Junge Häftlinge werden im Gefängnis zu Brandbekämpfern ausgebildet

Niedersachsen Eine neue Chance: Junge Häftlinge werden zu Waldbrandbekämpfern

Stand: 30.05.2025 15:43 Uhr

Im Jugendgefängnis in Hameln werden Häftlinge zu Brandbekämpfern ausgebildet. Ein Pilotprojekt, bei dem sie nicht nur etwas über das Feuer lernen können, sondern auch über ihr Leben nach der Haft.

Hinter dem Stacheldrahtzaun kämpfen sieben junge Häftlinge gegen das Feuer auf einer Wiese. Sie tragen Feuerwehruniformen, Helme und Handschuhe. Mit schaufelartigen Feuerpatschen klopfen sie auf die brennende Fläche, dämmen die Flammen ein. "Wir arbeiten uns von beiden Flanken vor, bis die Flammen aus sind und wir das Feuer komplett eingekreist haben", erklärt Michael Herrmann den Häftlingen. Er bildet die jungen Männer im Gefängnis zu Brandbekämpfern aus, spezialisiert auf Vegetationsbrände.

Er hatte die Idee: Richter Michael Herrmann

Herrmann ist Vorsitzender Richter am Landgericht Lüneburg und Jugendrichter, außerdem selbst ein erfahrener Waldbrandbekämpfer. "Die Botschaft ist: Wenn ich in der Lage bin, einen Waldbrand zu bekämpfen, der ja schon ziemlich beeindruckend ist, dann bin ich auch in der Lage, mich anderen Herausforderungen zu stellen und Krisensituationen in meinem Leben zu meistern", sagt er.

Richter und Feuerwehrmann Michael Herrmann

Richter und Feuerwehrmann Michael Herrmann möchte die jungen Menschen für die Brandbekämpfung begeistern.

Erst Grundausbildung der Feuerwehr - dann Spezialisierung

Seit Monatsbeginn lernen die jungen Häftlinge die Grundlagen der Feuerbekämpfung. Erst zwei Wochen bei der Freiwilligen Feuerwehr, dann eine Woche spezialisiert auf Vegetationsbrände. Omid ist einer der Teilnehmer. Seinen Namen haben wir zum Schutz der Persönlichkeitsrechte geändert. "Ich dachte, das ist langweilig, das ist nichts für mich. Aber es war das Gegenteil: Es macht total Spaß, ich hab tolle Menschen kennengelernt", erzählt der 19-Jährige. In der Ausbildung lernen er und die anderen unter anderem, wie Löschmittel richtig eingesetzt werden und wie sie sich bei Gefahr verhalten.

Ausbildung in Theorie und Praxis

Die Ausbildung besteht aus Theorieunterricht und praktischen Übungen - wie dem Wiesenbrand auf dem Gefängnisgelände. Dabei sind auch Brandbekämpfer aus dem Ausland, die extra für das Projekt nach Hameln gekommen sind. Greg Jones zum Beispiel ist "Smoke Jumper" aus Kanada - eine Spezialeinheit der Feuerwehr, die mit Fallschirmen aus Flugzeugen springt, um Brände in abgelegenen Gebieten zu löschen. Er hat schon mit Menschen aus der ganzen Welt zusammengearbeitet - und glaubt, dass der Kampf gegen das Feuer die Teilnehmenden einen kann. "Brandbekämpfung bietet Teamwork, Disziplin und Entschlossenheit. Und das Gefühl, ein Teil von etwas Größerem zu sein. Verschiedene Leute, verschiedene Fähigkeiten, verschiedene Lebensgeschichten - und alle finden eine Rolle im Team", so Jones.

Junge Häftlinge werden im Gefängnis zu Brandbekämpfern ausgebildet

Bei einer Übung lernen die jungen Häflinge, wie sie einen Wiesenbrand bekämpfen können - unter anderem mithilfe von Feuerpatschen.

Häftling: "Ich möchte der Welt was zurückgeben"

Die Grundausbildung der Feuerwehr bietet das Jugendgefängnis in Hameln seinen Insassen bereits seit 2012 an. Seitdem hätten sich mindestens acht ehemalige Häftlinge der Freiwilligen Feuerwehr angeschlossen. "Ich möchte auf jeden Fall was aus meinem Leben machen. Ich möchte mich selbst ändern, ich bin gerade schon dabei. Aber ich möchte auch der Welt was zurückgeben", sagt Tim. Auch seinen Namen haben wir geändert. Das Feuer auf der Wiese der Haftanstalt ist nach 20 Minuten gelöscht. Michael Herrmann ist zufrieden mit seinen Lehrlingen: "Ich bin sehr beeindruckt. Sie haben jetzt schon eine Qualität und einen Standard erreicht, dass ich ruhigen Gewissens sagen kann, ich nehme sie auf jeden Einsatz mit."

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 30.05.2025 | 19:30 Uhr