Evangelische Marktkirche in Bad Bergzabern

Rheinland-Pfalz Evangelische Kirchengemeinde Bad Bergzabern kämpft um Selbstständigkeit

Stand: 21.05.2025 07:03 Uhr

Die Evangelische Kirche der Pfalz muss sparen - 60 Millionen Euro pro Jahr und das ab 2035. Gemeinden wie Bad Bergzabern sollen ihre Selbstständigkeit abgeben. Was verändert sich?

Von Anna Flörchinger

51 Kilometer entfernt von Speyer liegt Bad Bergzabern in der Südpfalz. Knapp 9.000 Einwohner, etwa 2.900 davon Protestanten, ungefähr 60 davon besuchen noch den Sonntagsgottesdienst in der evangelischen Marktkirche. In Speyer tagt diese Woche die Frühjahrssynode, eine Art Parlament der Kirche. Da soll beschlossen werden, wie die Kirche ihre drastischen Einsparziele erreichen kann.

Bad Bergzabern möchte noch selbst entscheiden

Die Evangelische Kirche der Pfalz plant, dass die Gemeinden ihre Rechte an eine übergeordnete Verwaltunsgebene abgeben. Dann wären die einzelnen Gemeinden auch nicht mehr Eigentümer ihrer eigenen Immobilien. Entscheidungen würden zentral getroffen und demokratische Strukturen - zumindest ein stückweit - verloren gehen. Und eines hat sich dabei herumgesprochen: Bad Bergzabern möchte das eigentlich nicht.

Der Dekan der Gemeinde, Dietmar Zoller, kritisiert die Pläne. Zoller ist ein freundlicher Mann mit markanter Brille. Zuvorkommend schenkt er Mineralwasser ein und setzt sich an seinen runden weißen Tisch in seinem Büro, das direkt gegenüber der Marktkirche liegt - und führt seine Kritik aus. Hinter ihm ist eine eingerahmte, knallbunte Kinderzeichnung: krakelige Strichmännchen mit großen Köpfen laufen fröhlich in eine Kirche.

"Wir müssen das Kirchturmdenken überwinden"

Aber zunächst erklärt Zoller, was in Bad Bergzabern schon passiert ist - um an Personal und Kosten zu sparen und aufzufangen, was der Mitgliederschwund an Lücken hinterlassen hat. Seit dem 1. Januar 2024 hat sich Bad Bergzabern mit 19 anderen Kirchengemeinden zu einem Bezirk zusammengefasst. Gemeinsam bilden sie den kleinsten Kirchenbezirk der Evangelischen Kirche der Pfalz. "Seit zwei Jahren gibt es einen gemeinsamen Gottesdienstplan, der berücksichtigt, dass nicht mehr an jedem Sonntag in jeder Kirche ein Gottesdienst stattfindet", sagt Dietmar Zoller.

Für den Bezirk bieten sie aber flexible Formate an, teilen sich gemeindepädagogische Dienste, einen Kirchenmusiker und einen Jugendreferenten. Das findet er gut, denn: "Wir müssen dieses Kirchturmdenken überwinden." Im Dorf müsse man Kinder schließlich auch mal zu einem Sportverein im Nachbardorf fahren. Da könne man sich auch flexibel aussuchen, welcher Gottesdienst einen am Sonntag anspreche.

Dietmar Zoller: "Notwendig, dass man Kirchturmdenken überwindet"

Kritik aus Bad Bergzabern: Das Ehrenamt ist in Gefahr

Nun will die Evangelische Kirche weiter fusionieren. Aus den bislang 15 Kirchenbezirken sollen vier werden. Weiter sollen die Gemeinden zu Regio-Kirchengemeinden zusammengefasst werden. Und damit könnte es sein, dass die Gemeinden ihren Status der Körperschaft als öffentliches Recht abgeben.

Was kompliziert klingt, ist es auch. Sie können dann etwa nicht mehr über sich selbst verwalten oder kein Personal einstellen. Dietmar Zoller rückt seine runde Brille zurecht, überlegt kurz und erklärt: "Dann sind die Strukturen so, dass die Wege recht lang sind. Vor Ort hat man nur noch ein Budget und kann gar nicht selbstbestimmt Dinge entscheiden und auf den Weg bringen."

