
Rheinland-Pfalz Amtsgericht Daun spricht Vermieter nach Tod eines Mieters frei
Das Amtsgericht Daun hat einen Vermieter freigesprochen. Sein Mieter war im Dezember 2023 unterkühlt unter anderem an einem Herzversagen gestorben.
Er soll seinem Mieter Ende 2023 Strom, Wasser und Heizung abgestellt und seinem Mieter keinen Schlüssel für ein neues Haustürschloss gegeben haben - wegen dieser Vorwürfe war der heute 79-jährige Vermieter der unterlassenen Hilfeleistung in Tateinheit mit Nötigung und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt.
Am Amtsgericht Daun hieß es aber heute: Freispruch. Denn: "Die Beweisaufnahme hat die Vorwürfe zu meiner Überzeugung nicht bestätigt", sagte die Richterin. Der Meinung waren auch Staatsanwalt und Verteidiger, die beide zuvor auf Freispruch plädiert hatten.
Wer hat Strom, Wasser und Heizung abgestellt?
Vorangegangen waren drei Verhandlungstage, an denen das Gericht mithilfe zahlreicher Zeugenaussagen versucht hatte, herauszufinden, ob der Vermieter das getan hatte, was ihm vorgeworfen wurde. Und ob das zum Tod seines Mieters geführt hat.
Abschließend konnte auch heute nicht alles geklärt werden. Was feststeht: Den Strom hatte nicht der Vermieter sondern der Versorger abgestellt, mutmaßlich wegen nicht bezahlter Rechnungen. Das belegt ein Schreiben.
Bereits am ersten Prozesstag hatten Zeugen berichtet, dass der Vermieter des Mehrparteienhauses immer wieder anscheinend willkürlich Heizung und Wasser abgestellt habe, wenn er Ärger mit seinen Mietern hatte. Teils hatten sie das aber nur von Dritten gehört und für einen Zeitraum, der weit vor dem Tod des Mieters lag.
Wusste der Vermieter von der Notlage seines Mieters?
Ein weiterer Mieter des Hauses sagte heute aus, er habe den verstorbenen Mieter öfter am Fenster gesehen. Der sei dann rausgekommen, man habe zusammen eine Zigarette geraucht und sich unterhalten. Bei solch einer Gelegenheit habe der später Verstorbene im November oder Dezember 2023 erzählt, dass Strom, Wasser und Heizung nicht funktionierten.
Ich hab zu ihm gesagt: Du musst dich darum kümmern, dass das wieder funktioniert. Zeuge im Prozess
"Darauf habe ich zu ihm gesagt: Dann musst du dich darum kümmern, dass das wieder funktioniert. Darauf sagte er: Ja, das mach ich morgen", berichtet der Zeuge. Es sei nicht darum gegangen, wer das alles abgestellt hat.
Der Staatsanwalt schloss daraus, dass sich nicht mehr feststellen lässt, ob der Verstorbene sich wegen Heizung und Wasser überhaupt an den Vermieter gewandt hat. Er und die Richterin stimmten überein, dass es auch sein könnte, dass der Vermieter gar nichts von der Notlage seines Mieters wusste. Zumal die anderen Mieter im Haus laut eigener Aussage Heizung und Wasser hatten.
Hatte der Mieter einen Schlüssel?
Auch der Vorwurf des fehlenden Schlüssels ließ sich nicht abschließend klären: Schon beim zweiten Verhandlungstag hatte der angeklagte Vermieter ausgesagt, dass er das Schloss der Haustür ausgetauscht, allen Mietern aber neue Schlüssel gegeben habe.
Der Mieter, der heute als Zeuge aussagte, bestätigte das: "Der Zylinder des Schlosses hat immer wieder gehakt. Das wurde neu eingebaut und dann wurde mir der neue Schlüssel in den Briefkasten geworfen."
