Unmittelbar neben der VG-Verwaltung befindet sich das SmartQuart-Areal in Kaisersesch

Rheinland-Pfalz Wasserstoff-Projekt in Kaisersesch gescheitert

Stand: 20.05.2025 20:35 Uhr

Das Wasserstoff-Projekt "SmartQuart" ging 2020 als erstes Reallabor der Energiewende in Deutschland mit großen Erwartungen an den Start. Fünf Jahre später wird das Projekt in Kaisersesch eingestellt.

Von Michael Heußler

Ideen gab es in Kaisersesch viele: eine Wasserstoff-Tankstelle, Wasserstoff-Busse und ein Blockheizkraftwerk, das mit Wasserstoff betrieben wird. Der Energieversorger E.On wollte zusammen mit anderen Unternehmen in dem Eifelort testen, wie Wasserstoff unter realen Bedingungen als Energieträger eingesetzt werden kann.

Wasserstoffprojekt gescheitert: "Viele sind enttäuscht."

Auch die Verbandsgemeinde wollte mit dem SmartQuart, dem smarten Quartier, bei der Energiewende ganz vorne dabei sein. 2019, als Kaisersesch den Zuschlag bekam, seien die Voraussetzungen dafür auch sehr gut gewesen, sagt VG-Bürgermeister Albert Jung: "In vielen Kommunen wurden Photovoltaik- und Windkraftanlagen gebaut, um Geld zu machen. Aber niemand hat so wirklich überlegt, wie können wir erneuerbare Energie speichern. Und da wollten wir mit dem Projekt einen neuen Akzent setzen."

Der Elektrolyseur, mit dem der grüne Wasserstoff in Kaisersesch produziert werden sollte, hat nie funktioniert.

In diesen Containern steckt viel Technik. Die Wasserstoff-Anlage wurde in Kaisersesch für mehrere Millionen Euro gebaut, auch mit Fördergeldern vom Bund.

Was ist grüner Wasserstoff?
Grüner Wasserstoff ist in seiner Herstellung klimaneutral und stößt kein Kohlenstoffdioxid (CO2) aus. Die benötigte Energie zur Herstellung kommt aus erneuerbaren Energiequellen - wie Wind- oder Sonnenenergie.

Wasserstoff-Projekt wurde mit fünf Millionen Euro gefördert

In der Gemeinde sollte grüner Wasserstoff erzeugt, gespeichert, über Rohre verteilt und anschließend auch genutzt werden - zum Beispiel um damit Verwaltungsgebäude zu heizen oder eine Tankstelle mit Wasserstoff für Lkw, Busse und Autos zu versorgen.

Wissenschaftlicher Mitarbeiter: "Haben sehr viel gelernt in dem Projekt"

Dafür wurde in Kaisersesch direkt neben der VG-Verwaltung eine komplette Infrastruktur für Wasserstoff aufgebaut, um die "gesamte Wertschöpfungskette zu testen", hieß es beim Spatenstich von SmartQuart 2022 von den Projektverantwortlichen. Gefördert wurde das Pilotprojekt mit fünf Millionen Euro Steuergeld vom Bund.

Doch von den großen Plänen wurde letztendlich nur wenig umgesetzt. Das einstige Vorzeigeprojekt kann nicht weitergeführt werden. Was lief schief?

Ein Elektrolyseur ist kein Baumarktprodukt. Roland Hermes, Vice President Research, Development and Innovation bei E.On

Große technische Probleme bei SmartQuart

In erster Linie gab es fast zwei Jahre lang ein großes technisches Problem: Der sogenannte Elektrolyseur funktionierte nicht. Mit diesem Gerät sollte Strom aus Wind- und Solarenergie in grünen Wasserstoff umgewandelt werden. Die französische Firma, von der E.On das Gerät kaufte, brachte den zentralen Baustein der ganzen Anlage einfach nicht ans Laufen.

Deshalb zog E.On im Sommer 2024 die Reißleine und kündigte den Vertrag mit dem Hersteller. Ein anderes Gerät zu besorgen, sei nicht mehr möglich gewesen, sagt Roland Hermes von E.On: "Ein Elektrolyseur ist kein Baumarktprodukt. Das ist Hochtechnologie mit sehr vielen Herausforderungen. Einfach mal schnell zu wechseln, das geht nicht. Auf dem Markt gab es auch keine Alternative."

Lkw-Trailer mit grünem Wasserstoff beim SmartQuart-Projekt in Kaisersesch

Weil der Elektrolyseur nicht funktioniert, wird der grüne Wasserstoff noch bis Ende Mai in diesen Lkw-Trailern aus Ludwigshafen nach Kaisersesch geliefert. Danach läuft das Projekt aus.

Grüner Wasserstoff wird mit Lkw nach Kaisersesch gebracht

Um trotzdem noch etwas Zählbares aus dem Projekt herauszuholen, wurde grüner Wasserstoff mit Lkw-Trailern angeliefert - unter anderem von BASF aus Ludwigshafen. Mit dem gelieferten Gas konnten im SmartQuart laut E.On noch etliche Erkenntnisse gewonnen werden: Zum Beispiel habe das neu verlegte Rohrsystem für Wasserstoff im Regelbetrieb getestet werden können. Seit Februar wurden auch die Gebäude der VG-Verwaltung mit Wasserstoff beheizt. Die Heizung funktionierte offenbar gut.

Es gehört eben auch ein bisschen Mut dazu, bei so einer Entwicklung vorne dabei zu sein. Alfred Jung, Bürgermeister Verbandsgemeinde Kaisersesch

Wasserstoff für Unternehmen deutlich zu teuer

Aus Sicht der Verantwortlichen gibt es neben der Technik ein zweites Problem, weshalb es sich nicht lohne, das Projekt weiterzuführen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich in den vergangenen zwei Jahren komplett gedreht, sagt VG-Bürgermeister Jung: "Als die Ukrainekrise kam, hatten wir echt eine Menge Unternehmen, die riesiges Interesse am Wasserstoff hatten. Denen ging es um Versorgungssicherheit." Mittlerweile sei Erdgas aber wieder so günstig, dass sich keine Firma aus der Region an dem Wasserstoff-Projekt in Kaisersesch beteiligen wolle, sagt Jung.

Rund um Kaisersesch in der Eifel stehen viele Windräder, die grünen Strom produzieren.

Rund um Kaisersesch in der Eifel stehen viele Windräder, die grünen Strom produzieren.

SmartQuart-Anlage in Kaisersesch wird zurückgebaut

Ende des Jahres läuft die Förderung für SmartQuart aus. Dann wird die teure Anlage in Kaisersesch wahrscheinlich wieder abgebaut, de facto bleibt wohl wenig zurück. Doch obwohl die großen Ideen nicht umgesetzt werden konnten, spricht der VG-Bürgermeister nicht von einem gescheiterten Projekt.

Es sei richtig gewesen, sich daran zu beteiligen, sagt Jung: "Es gehört auch ein bisschen Mut dazu, bei so einer Entwicklung vorne dabei zu sein. Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass die Technik funktioniert und die Rahmenbedingungen besser sind. Aber das können wir als Verbandsgemeinde eben auch nicht beeinflussen."

Sendung am Di., 20.5.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP

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