Rheinland-Pfalz "Mutmachpost" gegen Einsamkeit: Frau aus Trier will Hoffnung geben

Stand: 26.05.2025 04:02 Uhr

Einsamkeit kann jeden treffen – unabhängig von Alter und Beruf. Yvonne Bohrer hatte keine leichte Kindheit, sie hat sich oft einsam gefühlt. Heute will sie Menschen Mut machen.

Von Clara Holzhauser

Yvonne Bohrer aus Trier kennt das Gefühl: "Einsamkeit fühlt sich an, als wäre man unsichtbar, in einer Stille, die einen zu zerreißen droht. Einsamkeit lässt einen an seinem eigenen Wert als Mensch zweifeln."

Die 36-Jährige hat sich in ihrer Kindheit oft einsam gefühlt: "Meine Mutter war arbeitslos und meine Eltern haben sich scheiden lassen. Das hat dazu geführt, dass ich in ziemlicher Armut aufgewachsen bin. Ich konnte deswegen kaum an gesellschaftlichen Aktivitäten in meiner Kindheit teilnehmen."

Mobbing in der Schule und Streitereien in der Familie hätten dazu geführt, dass sie sich noch einsamer gefühlt hat, berichtet sie. Damals habe sie sich vorgenommen, später einmal Menschen Hoffnung zu geben.

Aktionswoche gegen Einsamkeit

Vom 26. Mai bis 1. Juni 2025 findet zum dritten Mal die Aktionswoche "Gemeinsam aus der Einsamkeit" statt. Die Aktionswochen sind Teil der Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit, teilt das Bundesfamilienministerium auf Anfrage des Südwestrundfunks mit. Sie sollen Unterstützungsangebote in Deutschland sichtbar machen und für das Thema Einsamkeit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sensibilisieren. 

Ihre Lebensaufgabe: "Mutmachpost"

Genau das macht Yvonne Bohrer. Vor knapp drei Jahren hat sie während der Corona-Pandemie an Aktionen teilgenommen, bei denen man an einsame Menschen zu Weihnachten und Ostern Briefe verschicken konnte. "Als die Pandemie endete, wollte ich nicht damit aufhören, Menschen Hoffnung zu schenken", erzählt sie.

Und so entstand ihre Aktion "Mutmachpost" - das sind Briefe mit Basteleien, mit Geschichten und Gedichten, die sie zum Teil selbst verfasst hat. Inzwischen habe sie schon fast 3.000 Briefe verschickt, erzählt sie.

Das Gefühl, etwas Gutes zu tun, erfüllt mich. Ich sehe es als Lebensaufgabe. Yvonne Bohrer

Yvonne Bohrer schickt ihre Post hauptsächlich an Vereine, die Krebskranke oder Menschen in schwierigen Lebenssituationen betreuen und Seniorenheime. Ihr Engagement ist ehrenamtlich, hauptberuflich arbeitet die 36-Jährige als Erzieherin in einem Kindergarten in Trier.

Mehrheit der Deutschen kennt Gefühl von Einsamkeit

Der Einsamkeitsreport 2024 der Techniker Krankenkasse zeigt, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland das Gefühl von Einsamkeit kennt. Rund 60 Prozent würden im privaten Umfeld häufig, manchmal oder selten unter dem Gefühl leiden.

Die Krankenkasse TK schreibt in einer Pressemitteilung: "Für vier Prozent ist Einsamkeit sogar ein häufiger Begleiter, 13 Prozent geben an, manchmal das Gefühl von Einsamkeit zu haben, 41 Prozent zumindest selten."

Telefonieren gegen Einsamkeit

Jüngere Menschen besonders von Einsamkeit betroffen

Die Studie zeigt zudem, dass besonders jüngere Menschen von Einsamkeit betroffen sind – in der Gruppe der 18 bis 39-Jährigen haben 68 Prozent angegeben, sich häufig, manchmal oder selten einsam zu fühlen. 

Einsamkeit kann für betroffene Personen gefährliche Folgen haben – sie kann sich negativ auf die seelische und körperliche Gesundheit auswirken. Wie sich Einsamkeit anfühlt, erlebt jeder Mensch anders. In diesem Artikel sind Hilfs- und Beratungsangebote zusammengestellt:

"Mutmachmünzen" mit unterschiedlichen Botschaften

Weil Yvonne Bohrer auch im Alltag oft einsame Menschen sieht, die über keinen Verein betreut werden, hat sie ihr Konzept um "Mutmachmünzen" erweitert. Das sind Ein-Cent-Münzen, auf denen unterschiedliche Botschaften stehen, wie: "Du bist Wunderbar" oder "Du bist genug".

Die Münzen legt sie überall aus: "Auf einer Parkbank, beim Wandern auf einem Stein oder in einer Umkleidekabine. Aber die Münzen sind schwierig zu bekommen, die Banken fordern da immer viel Bearbeitungsgebühr, deshalb sucht halb Trier für mich Ein-Cent-Münzen", sagt sie lachend. 

Social-Media-Beitrag auf Instagram von swraktuell

Berührende Reaktionen auf ihre Münzen

Manchmal bekommt Yvonne Bohrer mit, wie Menschen, die eine der Münzen finden, reagieren. Sie berichtet, dass sie eine Münze auf einen Stein in der Innenstadt gelegt hatte.

"Ein Kind ist dann vorbeigehüpft, hat die Münze aufgehoben und hat dann zu seiner Mutter gesagt: Guck mal, ich habe eine Million Euro gefunden. Die Mutter hat dann die Münze angeschaut und gesagt: Fürs Herz ist es auf jeden Fall eine Million Euro wert."

Yvonne Bohrer aus Trier macht anderen Menschen Mut.

Yvonne Bohrer schickt ihre Post beispielsweise an Vereine, die Krebskranke oder Menschen in schwierigen Lebenssituationen betreuen.

"Man glaubt immer, wer alleine ist, ist einsam"

Yvonne Bohrer erzählt, dass sie selbst bis heute oft immer noch das Gefühl von Einsamkeit habe. Das Thema werde eher unterschätzt: "Man glaubt immer, wer alleine ist, ist einsam. Aber man kann von 1.000 Menschen umgeben sein und sich trotzdem einsam fühlen."

Durch ihr Engagement geht es ihr besser: "Wenn ich die Rückmeldung bekomme, dass Menschen sich in ihrer Einsamkeit plötzlich gesehen fühlen, heilt in mir so ein bisschen was. Dann habe ich das Gefühl, dass man Einsamkeit gemeinsam besiegen oder zumindest minimieren kann."

Davon ist die 36-Jährige überzeugt: Sie will weitermachen und vielen Menschen ein gutes Gefühl geben. Wenn sie könnte, würde sie ihrem jüngeren Ich heute sagen:

Danke, dass du durchgehalten hast und dein großes Herz behalten hast. Yvonne Bohrer

So kann sich Einsamkeit auswirken