Eine Mutter steht wegen Misshandlung ihrer Töchter vor dem Amtsgericht Trier

Rheinland-Pfalz Mutter wegen physischer Gewalt gegen ihre Töchter verurteilt

Stand: 04.06.2025 16:28 Uhr

Im Prozess um jahrelange Misshandlung ihrer beiden Töchter hat das Amtsgericht Trier am Mittwoch die 43-jährige Mutter zu einer Geldstrafe verurteilt.

Von SWR

Als die Richterin ihre Entscheidung verkündete, verlor die Angeklagte erstmals im Prozess die Fassung: Tränen liefen ihr über das Gesicht, sie schüttelte ungläubig den Kopf. Die Frau aus dem Kreis Trier-Saarburg wurde zu einer Geldstrafe von 8.100 Euro verurteilt und muss außerdem die Kosten des Verfahrens tragen.

Im Prozess hatte sie die Anschuldigungen stets bestritten, in ihrem letzten Wort beteuert, sie habe ihre Kinder nie geschlagen. Streit ja, Gewalt nein. Doch das Amtsgericht Trier kam zu einem anderen Schluss.

Angeklagte im Züchtigungsprozess

Die Angeklagte mit ihrer Verteidigerin im Züchtigungsprozess.

Richterin hält Aussagen der Töchter für glaubhaft

In ihrer Urteilsbegründung stellte die Richterin klar, dass sie die Aussagen der heute 16 und 18 Jahre alten Töchter für absolut glaubhaft halte. Die Mädchen hätten nicht übertrieben, eher im Gegenteil: Die Ältere habe eingeräumt, in der Schule oft faul gewesen zu sein, fast so, als wolle sie ihre Mutter in Schutz nehmen. Gerade diese reflektierten und nicht beschönigenden Aussagen wertete das Gericht als Zeichen von Glaubwürdigkeit.

Die Richterin sprach von einem langen Zeitraum, über den die Misshandlungen stattgefunden hätten, und betonte, dass es sich nicht um brutales Prügeln, sondern um einzelne, über Jahre wiederholte Gewaltakte handelte.

Strafmildernd wirkten sich das Fehlen von Vorstrafen und der inzwischen wiederhergestellte Kontakt zu den Kindern aus. Negativ wurde jedoch gewertet, dass beide Töchter betroffen waren und bis heute psychische Folgen tragen.

Staatsanwaltschaft forderte Bewährungsstrafe

Damit bleibt das Urteil unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Diese hatte eine neunmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldauflage von 2.000 Euro gefordert. Aus ihrer Sicht waren die Taten durch die Aussagen der beiden Töchter, die übereinstimmend und detailliert berichteten, klar belegt.

Die Mädchen hätten auch eigene Schwächen eingeräumt und kein erkennbares Motiv für eine Falschbelastung gehabt. Zeugen bestätigten zudem den hohen Druck im Elternhaus.

Verteidigung plädierte auf Freispruch

Die Verteidigung beantragte Freispruch. In ihrem Plädoyer stellten beide Verteidiger ausdrücklich die Glaubwürdigkeit der Mädchen infrage. Aus ihrer Sicht seien mehrere zentrale Angaben – etwa zur Wohnsituation oder zu behaupteten Verletzungen – nachweislich falsch gewesen.

Auch die vorgelegten Fotos von Verletzungen seien alle erst kurz vor der Anzeige entstanden und somit kein Beleg für jahrelange Misshandlungen. Zudem, so die Verteidigung, lägen mehrfach dokumentierte psychische Auffälligkeiten bei den Töchtern vor, die deren Erinnerungsfähigkeit und Aussagen beeinflusst haben könnten. Ein von ihnen beantragtes aussagepsychologisches Gutachten lehnte die Richterin jedoch ab.

Töchter mussten nicht vor Gericht aussagen

Die Töchter sind mittlerweile 16 und 18 Jahre alt. Sie mussten nicht vor Gericht aussagen. Stattdessen wurden am ersten Prozesstag richterliche Vernehmungen aus dem Jahr 2022 als Video gezeigt.

Fast zwei Stunden sagte die Ältere aus. Sie schilderte, wie es immer wieder zum Streit mit ihrer Mutter kam. Als sie sich beim Fahrradfahren lernen ungeschickt angestellt habe, habe ihre Mutter mit ihren Händen ihren Hals umfasst, sodass die Abdrücke noch abends erkennbar gewesen seien.

Schläge bei schlechten Leistungen auf dem Gymnasium

Auf dem Gymnasium sei sie von ihrer Mutter noch öfter geschlagen worden, wenn sie nicht sofort kapierte, was sie lernen sollte. Einmal habe die Mutter sie vier Mal mit dem Kopf auf die Tischplatte geschlagen. Ansonsten sei sie auch öfter mit einem Gürtel geschlagen worden.

Die jüngere Tochter bestätigte die Aussagen der Schwester. Immer wieder brach sie in dem Video in Tränen aus. Sie habe dann auch mit der Klassenlehrerin gesprochen, die dann das Jugendamt eingeschaltet habe. "Ich habe mir gewünscht, dass es ein Ende hat", sagt sie schluchzend im Video.

Ältere Tochter geht zur Polizei

Bei den täglichen Joggingrunden, zu denen sie ihre Mutter gezwungen habe, sei der Plan gereift, die Polizei einzuschalten, erzählt die Jüngere. Das hatte die Ältere 2020 auch getan. Mit 13 Jahren, ihre Schwester war gerade 11 Jahre alt, hatte sie sich der Polizei offenbart. Heute leben beide Schwestern beim Vater in Baden-Württemberg.

Sendung am Mi., 4.6.2025 11:00 Uhr, SWR4 am Vormittag, SWR4