Der Fuldaer Bischof Michael Gerber bei einer Ansprache

Hessen Bistum Fulda: Bischof Gerber erwartet Missbrauchsbericht mit Spannung

Stand: 27.05.2025 10:38 Uhr

"Wenn wir uns der Aufklärung nur wegen des gesellschaftlichen Drucks stellen würden, wäre dies zu wenig": Bischof Michael Gerber verspricht eine kritische und aufrichtige Aufarbeitung des Missbrauchsberichts im Bistum Fulda.

Die Kommission zur Aufklärung der Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs im Bistum Fulda wird ihren mit Spannung erwarteten Abschlussbericht voraussichtlich in den kommenden Wochen vorlegen. Der Fuldaer Bischof Michael Gerber kennt den Bericht nach eigenen Worten noch nicht - und sieht der Veröffentlichung mit großem Interesse entgegen.

"Ich rechne nach den Erfahrungen anderer Bistümer damit, dass der Bericht uns wichtige Erkenntnisse zur Vergangenheit bringen, aber auch Impulse für die Zukunft vermitteln wird", sagte Gerber am Dienstag in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Nur wer kritisch auf die eigene Vergangenheit zurückblicke, könne auch zuversichtlich in die Zukunft schauen, so der 55-Jährige, der auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist.

Aufarbeitung "aus eigenem Selbstverständnis heraus"

"Wenn wir als Kirche uns der Aufarbeitung nur wegen des gesellschaftlichen Drucks stellen würden, wäre dies zu wenig", betonte Bischof Gerber. "Nein, das geschieht aus unserem eigenen Selbstverständnis heraus." Dabei gehe es sowohl um den notwendigen kritischen Umgang mit der eigenen Geschichte als auch um den Respekt und die Achtung vor den unmittelbar Betroffenen.

Gerber erhofft sich von dem Bericht nach eigenen Worten Hinweise auf die zu ziehenden Konsequenzen. Er wolle nach der Lektüre mit der Kommission ins direkte Gespräch zu kommen, um auch selbst nachfragen zu können.

Änderung bei Priesterausbildung und "Seelsorge für Seelsorgende"

Das Bistum Fulda setze im Umgang mit Missbrauchsfällen seit Jahren auf eine umfassende Präventionsarbeit und eine "gewissenhafte Intervention, also die Art und Weise, wie wir auf neue Vorfälle reagieren", sagte er. Jetzt komme als dritte Säule die verantwortungsbewusste Aufarbeitung hinzu. Dabei müsse immer die Frage gestellt werden: "Welche konkreten Schlüsse ziehen wir denn aus der Vergangenheit?"

Auf Ebene der Bischofskonferenz werde beispielsweise bereits umfassend über neue Wege in der Ausbildung von Priestern nachgedacht, sagte Gerber. Es gehe aber auch darum, wem Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter mit Leitungsfunktion ihrerseits Rechenschaft ablegen müssten. "Wir müssen uns auch um die Begleitung derjenigen kümmern, die in Verantwortung stehen – konkret denke ich hier an die Seelsorge für Seelsorgende."

Tausende Opfer in Deutschland

Im Jahr 2018 hat die Katholische Kirche in Deutschland eine Untersuchung über den "Sexuellen Missbrauch an Minderjährigen" angestoßen. Forscher überprüften in diesem Zusammenhang rund 38.000 Personalakten von Klerikern aus den Jahren 1946 bis 2014.

Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz von damals identifizierten sie 1.670 potenzielle Täter und 3.677 Kinder und Jugendliche, die von sexueller Gewalt betroffen waren. Betroffene kritisierten später: Die Aufklärung müsse aus Sicht vieler Betroffener als gescheitert angesehen werden.

Ex-Pfarrer muss vier Jahre ins Gefängnis

Im Oktober vergangenen Jahres wurde ein 43 Jahre alter, ehemaliger Pfarrer aus Kalbach (Fulda) zu einer Gefängnisstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er zwischen September 2021 und Juli 2022 auf einer Chat-Plattform Kinder und Jugendliche kontaktierte.

Dort hatte er ihnen kinderpornografische Videos vorgespielt und sie aufgefordert, sich vor der Webcam auszuziehen und sexuelle Handlungen vorzunehmen. Davon fertigte er Aufnahmen an. Rund 70 Fälle waren angeklagt, die nicht identifizierten Opfer suchte er sich über das Internet auf der ganzen Welt.