
Rheinland-Pfalz Feldbäume gegen Dürre - Landwirte sind skeptisch
Landwirte sorgen nicht nur für die Ernährung, sie gestalten auch unsere Landschaft. Mehr Bäume auf den Feldern sollen gegen Trockenheit helfen. Doch nicht alle Bauern finden das gut.
Schon jetzt im Mai staubt es auf vielen Feldern in der Pfalz und Rheinhessen, weil seit Wochen kein Regen mehr gefallen ist. Das ist nicht nur für das Getreide ein Problem. Im April 2011 hatte ein Sandsturm auf der A19 zwischen Berlin und Rostock zu einer Massenkarambolage mit acht Toten und 130 Verletzten geführt. 85 Fahrzeuge waren kollidiert, weil ausgetrocknete Erde von riesigen Feldern auf die Autobahn geweht wurde.
Große Ackerflächen, Trockenheit und Wind
So groß wie in ostdeutschen Bundesländern sind die Felder in Rheinland-Pfalz nicht. Aber auch hier sind Ackerflächen zusammengelegt und vergrößert worden, um mit großen Maschinen zu arbeiten und mehr Ertrag zu erwirtschaften. Doch seit 2014 sind auch die Erträge beim Getreide im Land kontinuierlich gesunken. Das Problem, es regnet entweder zu lange, zu stark oder es regnet wochenlang gar nicht. Dazu kommen Stürme.
Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V., steht auf seinen Gerstenfeld bei Göllheim in der Pfalz. "Wenn es die nächsten Tage regnet, wäre noch etwas zu retten", sagt er. Er rechnet schon jetzt mit einem Ernteverlust von 20 Prozent. Wenn es in den nächsten zwei Wochen nicht regnet, sind 50 Prozent der Ernte vertrocknet.
Bäume und Hecken auf den Feldern als Windschutz
Agrarwissenschaftler suchen fieberhaft nach Strategien, wie Landwirten und der Natur selbst geholfen werden kann, mit den extremen Wetterverhältnissen besser klar zu kommen. Dazu forscht unter anderem die Universität Trier mit ihrem Umwelt-Campus Birkenfeld.
"Wir haben eigentlich die letzten 80 Jahre gebraucht, um die Bäume aus der Landschaft raus zu räumen, damit die Flächen gut bewirtschaftbar sind", sagt der Trierer Diplom-Agraringenieur Frank Wagener. "Und wir räumen jetzt die Bäume wieder rein, aufgrund des Klimawandels, weil wir die Bäume letztendlich als dienende Bäume für die Ackerkulturen brauchen. Dadurch verbessern wir den Wasserhaushalt und das ist dringend notwendig."
Diese Umwelttechnik nennt sich Agroforstwirtschaft. Also Forst auf Agrarflächen. Bäume und Hecken sollen verhindern, dass der Wind über die Ackerflächen fegt und den Boden austrocknet. Und auch wenn es paradox klingt, die Bäume können auch für einen besseren Feuchtigkeitshaushalt im Boden sorgen. Denn ein Baum zieht mit seinen Wurzeln Wasser aus tieferen Bodenschichten als die Ackerpflanzen. Und durch die Verdunstung über die Laubkrone, sorgt der Baum in seiner Umgebung für ein feuchteres und kühleres Klima.
Bauernpräsident sieht Agroforst in der Pfalz skeptisch
Für Bauernpräsident Eberhard Hartelt ist Agroforstwirtschaft auf seinen Feldern keine Strategie gegen Trockenheit. "Wahrscheinlich würde ich eher die Fläche ganz aufgeben und hier wieder Wald anpflanzen", sagt Hartelt. "Ich kann versuchen, durch ackerbauliche Maßnahmen Verdunstung zu minimieren. Wann greif ich in den Boden ein? Greif ich überhaupt in den Boden ein. Da gibt es ein ganzes Paket von Maßnahmen." Darüberhinaus seien die Landwirte aber dem Wetter ausgeliefert, meint er. Bäume würden den Ackerpflanzen Wasser entziehen und bei der Bewirtschaftung der Felder mit den großen Maschinen stören.
Doch so einfach ist es nicht. Es gibt nicht die eine Agroforstwirtschaft, sondern verschiedene Systeme, die ganz genau auf Lage und Bepflanzung der Felder abgestimmt werden. Ein Beispiel: Felder in Hanglage können von Bäumen profitieren, sagt Dr. Tatjana Schneckenburger. Sie forscht an der TH Bingen zu Agroforstwirtschaft. "Pflanzt man Bäume entlang des Reliefs, fließt der Niederschlag am Boden viel langsamer ab und es kann mehr Wasser in die Erde eindringen. Es werden auch viel weniger Nähstoffe aus dem Boden ausgeschwemmt."
Aber auch auf ebenen Feldern könnten Bäume vorteilhaft sein, so Schneckenburger. Und auch was die Bearbeitung der Agroforst-Felder mit Maschinen angeht, sieht sie kein Problem. "Landwirte legen in der Regel ihre Agroforstflächen so an, dass die Bearbeitungsbreite der Streifen zu ihren Maschinen passt."
Auch der Agrarwissenschaftler Wagener vom Umwelt-Campus Birkenfeld kennt die Skepsis in der Landwirtschaft. Das liege daran, dass sehr oft Erkenntnisse aus der Praxis und Beispiele aus der Praxis fehlten, meint er. Da werde viel rumtheoretisiert. "Und deswegen diskutieren wir häufig schon Dinge, über die wir noch gar kein ausreichendes Wissen haben." Die Aufgabe der Wissenschaft sei es nun mit den Projekten, das Wissen so schnell wie möglich bereitzustellen, "so dass wir mehr mit Fakten arbeiten können. Dann entspannt sich auch die Diskussionssituation, ob etwas sinnvoll ist oder nicht".
Der Umwelt Campus Birkenfeld hat sich ganz bewusst die Lehr- und Versuchsanstalt Hofgut Neumühle in Münchweiler als Projektpartner ausgesucht. Hier könne das neue Wissen direkt an die jungen Landwirte und Winzer weitergegeben werden, die einmal einen Hof bewirtschaften werden, erklärt Wagener. Das sei sehr wichtig, denn die Zeit dränge. Und Landwirte und Winzer seien nicht nur Nahrungsmittelproduzenten, sondern sie hätten auch eine "dienende Funktion für unsere gesamte Landschaft".
Forschung fordert mehr Fördermittel für Land- und Forstwirtschaft
Hochwasserschutz sei beispielsweise eine ganz wichtige Aufgabe, die die Land- und Forstwirtschaft übernähmen, so Wagener. "Der Wasserhaushalt der Gesamtlandschaft, auch die Starkregenvorsorge beginnt in den Einzugsgebieten. Das heißt auf den Feldern, in den Wäldern und nicht erst in den Flüssen." Landwirte und Förster können also mithelfen, Sandstürme wie an der A19 oder Überschwemmungen wie im Ahrtal mit vielen Toten und Schäden in Milliardenhöhe zu verhindern. Wenn man die Landwirte aber als Partner bei der Gestaltung der Kulturlandschaft und der Gefahrenabwehr sehe, so Wagener, dann müsse man sie auch entsprechend unterstützen.