleibt nur Häme und Spott", kommentiert SR- Reporterin Barbara Grech.

Ein Kommentar von Barbara Grech

Abreißen, neu bauen, und Geld einsacken - das war die Idee des saarländischen Finanzministers Jakob von Weizäcker (SPD) in Sachen altes Finanzamt. Das heruntergekommene Gebäude am Saarbrücker Stadtgraben, das immerhin ein wichtiges Zeugnis saarländischer Geschichte ist, sollte weg und einem schnieken Bürogebäude weichen.

Der Plan: Einer aufwändigen Sanierung entkommen und mit dem Verkauf des Filetgrundstücks halt auch ordentlich Geld verdienen. Dieses Projekt ist nun gescheitert: der einzige Investor hat sein Gebot zurück gezogen.

Da bleibt nur Häme und Spott

Ich weiß, das gehört sich eigentlich nicht - aber wissen Sie, was in mir hochkam, als ich die Pressemitteilung des Finanzministeriums gelesen habe, die in blumigen Worten zu erklären versuchte, dass der einzige Bieter für den Neubau auf dem Gelände des alten Finanzamtes zurückgezogen hat? Häme und Spott!

Dafür, dass diese nach Gutsherrenart getroffene Entscheidung, dieses Gebäude einfach abzureißen, mal schnell an der Denkmalbehörde vorbei und trotz allen durchaus engagierten Vorschlägen von Architekten und Denkmalpflegern, mal so richtig krachend gescheitert ist. Was gute Argumente nicht geschafft haben - der freie Markt richtet es.

Man kann sich ja schon mal fragen, welchen Größenwahn die Verantwortlichen im Finanzministerium und im Saarbrücker Rathaus geritten hat, zu denken, man würde sich um dieses Grundstück in der Landeshauptstadt reißen und jede noch so erdachte Vorgabe in der Ausschreibung der Konzeptvergabe an den Investor bringen.

Wie zum Beispiel die Vorgabe, man müsse auf jeden Fall 250 Arbeitsplätze schaffen, die in diesem Bürogebäude, das hier bei den Leerständen bei Bürogebäuden sowieso überflüssig ist wie ein Kropf, hätten entstehen sollen.

Historische Verantwortung übernehmen

Hallo! Gehts noch? Wir sind hier in einer darbenden Wirtschaftsregion und nicht in München oder Stuttgart! Häme und Spott, weil man vor lauter Gier nach dem schnöden Mammon, geschichtsvergessen und tumb einfach mal ein Gebäude abreißen wollte, anstatt sich dieser historischen Verantwortung zu stellen und ein Konzept zu entwickeln, das diesem Gebäude gerecht wird.

Das vor sich hin darbende Finanzamt steht für das französische Bauhaus, das, wenn man es denn entsprechend verantwortungsvoll gepflegt hätte, durchaus in einer Reihe mit dem Pingusson-Bau zu sehen ist, der ja auch seit Jahrzehnten vor sich hin bröckelt - und bei dem nicht wirklich was vorangeht.

Es gab alternative Ideen

Es gab Ideen für eine Restaurierung oder zumindest Teilrestaurierung, in der Wohnraum, Belebung der Stadtmitte oder Grünfläche eine Rolle gespielt hätten. All das, wofür Städteplaner landauf, landab, plädieren. Stattdessen wollte man das Grundstück erst an einen hyperreichen, französischen Privatbankier verhökern, der, angesichts der ganzen Auflagen, dann doch keine Lust mehr hatte, und danach an einen saarländischen Bauunternehmer, der jetzt auch zurückgezogen hat.

"Gründlich verzockt"

Liebe SPD-Landesregierung, da habt ihr euch beim Ausflug ins Großkapital mal gründlich verzockt. Häme und Spott: weil dann doch tatsächlich noch in der Pressemitteilung gepriesen wurde, dass durch diesen ganzen Fehlschlag wenigstens dann beim großen Fest der Deutschen Einheit am 3. Oktober nicht noch eine Großbaustelle vor Ort wäre. Als hätten wir nicht schon genug davon, die nicht fertig werden und stattdessen eine verhängte Bruchbude da rum steht.

Bürger- und Expertenbeteiligung?

Nun wäre ja die Chance für einen Neuanfang gegeben! Wie wäre es damit: mal Bürger und Experten an der Neuentwicklung des Filetstücks samt denkmalgeschützen Gebäude zu arbeiten? Was wirklich Innovatives auf die Beine zu stellen und aus dieser Bruchbude ein Glanzstück zu machen? Gut: kostet Geld, ist dann aber vielleicht auch ein Schmuckstück, das nachhaltig das Stadtbild verändert.

Das wäre doch mal eine Erfolgsmeldung - und mir würden Häme und Spott erspart bleiben.


Ein Kommentar von Barbara Grech

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Ein Thema in der "Region am Mittag" am 28.05.2025 auf SR 3 Saarlandwelle.