
Mecklenburg-Vorpommern Nord Stream 2: Gerhard Schröder verteidigt Pipeline-Projekt
In einem Brief an den Untersuchungsausschuss im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern erklärt der Altkanzler, warum er auch heute noch den Bau der Nord Stream Pipelines durch die Ostsee für richtig hält. Direkt vor den Parlamentariern will er auch künftig nicht erscheinen.
Diese Woche tauchte Gerhard Schröder erstmals seit Monaten wieder in der Öffentlichkeit auf - zur Wahl des neuen niedersächsischen Ministerpräsidenten Olaf Lies im Parlament in Hannover. Eine echte Überraschung, hatte doch ein ärztliches Attest dem Altkanzler einen "schweren Burn-out" bescheinigt. Schröder hatte deshalb Ende Januar einen Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern abgesagt, in dem er zum Bau von Nord Stream 2 und zur umstrittenen Klimaschutzstiftung MV aussagen sollte.
Brief statt Zeugenaussage
Nach seinem Auftritt in Hannover wurde in der Landespolitik in Mecklenburg-Vorpommern die Vermutung laut, Schröder könne ja dann doch wohl auch vor dem Ausschuss als Zeuge erscheinen. Jetzt die nächste Überraschung: Schröder schickte dem Parlament eine schriftliche Aussage, einen vierseitigen Brief. Datiert ist er auf den 11. April dieses Jahres. Taufrisch ist das Schreiben also auch nicht. Klar wird daraus: der Altkanzler gedenkt nicht, demnächst nach Schwerin zu kommen. "Die Rücksprache mit meinen Ärzten hat ergeben, dass das Ziel einer stabilen Erholung bei der diagnostizierten Burnout-Symptomatik nur mit großer Geduld und keineswegs sicher in diesem Jahr zu erreichen sein wird." Ungewöhnliche Stress-Situationen seien zu vermeiden, so Schröder.
Schröder: Entscheidungen für Nord Stream 1 und 2 waren richtig
Den Kern einer möglichen Aussage wolle er deshalb in einem Brief an den Ausschuss schildern. Und da wird schnell klar: Schröder, der seit 2016 Vorsitzender des Verwaltungsrats der Nord Stream 2 AG ist, bereut seinen Einsatz für den Bau der Gaspipeline nicht. Ihm sei schon als Kanzler klar gewesen, dass Deutschland nur durch günstige Gasimporte seine Industrie wettbewerbsfähig halten könne. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe diesen Kurs dann fortgesetzt und auf Gas als Brückenenergie gesetzt. "Das war stets rational und für Deutschland vorteilhaft und diese Entscheidungen wurden nicht durch den schrecklichen Krieg in der Ukraine falsch", schreibt Schröder.
Schröder warb bei Schwesig für Nord Stream 2
Kritische Worte zu seinem alten Freund und Weggefährten Wladimir Putin finden sich in dem Brief nicht. Stattdessen verteidigt der Altkanzler weiter seinen Einsatz für Nord Stream 1 und 2. Er spricht von "Grundüberzeugungen", für die er geworben habe - auch in Mecklenburg-Vorpommern. Natürlich habe er deshalb mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) über das Projekt und Energiepolitik im Allgemeinen gesprochen. Wer die Idee zu der umstrittenen Klimaschutzstiftung gehabt habe, das wisse er nicht. Fraglich ist in dem Zusammenhang, ob der Ursprung in Schwerin oder Russland liegt. Schröder sei für die Stiftung gewesen, "da ich überzeugt war, diese Stiftung würde der Fertigstellung der Leitung ebenso dienen, wie sie für Aspekte der Umwelt einen Beitrag liefern würde".
Kritik aus dem Untersuchungsausschuss
Die Ausschussmitglieder reagierten verhalten auf den Brief des Altkanzlers. Der Vorsitzende Sebastian Ehlers (CDU) stellt vor allem fest, dass Gerhard Schröder wieder öffentliche Auftritte wahrnehme. "Ich wünsche ihm, dass er bald wieder gesund genug ist, um vor dem Untersuchungsausschuss auszusagen. Der Untersuchungsausschuss wird über das weitere Vorgehen zeitnah beraten", so Ehlers.
Damm: "Brief ersetzt keine Aussage"
Der Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, Hannes Damm, formuliert das schärfer: "Er kann sich nicht einfach aussuchen, ob und wie er aussagt. Die Verfassung gibt das Fragerecht den Abgeordneten, nicht dem Zeugen. Auch ein ehemaliger Bundeskanzler steht in einem Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht. Genau dieser Pflicht hat er sich bislang entzogen." Ein Brief ersetze keine konkrete, überprüfbare Aussage zu seiner Rolle in diesem zentralen energie- und sicherheitspolitischen Projekt.
Der Obmann der SPD-Fraktion im Untersuchungsausschuss, Thomas Krüger, begrüßte hingegen das schriftliche Statement des Altkanzlers. Für ihn reichen die Aussagen der schriftlichen Zeugenaussage Schröders aus. Die Rolle Schröders beim Nord Stream 2-Projekt sei ja allgemein bekannt.
Die AfD-Fraktion teilte mit, dass sie es begrüßt hätte, "wenn Herr Schröder seine Einschätzungen und seinen Standpunkt im Untersuchungsausschuss persönlich vertreten hätte". Für den Aufklärungsprozess wäre dies ein Gewinn gewesen.
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NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 22.05.2025 | 18:40 Uhr