Lesegerät für die ePA beim Arzt

Rheinland-Pfalz Lahnsteiner Arzt warnt vor sensiblen Daten in der elektronischen Patientenakte

Stand: 30.05.2025 06:39 Uhr

Ende April wurde die elektronische Patientenakte eingeführt und immer mehr Patienten und Praxen nutzen sie. Ein Arzt aus Lahnstein warnt vor den teils sensiblen Daten, die darin stehen.

Von SWR

Andreas Jepsen-Föge ist Frauenarzt mit eigener Praxis in Lahnstein. Seit gut zwei Wochen setzt er die elektronische Patientenakte (ePA) ein. Und es erschreckt ihn, was er dort alles an Informationen über seine Patientinnen finden kann, die er für seine Behandlung nicht wissen muss - und auch nicht wissen will.

Dr. Andreas Jepsen-Föge in seiner Praxis mit ausgedruckten ePA-Daten seiner Patientinnen.

Die Erfahrung von Dr. Andreas Jepsen-Föge ist, dass sich noch nicht viele seiner Patientinnen mit ihren Daten in der ePA beschäftigt haben. Zur Anschauung hatte er einige Beispiele ausgedruckt. Und das war auch gut so, denn an dem Tag des Interviews funktionierte die elektronische Patientenakte nicht. Wie sich herausstellte, lag das Problem beim Softwarehersteller und betraf viele Arztpraxen.

Teils überflüssige Datenfülle in der ePA

Der Gynäkologe berichtet, dass er etwa bei einer Patientin in der ePA alle Zahnarztbehandlungen nachlesen konnte und wo und wann sie in welcher Apotheke welches Medikament gekauft hat.

Er konnte ebenfalls sehen, dass sie vor einem Jahr für die Krebsvorsorge bei einem anderen Frauenarzt war - obwohl sie ihm erklärt hatte, dass sie es einfach nur nicht zur Vorsorge geschafft hätte. Das sei schon ein peinlicher Augenblick gewesen, erzählt er im Gespräch mit dem SWR.

Elektronische Patientenakte: Arzt sieht Mängel beim Datenschutz

Sie sind wirklich vollkommen kalt geduscht. Dr. Andreas Jepsen-Föge, Facharzt in Lahnstein

Der Facharzt aus Lahnstein berichtet, dass er gemeinsam mit den Patientinnen die Krankenkassekarte einliest und gemeinsam die ePA hochfährt. Dann sehe man zum Beispiel die Liste mit jedem einzelnen Arzt-Patienten-Kontakt. Seine Patientinnen würden oft gar nicht damit rechnen, dass in der ePA schon alle medizinischen Informationen stehen. "Sie sind wirklich vollkommen kalt geduscht", sagt er.

Facharzt aus Lahnstein kennt krasse Beispiele

Und Andreas Jepsen-Föge hat noch weitere krasse Beispiele parat: Anfang der Woche sei etwa eine junge Frau zum ersten Mal bei ihm in der Praxis gewesen. Als neue Patientin habe sie gar nicht vorgehabt, ihm von ihrem sexuellen Missbrauch zu erzählen. Es habe aber bereits in ihrer elektronischen Patientenakte gestanden.

Auch genaue Infos über Schwangerschaftsabbrüche habe er schon gelesen, über künstliche Befruchtung in einem Kinderwunschzentrum, Essstörungen oder die Behandlung einer depressiven Episode. Ebenso würde bei einem Mann die Diagnose "erektile Dysfunktion" nach der Untersuchung beim Urologen von den Team in einer Zahnarztpraxis gelesen werden können.

Es geht auch um sensible Daten in der ePA

Grundsätzlich können alle Patienten bei ihrer Krankenkasse ihrer elektronischen Patientenakte widersprechen. Und es ist möglich, die ePA zu nutzen, darin aber einzelne Einträge individuell anzupassen. Sie also etwa zu löschen. Doch Andreas Jepsen-Föge bezweifelt aber nach seinen Erfahrungen in den ersten Wochen, dass sich die Patientinnen und Patienten bereits ausreichend mit ihren Daten in der ePA auseinandergesetzt haben.

Arzt fordert in Sachen ePA mehr Aufklärung

Vom Prinzip her begrüßt der Lahnsteiner Facharzt aber die Transparenz, die mit der elektronischen Patientenakte hergestellt werde. Das habe bei gesetzlich Versicherten gefehlt. "Die Leute sehen, wie teuer eine Zeckenentfernung beim Tierarzt ist, aber haben keine Ahnung, dass der Frauenarzt für die Krebsvorsorge 18 Euro bekommt."

Er wünscht sich, dass sich Patienten mehr mit der ePA befassen, wie sie die Nutzung ihrer Gesundheits-Daten kontrollieren können. Gleichzeitig müsse mehr aufgeklärt werden, welche Daten automatisch in die ePA kommen und was man selbst steuern kann. Denn in der ePA-App kann jede und jeder individuell für sich einrichten, welche Daten sichtbar sind.

Hausärzteverband RLP sieht Patienten bei der ePA in der Verantwortung

Dem pflichtet auch die Vorstandsvorsitzende des rheinland-pfälzischen Hausärzteverbands Dr. Barbara Römer bei. Die Menschen müssten sich kümmern und informieren und die Verantwortung für ihre Daten übernehmen.

Römer vermutet, dass es wegen Unwissenheit in der Bevölkerung bislang so wenige Widersprüche bei den Krankenkassen gegen die ePA gibt. Ihrer Meinung nach wird es noch Jahre dauern, bis alles rund laufe. So seien auch der Zugang zur App und die digitale Authentifizierung für viele Menschen eine große Hürde.

Aber unterm Strich freut sich die Verbandsvorsitzende über die Einführung der ePA. Es entlaste zum Beispiel die Kommunikation zwischen verschiedenen Ärzten und weil alles elektronisch laufe, könnten sie und ihre Arztkollegen Unmengen an Papier einsparen: Anamnese, Medikamentenplan, Blutwerte, Arztbriefe - alles liegt nun digital vor. Das mache vieles einfacher.

Sendung am Fr., 30.5.2025 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz

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