Claudia Krack von der Alzheimergesellschaft Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen. Sie gibt Tipps für einen besseren Umgang mit dementen Menschen.

Rheinland-Pfalz Demenz-Patienten in Gefahr: Expertin aus Ludwigshafen gibt Tipps für einen besseren Umgang

Stand: 15.05.2025 07:53 Uhr

Immer wieder verschwinden demente Menschen aus Pflegeheimen. Gerade endete solch ein Fall in der Vorderpfalz für eine Seniorin tödlich. Wir haben Dr. Claudia Krack von der Alzheimergesellschaft Rheinland-Pfalz mit Sitz in Ludwigshafen gefragt, wie das verhindert werden könnte.

Von Irmgard Reißinger
Claudia Krack von der Alzheimergesellschaft Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen. Sie gibt Tipps für einen besseren Umgang mit dementen Menschen.

Dr. Claudia Krack sagt im Interview: eine hundertprozentige Sicherheit für Menschen mit Demenz gibt es nicht.

SWR Aktuell: Es gibt neueste GPS-Tracking-Techniken, die Menschen zu jeder Tages- und Nachtzeit orten können. Warum legen Pflegeheime allen Bewohnern nicht einfach solche Armbänder an? 

Dr. Claudia Krack: Ich finde es erst einmal unheimlich traurig und dramatisch, wenn so etwas passiert: Wenn ein Mensch mit Demenz sich verirrt und dann auch noch verunglückt. Natürlich könnte man sagen, die Lösung wäre ganz einfach. Denn GPS-Tracking das ist ja ganz unkompliziert, das sind ja ganz kleine Geräte. Aber zum Glück haben wir ja die Grundrechte: keine Freiheitsbeschränkung, der Schutz der Persönlichkeitsrechte gilt für jedermann.

Jeder Mensch muss zustimmen, wenn er getrackt werden will. Das macht die Situation so kompliziert. In einem Pflegeheim ist das besonders schwer umzusetzen, weil der gesetzliche Rahmen dort besonders kontrolliert wird. Man braucht im Pflegeheim Personal und die passende Technik. Aber: Ein Bewohner kann das Tracking-Armband auch einfach abschneiden. Es gibt nie diese hundertprozentige Sicherheit, und damit müssen wir auch leben.

SWR Aktuell: Die Alzheimergesellschaft spricht nicht vom Weglaufen der Demenzpatienten aus einem Pflegeheim, sondern vom "Hinlaufen". Wohin wollen die Betroffenen?

Dr. Krack: Tatsächlich ist es so, dass Menschen mit Demenz auch immer einen Plan haben, immer eine Aktivität vorhaben. So wie jeder im Leben Pläne hat. Man will einkaufen gehen, in die Kirche gehen, ein Grab besuchen. Oder man sucht die Mutter, obwohl sie schon längst verstorben ist. Tatsächlich ist das das innere Erleben. Das führt dazu, dass sich die Erkrankten auf den Weg machen, um genau das, was ihre innere Realität ist, dann tatsächlich umzusetzen.

SWR Aktuell: Was müsste ein gutes Seniorenheim bieten, damit so wenige Bewohnerinnen und Bewohner wie möglich in die Gefahr kommen, sich draußen irgendwo zu verirren?

Dr. Krack: Wenn Angehörige nach einem Pflegeplatz suchen, sollte man offen ansprechen, dass eine Demenz vorliegt. Und vielleicht schon beobachtet wurde, dass so eine "Hinlauf-Tendenz" besteht. Denn viele Pflegeheime sagen dann gleich: "Wir können solche Menschen nicht aufnehmen, weil wir gar nicht die Möglichkeiten haben."

Auch Menschen mit Demenz wollen eine Beschäftigung, wollen etwas Sinnvolles tun. Genügend Aktivitäten könnten Menschen mit Demenz beruhigen, dass sie sich wohler fühlen und vielleicht gar nicht erst außerhalb etwas suchen. Denn Menschen mit Demenz können sich von alleine nicht mehr mit sich selbst beschäftigen. Darauf sollte man als Angehöriger achten: Wie sieht denn der Tagesablauf aus und wie ist der Personalschlüssel?

SWR Aktuell: In den nächsten Jahrzehnten wird die Baby-Boomer-Generation viel Pflege und Betreuung auch wegen Demenzerkrankungen benötigen. Mit welchen Forderungen blickt die Alzheimer-Gesellschaft in die Zukunft?

Dr. Krack: Wir wünschen uns tatsächlich, dass es mehr Einrichtungen gibt, die speziell auf Menschen mit Demenz zugeschnitten sind. Aber wir wissen, dass in der Realität jetzt schon die Pflege fast nicht mehr bezahlbar ist, dass es immer teurer wird. Was kann das Gesundheitssystem noch leisten in der Zukunft? Das macht einem Sorgen, was da kommt.

Was ein bisschen Hoffnung macht, das sind sogenannte Pflege-Wohngemeinschaften mit kleinen Gruppen und einem relativ hohen Personalschlüssel. Was dort ganz hervorragend ist, ist das Beschäftigungsangebot. Bewohner können beim Mittagessen mithelfen, den Tisch decken, Kartoffeln schälen. Sie können mitbestimmen, was es zu Essen gibt, es wird gemeinsam Kuchen gebacken. Es gibt viel mehr gemeinsame Aktivitäten. Das ist doch, was jeder Mensch braucht!

Zur Person: Dr. Claudia Krack, Vorstandsmitglied bei der Alzheimergesellschaft Rheinland-Pfalz mit Sitz in Ludwigshafen.

Sendung am Do., 15.5.2025 6:57 Uhr, SWR4 Rheinland-Pfalz

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