
Nordrhein-Westfalen Messerangriff in Solingen: So geht es Überlebendem Hosseini heute
2024 hat Siavash Hosseini den Messerangriff in Solingen schwer verletzt überlebt. Nun beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen IS-Terroristen, der drei Menschen tötete und acht verletzte. Wie es Hosseini heute geht - und was er sich vom Prozess erhofft.
Zehn Sekunden, die nicht vergessen sind. Drei Tote und acht Verletzte hatte es im letzten August bei dem Attentat in Solingen gegeben. Einer der Verletzen: Siavash Hosseini. Mit 21 Stichen musste die Wunde genäht werden, die ihm der Angreifer mit dem Messer zugefügt hat.
Es waren Minuten, die das Leben von Siavash Hosseini komplett verändert haben. Das Ganze ist jetzt neun Monate her, die Narbe ist immer noch gut erkennbar. Breit zieht sie sich über seine Schulter. Das kann er verschmerzen. Den Anblick des Täters, der ihm direkt in die Augen geschaut hat, nicht. Auch ein dreiviertel Jahr danach holen den Iraner die Ereignisse ein. Er ist selbst erst im vorletzten Jahr nach Deutschland gekommen – geflohen aus dem Iran.
Aussage vor Gericht

Siavash Hossein überlebte das Solingen-Attentat schwer verletzt.
Im Prozess gegen den mutmaßlichen Täter, der im Auftrag des IS in Solingen drei Menschen auf einem bunten Stadtfest tötete und acht verletzt hat, wird auch Siavash Hosseini aussagen. Denn er ist selbst Opfer, kann sich aber gut an den Abend erinnern. Mit einem Freund aus Solingen war der Kölner an dem Abend zum "Festival der Vielfalt" gekommen, auf drei Bühnen feierte die Stadt ihren 650. Geburtstag.
Am Frohnhof hörte er gerade der Band zu, filmte noch, weil es ihm so gut gefiel. Auf dem Video, das er uns zeigt, bricht die Aufnahme nach 10 Sekunden ab, denn da entdeckt Hosseini im Augenwinkel einen dünnen dunklen Jungen. Der ihm plötzlich von vorne mit einem Messer in den Hals stechen will.
Er kann sich wegdrehen, deshalb landet das Messer hinten im Nacken. Als er realisiert, was passiert, sieht er auch schon Menschen neben sich zusammensacken – einer liegt jetzt mit offenen Augen auf dem Pflaster. Tot.
Narben auf der Seele
Die Polizei hat das Video intensiv ausgewertet damals. Er selbst hat es schon länger nicht mehr angeschaut, denn sofort kommen die Erinnerungen wieder. Die Narbe: immer noch gut sichtbar, aber verheilt. Nicht verheilt: die Narben auf der Seele. Die größte Angst hat Siavash vor der Nacht, denn dann kommen die Träume. "Ich sehe immer noch die Leute wegrennen und das viele Blut."
Das Leben ist ein bisschen normaler geworden in den letzten Monaten, aber die Fragen bleiben: Warum mussten die Menschen sterben? Warum können diese Leute einfach töten? Siavash sagt aber auch: "Wir müssen weiterleben, müssen vergessen."
Hoffnung auf ein hartes Urteil
Im Prozess ist er am 3. Juni als Zeuge geladen. Wie das genau ablaufen wird und was er alles gefragt wird, das weiß er noch nicht. Aber er erwartet viel. Dass es viel Öffentlichkeit und dass es ein hartes Urteil gibt. "Ich glaube, man muss ganz hart sein, damit es abschreckend ist."
Nach seinem ersten Interview kurz nach der Tat sei er mehrfach bedroht worden – "von solchen Leuten", sagt er. "Deshalb sollen die nicht wissen, wo ich wohne oder was ich mache. Die extremen Leute sind immer noch da. Am besten sofort abschieben diese Leute. Ich glaube, das ist der beste Weg."