Eine Polizistin, die nach dem Tod des Mieters gerufen worden war, bestätigte heute aber auch die Aussage ihres Kollegen aus der Vorwoche. Nämlich, dass kein Schlüssel des Mieters in die verschiedenen Türen des Mietshauses gepasst habe.
Aber: "Ein strafbares Verhalten konnte hier nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden", befand der Staatsanwalt. Es konnte im Prozess nicht widerlegt werden, dass der Vermieter seinem Mieter einen neuen Schlüssel gegeben hatte.
Zudem hatte der Bruder des Verstorbenen ihn zuletzt als verwirrt beschrieben. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass das Fehlen des Schlüssels auch damit zusammenhängen könnte. Die Richterin folgte dieser Einschätzung.
Wie ist der Mieter gestorben?
Richterin und Staatsanwaltschaft sahen deshalb den Straftatbestand der Nötigung - nämlich, dass der Vermieter seinem Mieter den Schlüssel bewusst vorenthalten hatte, um ihn zum Auszug zu zwingen - nicht bestätigt.
Bleibt noch der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung und unterlassenen Hilfeleistung. Dazu sagte heute der Notarzt aus, der nach einem Rettungswagen eintraf und den Mieter nach eigener Aussage klinisch tot vorfand. Zuvor war er von einer Bewohnerin des Ortes sitzend auf einer Mauer gefunden worden.
Bei 29 Grad fängt man an zu sterben, das hält man nicht aus. Notarzt
Der Notarzt habe dann versucht, den mutmaßlichen Willen des Mannes mit dessen Verwandten herauszufinden, um zu entscheiden, ob er nach den Sanitätern noch eine weitere Reanimation versuchen soll. Man sei aber zu dem Schluss gekommen, dass es keine Möglichkeit gab, den Mann ohne einen erheblichen Hirnschaden wiederzubeleben.
Der Mieter sei in einem verwahrlosten Zustand gewesen: "Er war eher untergewichtig, mager. Er war ungepflegt, darf man das so sagen?" Verletzungen habe der Mann aber keine gehabt. Am meisten schockiert habe den Notarzt aber die gemessene Körpertemperatur von 29 Grad.
So etwas gebe es normalerweise nur, wenn Skifahrer verschüttet werden: "So eine Körpertemperatur hatte ich hier noch nie, in den Alpen hat man das sicher öfter. Bei 29 Grad fängt man an zu sterben, das hält man nicht aus." Wie lange der Vermieter schon der Umgebungstemperatur von wenig mehr als 0 Grad ausgesetzt gewesen sein muss, konnte der Arzt nicht schätzen.
Nicht genügend Beweise für Verurteilung
Diese tödlich niedrige Körpertemperatur wäre für den Staatsanwalt die angeklagte fahrlässige Körperverletzung , sagte er in seinem Plädoyer. Allerdings lasse sich nicht mehr feststellen, dass das Auskühlen durch das Verhalten des Angeklagten verursacht wurde.
Denn wie auch der Verteidiger in seinem Plädoyer heute ausführte, hatte die Polizei weder zu Heizung, Wasser und Strom noch zur abgeschlossenen Haustür ermittelt, weil sie von einem natürlichen Tod ausgegangen war. Er war deshalb der Ansicht: "Spekulationen und Mutmaßungen reichen nicht aus, um meinen Mandanten zu verurteilen."
Der Angeklagte, für den die Richterin wegen seiner Schwerhörigkeit immer wieder Zeugenaussagen laut wiederholen musste, bedankte sich am Ende knapp für den Freispruch. Die Exfrau des Verstorbenen im Publikum protestierte hingegen, ihr würden die Worte fehlen.
Das parallele Verfahren gegen den Vermieter wegen Diebstahls und Hausfriedensbruchs, weil er eine Playstation aus der Wohnung des Mieters genommen haben soll, wurde während der Verhandlung auf Antrag des Staatsanwalts wegen Geringfügigkeit eingestellt.
Sendung am Mi., 21.5.2025 11:30 Uhr, SWR4 RP Studio Trier