Das neue Gerichtsgebäude für Cum-Ex-Prozesse in Siegburg

Nordrhein-Westfalen 428 Millionen Euro Schaden: Plädoyers gegen Cum-Ex Kronzeugen in Bonn

Stand: 26.05.2025 17:17 Uhr

Der Prozess gegen den Cum-Ex Kronzeugen Kai-Uwe Steck geht in die Endphase. Zum ersten Mal im Landgerichtsgebäude in Siegburg.

Von Jochen Hilgers

Der Strafprozess gegen Kai-Uwe Steck, einen Kronzeugen im Cum-Ex-Steuerkarussell, geht vor dem Landgericht Bonn in die Endphase. Durch Stecks Aussagen waren die Ermittlungen gegen Akteure und Banken vor rund zehn Jahren entscheidend vorangekommen. Trotzdem droht ihm eine empfindliche Strafe, da Stecks Handeln 428 Millionen Euro Schaden verursacht haben soll. Zudem findet zum ersten Mal ein Cum-Ex- Prozesstag im extra dafür gebauten Gerichtsgebäude in Siegburg statt.

Dass sich die Prozessbeteiligten heute schonen, wird wohl niemand an dem gut vierstündigen Tag im Gericht behaupten. Im Gegenteil, es wird mit ganz harten Bandagen gekämpft. Zunächst greift der Staatsanwalt den Angeklagten massiv an. Cum- Ex ist der Griff in die Kasse. Und das wusste der Angeklagte.

Mit hoher krimineller Energie und über einen langen Zeitraum habe er Cum-Ex Geschäfte entwickelt. Viele seiner Kunden stünden durch seine Beratung jetzt vor einem Scherbenhaufen. Entsprechend fordert der Staatsanwalt drei Jahre und acht Monate Haft für Kai-Uwe Steck, ein Berufsverbot als Anwalt für vier Jahre und die Einziehung von knapp 26 Millionen Euro aus dem Vermögen des Angeklagten.

Kronzeugentätigkeit nicht belohnt

Er habe seinen Mandanten im Plädoyer der Staatsanwaltschaft gar nicht wiedererkannt, sagt dann Gerhard Strate. Der 75-Jährige ist der Grandseigneur unter den Wirtschaftsstrafverteidigern. Der Hamburger hat im Gerichtssaal schon viel erlebt. Diesmal aber zeigt auch er sich erstaunt. Ohne seinen Mandanten wäre die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft Köln niemals soweit gediehen wie sie heute sei. 250 Stunden hatte er dort Angaben gemacht. In Prozessen andere Täter schwer belastet. Sein Mandant habe sich damals 2016 gar nicht bei den Ermittlern melden müssen, sondern könne wie viele andere Täter am Strand liegen, sagte Verteidiger Strate.

Er wirft die Frage auf, wie Cum-Ex Prozesse und Ermittlungen weitergehen sollen. Nach den Erfahrungen, die sein Mandant gemacht habe, werde wohl niemand mehr aussagen wollen. Es drohten Indizienprozesse mit Verlesung von Urkunden. Kai-Uwe Steck sagte in seinem letzten Wort, er habe wie kein anderer ausgesagt und das sei eine moralische Entscheidung gewesen. Er habe sich und andere nicht geschont. Und ihm sei versichert worden, nie auf einer Anklagebank zu enden. Eine solche Zusage gegeben zu haben, bestreitet die Staatsanwaltschaft vehement.

Gerichtsgebäude ohne Kantine

Bei den Plädoyers im Steck-Verfahren wurde zum ersten Mal überhaupt das für knapp 50 Millionen Euro extra für Cum-Ex-Verfahren gebaute Gebäude in Siegburg genutzt. Die von weither angereisten Prozessbeteiligten suchten in der Mittagszeit vergeblich eine Kantine oder zumindest eine Cafeteria. Beides gibt es in dem Gebäude aber nicht, da es nur an Prozesstagen öffnet und so lohnt sich der Betrieb nicht. Bis zum 3. Juni steht es wieder leer. Dann wird das Urteil gesprochen. Und bis Jahresende soll es ganze drei weitere Anklagen im Cum-Ex-Komplex geben. Die meiste Zeit wird das Gebäude also leer bleiben.

Unsere Quellen:

  • Reporter vor Ort