Die Wege werden länger - und weniger demokratisch

Zoller versucht, was kompliziert ist, herunterzubrechen, möchte erklären, was denn dann in Gefahr ist. Sein Beispiel: Bad Bergzabern beschäftigt eine Integrationsmanagerin, die Migrantinnen und Migranten hilft, Deutschkurse zu finden, bevor die offiziellen starten - denn auf die staatlich zugewiesenen Deutschkurse warten die Menschen teilweise monatelang. Das ist ein Posten, für den sich die Gemeinde entschieden hat, und den sie eigenständig finanziert.

Wenn man eine halbe Stelle mehr braucht, muss man sich alles übergeordnet genehmigen lassen. Dekan Dietmar Zoller

"Ehrenamt funktioniert erfahrungsmäßig durch viele Projekte", sagt Zoller. Jemand schlägt etwas vor, die Presbyter (die Gemeindeleitung) bespricht und entscheidet sich. Diese demokratischen Strukturen sind sehr alt - und in Bad Bergzabern ist man stolz darauf. Geben die Gemeinden den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts ab, geben sie auch ihre Rechte ab. Und die Befürchtung ist nun: "Wenn man eine halbe Stelle mehr braucht, muss man sich alles übergeordnet genehmigen lassen." Und: "Je weiter die genehmigende Behörde weg ist, desto schwerer wird es."

Deswegen ist der Dekan und Gemeindepfarrer Zoller dagegen, dass die Gemeinden diesen Status verlieren. Zumindest nicht alle. Denn einige Gemeinden müssen, wollen den Status auch abgeben. Denn klar ist auch: Die Kirche muss sparen und nicht alle Gemeinden können sich diesen Status noch leisten, nicht alle können ihre Gebäude selbst instand halten und die Verwaltungskosten zahlen.

Die Zukunft der Kirchen: "individueller und kontextueller"

Dass die Gemeinden zu sogenannten Regio-Gemeinden zusammengelegt werden, auch wenn sie dadurch Rechte verlieren - darin sieht der Jugendreferent Fabian Jungbär jedoch eine Chance. Und auch das Ehrenamt würde das aushalten - die Kirchen könnten ihre jetzigen Angebote ohnehin nicht mehr aufrecht halten.

Jungbär erklärt seine Meinung am Beispiel der Jugendreferenten: Aktuell hat jede Gemeinde einen eigenen, künftig soll es nur noch einen pro Regio-Gemeinde geben. Eine Person ist dann für ein größeres Gebiet zu ständig. Das heißt zunächst: "Wenn es mit den Stellen runtergeht, wird es auch mit den Angeboten runtergehen."

Fabian Jungbär vor einer weißen Wand

Jugendreferent Fabian Jungbär sieht in Veränderungen durch den Sparprozess auch eine Chance.

Die Evangelische Kirche kann individueller und kontextueller werden. Jugendreferent Fabian Jungbär

In Zukunft wird also nicht jede Gemeinde ein Ferienprogramm anbieten können, nicht in jeder Gemeinde wird es einen Jugendgottesdienst geben. Einen Schritt, den der Bezirk Bad Bergzabern schon gegangen ist. Ein Grund zum Verzweifeln sei dies aber nicht, meint Jungbär. Er sieht darin eine Chance: "Die Evangelische Kirche kann individueller und kontextueller werden." So könne sich die Kirche auf ihren Ursprung besinnen und die Angebote näher an den Menschen bringen.

Die Evangelische Kirche 2035

2035 wird die Evangelische Kirche der Pfalz eine andere sein, 2035 werden die Gemeinden anders sein - das ist klar. Die Frühjahrssynode wird sich auf Beschlüsse einigen, über die im Herbst abgestimmt wird. Dann wird Dietmar Zoller auch wissen, welche Rechte seine Gemeinde noch hat.

Sendung am Mi., 21.5.2025 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz