
Niedersachsen Urteil im VW-Dieselskandal: Ex-Manager schuldig gesprochen
Am Landgericht Braunschweig sind am Montag im Prozess zur Dieselaffäre vier ehemalige VW-Manager wegen Betrugs schuldig gesprochen worden. Rechtskräftig ist das Urteil nicht, die Verteidigung will Revision einlegen.
Das Gericht verurteilte zwei Angeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen: Ein ehemaliger Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung muss demnach viereinhalb Jahre ins Gefängnis, der frühere Leiter der Antriebselektronik für zwei Jahre und sieben Monate. Die Strafen der anderen beiden angeklagten Ex-VW-Mitarbeiter - ein früherer Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen und ein ehemaliger Abteilungsleiter - wurden zu jeweils drei Jahren auf Bewährung ausgesetzt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die ehemaligen Führungskräfte in den Dieselskandal verstrickt waren - die Manager und Ingenieure sehen sich dagegen als Bauernopfer.
Verteidigung legt Revision ein
Die Angeklagten hatten während des Prozesses eingeräumt, dass es Probleme mit den Dieselmotoren gab, es sei aber nie darum gegangen zu betrügen. Die Verteidigung will die Urteile anfechten und kündigte Revision an. Besonders für seinen Angeklagten sei die Kammer mit dem Strafmaß weit über das Ziel hinausgeschossen, sagte am Montag der Rechtsanwalt des früheren Leiters der Antriebselektronik.
Richter spricht von "komplexen" Verfahren
Die Staatsanwaltschaft hatte zwischen zwei und vier Jahren Gefängnis gefordert und hielt nur in einem Fall Bewährung für angebracht. Die Verteidigung dagegen plädierte auf drei Freisprüche und eine Verwarnung. Der Richter sprach im Rahmen der Urteilsverkündung davon, das Verfahren sei "komplex" gewesen. Viele Zeugen hätten "vorsätzlich unzutreffend oder unvollständig" ausgesagt, weil sie selbst strafrechtlich verfolgt wurden und auf Einstellung des eigenen Verfahrens gehofft hätten.
Die Urteilsbegründungen:
Im Fall des ehemaligen Leiters der Dieselmotoren-Entwicklung sprach der Richter am Montag von einem "prägenden Tatbeitrag" über mehrere Jahre. Er habe mit Vorsatz gehandelt, die "Weichen (für den weiteren Betrug seien) gestellt" gewesen, als er VW einige Jahre vor Bekanntwerden des Dieselskandals verließ. Auch beim früheren Leiter der Antriebselektronik liege es "offen auf der Hand", dass er mit Vorsatz gehandelt habe, so der Richter. Dass der Angeklagte von der verbotenen Funktion nichts gewusst haben könnte, "schließt die Kammer aus", hieß es weiter: Er "handelte als Täter". Der Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen hingegen habe spätestens im Mai 2013 von der verbotenen Funktion gewusst. Als er die Leitung übernahm, seien die wesentlichen Weichen beim Betrug schon gestellt gewesen. Der Vorwurf daher: Er habe es unterlassen, den weiteren Verkauf von Autos zu stoppen. Und der damalige Abteilungsleiter war aus Sicht des Gerichts an der Mitwirkung der Entwicklung der Fahrzeuge verantwortlich und hat damit einen "kausalen Beitrag" zum Verkauf der manipulierten Fahrzeuge geleistet.
Mehr als 170 Verhandlungstage, etwa 150 Zeuginnen und Zeugen
Mit dem Urteil endet nach fast vier Jahren ein Mammutprozess. Vorausgegangen waren mehr als 170 Verhandlungstage - etwa 150 Zeuginnen und Zeugen wurden befragt. US-Behörden hatten den Skandal 2015 aufgedeckt. Volkswagen hatte mit einer Software Abgaswerte von Dieselfahrzeugen manipuliert. Bis heute hat der Dieselskandal VW rund 32 Milliarden Euro gekostet. Der einstige VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn musste damals zurücktreten. Ursprünglich sollte er zusammen mit den vier Ex-Managern vor Gericht stehen. Weil er erkrankte, wurde sein Verfahren jedoch abgetrennt. Seitdem wird es separat geführt.
Weitere Gerichtsverfahren laufen
Der Richter stellte am Montagmorgen klar, dass nicht nur die vier Verurteilten verantwortlich im Rahmen der Dieselaffäre seien. Eine Vielzahl von Personen habe arbeitsteilig an dem Tatgeschehen mitgewirkt. Neben dem Winterkorn-Prozess gibt es weitere Gerichtsverfahren, darunter Strafprozesse gegen andere ehemalige VW-Manager, Zivilklagen von Kundinnen und Kunden sowie eine Sammelklage von Aktionärinnen und Aktionären. Allein in Braunschweig laufen noch vier Verfahren gegen insgesamt 31 Angeklagte.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 26.05.2025 | 13:00 Uhr