
Niedersachsen Landeskirche will Opfer sexuellen Missbrauchs stärker einbinden
Die evangelische Landeskirche Hannovers hat angekündigt, Betroffene sexueller Gewalt künftig stärker bei kircheninternen Entscheidungen zu diesem Thema zu beteiligen - etwa durch ein Rederecht vor der Synode.
Zudem solle es unter anderem eine Betroffenenvertretung für die Landeskirche geben, hieß es am Montag in Hannover. Damit reagiert das Kirchenparlament auf seit Jahren geäußerte Kritik: Immer wieder wird eine unzureichende Aufarbeitung der Landeskirche unter Bischof Ralf Meister bemängelt. Auch ein Rücktritt des Landesbischofs wurde bereits gefordert.
Tut der Landesbischof zu wenig beim Thema "Sexuelle Gewalt"?
Zuletzt hatte Nancy Janz einen Widerspruch zwischen öffentlichen Aussagen des Landesbischofs und konkreten persönlichen Taten bemängelt. Janz ist eine der Sprecherinnen im Beteiligungsforum Sexualisierter Gewalt der Evangelischen Kirche in Deutschland. Nach dem Kirchentag in Hannover sagte sie. "Er hat nicht verstanden worum es geht, er hat nicht verstanden, wie wichtig es ist, dort aufzutauchen und Gesicht zu zeigen. Ich finde dieses Verhalten ziemlich enttäuschend." Meister habe sich weder bei einschlägigen Veranstaltungen zum Thema blicken lassen, noch das Thema proaktiv gegenüber der Presse erwähnt. Meister entgegnete, dass er beim Kirchentag mehrmals klar Stellung bezogen habe. Er habe eindeutige Aussagen zum Thema Macht, zum Umgang mit betroffenen Menschen gemacht, auch zum Eingeständnis der Schuld, sagte der Landesbischof.
Die Beschlüsse der Landessynode im Überblick
- Redemöglichkeit vor den Mitgliedern der Landessynode: Zur XIII. Tagung der 26. Landessynode im November 2025 sollen Personen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, direkt zu den Synodalen sprechen können. Damit soll den betroffenen Personen eine direktere Beteiligungsmöglichkeit eröffnet werden.
- Betroffenen-Vertretung: Die 26. Landessynode unterstützt grundsätzlich das Ziel der Einführung einer gewählten Vertretung für von sexualisierter Gewalt betroffene Personen in der Landeskirche Hannovers. Die weitere Beratung und konkrete Gestaltung werden der 27. Landessynode überwiesen, da die Amtszeit der 26. Landessynode Ende 2025 endet. Doppelstrukturen mit Betroffenenvertretungen auf Ebene der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission für Niedersachsen und Bremen (URAK) und der Evangelischen Kirche in Deutschland sollen dabei ausdrücklich vermieden werden.
- Mitarbeit in Fachausschüssen: Die 26. Landessynode gibt durch eine Änderung ihrer Geschäftsordnung den Synodenausschüssen die Möglichkeit, ihre themenbezogenen Beratungen im Einzelfall für Dritte und damit auch für von sexualisierter Gewalt betroffene Personen zu öffnen.
- Niedrigschwellige Beteiligungsformate: Das Landeskirchenamt wird gebeten zu prüfen, ob durch die Beteiligung von externen fachlichen Beratungsstellen und Einrichtungen eine weitere niedrigschwellige Initiativmöglichkeit für Betroffenen geschaffen werden kann.
- Sprechende Person des Publikums: Über eine weitere Änderung der Geschäftsordnung hat die 26. Landessynode die Möglichkeit vorgesehen, dass auch zukünftig bei Plenarsitzungen eine Sprecherin oder ein Sprecher des Publikums tätig werden kann. Auf diese Weise können die Anliegen betroffener Personen gesammelt und vorgetragen werden.
Mindestens 190 Betroffene Opfer von sexueller Gewalt
Die hannoversche Landeskirche ist mit 2,1 Millionen Mitgliedern in 1.219 Gemeinden zwischen Harz und Nordsee die größte evangelische Landeskirche in Deutschland. Sie geht davon aus, dass seit 1946 mindestens 190 Betroffene in ihren Gemeinden oder Einrichtungen sexualisierte Gewalt erlitten haben.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Regional Osnabrück | 27.05.2025 | 08:30 Uhr