Triathlet Tom Page

Hamburg Ironman-Tragödie vor zwei Jahren: "Wirbelsäule wie mein zerfetztes Rad"

Stand: 31.05.2025 17:37 Uhr

Vor zwei Jahren kam es auf der Radstrecke des Ironman Hamburg zu einem tödlichen Unfall. Ein britischer Amateur-Athlet überlebte - und erzählt erstmals öffentlich von dem tragischen Ereignis und seinem schweren Weg zurück in den Sport.

Von Hendrik Maaßen

Es soll der große Abschied von Jan Frodeno werden. Der Olympiasieger und dreifache Ironman-Weltmeister verabschiedet sich mit seinem letzten Rennen in Deutschland vom Profisport. Und alles scheint perfekt: Die Bedingungen sind hervorragend. Es ist sonnig, trocken - schon früh fliegen die Profis auf ihren Rennmaschinen am Elbdeich stadtaus- und dann auf derselben Straße wieder stadteinwärts.

Motorradfahrer kollidiert frontal mit Athleten

Doch dann kommt es zu dem tragischen Ereignis, das alle Beteiligten und Augenzeugen wohl nie vergessen werden. Der Fahrer eines Begleitmotorrades überholt die Spitzengruppe auf der linken Spur mit hoher Geschwindigkeit. Die Sportschau sendet live, auch den folgenden Moment. Außerhalb des Blickwinkels der Kamera kollidiert das Motorrad frontal mit einem entgegenkommenden Amateur-Athleten, einem jungen Briten. Im Livestream ist zu sehen, wie Trümmerteile und der Athlet auf die rechte Spur, mitten in die Spitzengruppe geschleudert werden.

Der 70-jährige Motorradfahrer verstirbt noch an der Unfallstelle. Der Triathlet wird schwerverletzt in ein Krankenhaus gebracht. Der 26-Jährige hat mehrere Wirbelfrakturen, gebrochene Rippen, verletzte Organe, die Lunge ist kollabiert.

Perfekter Start - "Es Spaß gemacht hat"

Erstmals spricht Tom Page nun mit dem NDR über den Unfall und seinen Weg zurück in den Sport.

Er war mit seiner Freundin nach Hamburg gereist, um seine erste Langdistanz zu absolvieren. Und der Tag startet für den Rookie perfekt: Nur 59 Minuten braucht er für die 3,8 Kilometer Schwimmen. Auch der Wechsel aufs Rad läuft gut. "Ich erinnere mich, dass ich mich richtig gut gefühlt habe. Es Spaß gemacht hat, die vielen Leute an der Strecke, dann kam ich zur ersten Verpflegungsstation und als Nächstes weiß ich nur noch, dass ich im Krankenhaus bin", erzählt Page.

Der Wettkampf läuft nach dem schweren Unfall weiter. Nachfolgende Athleten müssen an der Unfallstelle ihre Räder über den Deich schieben. Toms Freundin macht sich Sorgen, weil sie ihn nicht auf der Strecke entdeckt. Auch sie passiert die Unfallstelle. Erst bekommt sie die Information, er sei wegen eines Rad-Defekts im Besenwagen, berichtet Page. Dann erreicht sie die Hiobsbotschaft.

Über Tage wird Tom Page im Krankenhaus behandelt. Auf einmal klingelt sein Telefon: "Dann rief mich tatsächlich Jan Frodeno an und fragte, wie es mir geht." Der erfolgreichste deutsche Triathlet verspricht ihm, dem Amateur, zu helfen, kontaktiert seine Sponsoren. Page hat bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht richtig verstanden, was ihm passiert ist, schildert er.

Triathlet Tom Page liegt nach seinem schweren Unfal in Hamburg im Krankenbett

Tom Page nach dem Unfall im Hamburger Krankenhaus.

"Vielleicht ist es mein Glück, dass ich mich überhaupt nicht an den Unfall erinnern kann. So belastet es mich auch nicht so sehr. Erst, als ich mein Rad zurückbekam, habe ich gesehen, wie zerstört es war. Das Vorderrad zusammengefaltet, überall Risse und Brüche in der Kohlefaser. In dem Moment habe ich erstmals verstanden, was für Kräfte da involviert waren."

Ein neues Rad von Triathlon-Star Frodeno

Als Page wieder gesund ist, macht er mit seiner Partnerin eine Weltreise. Mit dem Fahrrad radeln sie von Singapur durch Asien und Europa nach Hause. Ein unvergleichliches Erlebnis.

Mittendrin kommt die Information, dass Triathlon-Star Frodeno ihm ein neues Rad und einen neuen Wettkampfanzug organisiert hat. "Wenn das nicht passiert wäre, wenn da nicht dieses tolle Rad zu Hause gestanden hätte, als ich zurückkam - ich weiß nicht, ob ich zum Triathlon zurückgekehrt wäre", sagt der heute 28-Jährige.

Doch die Leidenschaft ist wieder da. Und genau zwei Jahre nach dem schrecklichen Unfall steht das junge Triathlon-Talent wieder an einer Startlinie. Nicht in der Hansestadt, sondern bei einem kleinen Triathlon in der Nähe seiner Heimat Sheffield. "Es war nicht geplant, aber ich finde, es ist ein schönes Zeichen", sagt Page und schluckt.

Dieses Thema im Programm:
Sportschau | 01.06.2025 | 06:00 Uhr