
Hessen Prozess um falsche Ärztin: Angeklagte äußert Bedauern
Im Revisionsprozess gegen eine wegen dreifachen Mordes verurteilte falsche Ärztin hat die Angeklagte ihr Bedauern ausgedrückt. Ihre Verteidiger plädierten für eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung.
Sie bereue jede Sekunde, sagte die heute 54-Jährige am Montag in ihrem letzten Wort. "Aber die Zeit lässt sich nicht umdrehen. Daher bleibt mir nur eins: mich für die weiteren Umstände von tiefstem Herzen und aufrichtig zu entschuldigen", erklärte Meike S. bei der Fortsetzung des Revisionsprozesses vor dem Landgericht Kassel.
Drei Patienten starben durch Behandlungsfehler
Die Frau hatte sich mit einer gefälschten Approbationsurkunde eine Anstellung als Narkoseärztin in einem Krankenhaus in Fritzlar (Schwalm-Eder) erschlichen und war dort jahrelang tätig. Nach Überzeugung des Kasseler Landgerichts starben durch Behandlungsfehler der Frau drei Patienten, andere trugen schwere Schäden davon.
In dem neu aufgerollten Verfahren plädierten ihre Verteidiger am Montag für eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung. Verteidiger Jan Astheimer sprach sich für eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren aus, wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge beziehungsweise Körperverletzung im minderschweren Fall.
Sein Kollege Thomas Hammer plädierte für eine Haftstrafe zwischen sieben und acht Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung. Auf die Strafe sei die Zeit der Untersuchungshaft von fünf Jahren und sieben Monaten anzurechnen, so die Anwälte.
Verteidiger betonen den "Heilungswillen" der Angeklagten
Die Verteidiger betonten den "Heilungswillen" der Angeklagten, auch wenn außer Frage stehe, dass sie nicht über die erforderliche Qualifikation als Anästhesistin verfügt und sich die Tätigkeit erschwindelt habe. Sie habe sich nach Zeugenaussagen in hohem Maße für Patienten eingesetzt, sei als engagiert, empathisch und wissbegierig beschrieben worden.
Es habe seitens der Klinik keine Kritik an ihrer Arbeit gegeben, niemand habe sich beschwert oder ihr gesagt, dass sie unfähig für die Tätigkeit als Narkoseärztin sei. Ein Tötungsvorsatz scheide aus. Es gebe nicht den geringsten Hinweis, dass die drei Todesfälle von ihr intendiert oder in Kauf genommen worden seien.
Meike S. laut Gutachtern voll schuldfähig
Die Staatsanwaltschaft hatte 15 Jahre Haft für die Angeklagte wegen Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen und gefährlicher Körperverletzung in zehn Fällen sowie wegen Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen gefordert.
Die Nebenklage beantragte, die 54-Jährige wegen Mordes in Tateinheit mit Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen sowie der Verabreichung von Betäubungsmitteln zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu verurteilen und die besondere Schwere der Schuld festzustellen.
Meike S. weist zwei Gutachtern zufolge keine Persönlichkeitsstörung auf. Sie sei voll schuldfähig.
BGH: Tötungsvorsatz nicht ausreichend begründet
Im Mai 2022 war Meike S. unter anderem wegen dreifachen Mordes und versuchten Mordes in zehn Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die 6. Große Strafkammer stellte damals auch die besondere Schwere der Schuld fest.
Gegen das Urteil hatte die Angeklagte Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob die Entscheidung teilweise auf, weil er unter anderem den Tötungsvorsatz nicht ausreichend begründet sah. Die 10. Große Strafkammer des Landgerichts muss den Fall daher neu verhandeln und entscheiden. Ein Urteil soll am Mittwoch fallen.