
Hamburg Hamburg: Herausforderungen in der Club- und Livemusikszene
Ein Drittel der Hamburger Clubbetreiber sieht laut einer aktuellen Umfrage seine Existenz bedroht. Mit der heute startenden Clubwoche "Club mal anders" will die Szene auf ihre prekäre Lage aufmerksam machen.
Laut einer kürzlich stattgefundenen anonymen Umfrage, an der 56 Hamburg Clubbetreibenden teilgenommen haben, erklärt ein Drittel der Befragten, dass sie sich in ihrer Existenz bedroht sehen. Jeder fünfte Club erwäge sogar, den Betrieb in den kommenden zwölf Monaten komplett aufzugeben. Die Gründe: steigende Miet-, Energie- und Produktionskosten, späterer Vorverkauf, verändertes Gästeverhalten. Um auf diese schwierige Lage aufmerksam zu machen, startet am 21. Mai die Clubwoche in Hamburg - und das mit einem Programm, das auf dem ersten Blick nicht unbedingt mit Clubkultur in Verbindung steht.
Clubwoche in Hamburg soll auf schwierige Lage der Clubs aufmerksam machen
"Club mal anders": unter diesem Motto läuft die Clubwoche in Hamburg. Ins Leben gerufen hat sie das Clubkombinat, die Interessenvertretung der Clubbetreibenden, Veranstalter, Booker und Agenturen aus der Hansestadt. Thore Debor setzt sich hier seit 13 Jahren als Geschäftsführer für den Schutz und die Entfaltung der Livemusik und Subkultur ein. Die befände sich zurzeit besonders unter Druck. Auch bei Social Media werde das deutlich. Dort schreiben die Leute, dass die Clubs ihr Geschäftsmodell überdenken müssten. "Dass das Clubbetreibende seit jeher tun und immer am Zeitgeist der Musik sein müssen, sei mal dahingestellt. Aber wir dachten, es ist vielleicht ein gutes Momentum, das in solch einer Aktionswoche zu subsummieren und die Innovationskraft, die bei den Betreibenden steckt, beispielhaft aufzuzeigen." Dafür wurde die Aktion "Club mal anders" ausgedacht.

Thore Debor setzt sich als Geschäftsführer des Clubkombinat Hamburg seit 13 Jahren für den Schutz und die Entfaltung der Livemusik und Subkultur ein.
Veranstaltungen vom Tanzcafé für Ü60-Jährige bis Minigolf mit DJ
Mit verschiedenen Veranstaltungen in Hamburg will der Interessenverband zeigen, wie sich die Club- und Livemusikszene den aktuellen Herausforderungen stellen kann. Musikstätten, wie das Birdland, das Frauenmusikzentrum oder das Haus 73 am Hamburger Schulterblatt sind auf Anfrage kreativ geworden. Sie zeigen, wie resilient und anpassungsfähig Clubkultur sein kann. Mit einem Tanzcafé für über 60-Jährige, mit einem musikalischen Escape Room oder einem Minigolfclub, der von DJs bespielt wird.
Club unter freiem Himmel: Alltagsgeräusche werden zu Musik
Nicht im Club, sondern draußen unter freiem Himmel startet am Donnerstag ausgehend vom Musikladen Hanseplatte im Karoviertel ein sogenannter Hörspaziergang. Straßen, Parks und Hinterhöfe werden hier zu Konzerthallen und Alltagsgeräusche zu Musik. Der Hamburger Künstler Manuel Scuzzo organisiert diese "Moving Sounds". "Dieses Komponieren findet im Kopf statt, während man sich sehr aufmerksam diesen Klängen widmet und sie mal von der Funktion befreit und als etwas Eigenständiges wahrnimmt." Dann bekäme Manches einen musikalischen Zusammenhang und auch was Dialogisches, sagt Scuzzo. Das in einer kleinen Gruppe zu erleben, schaffe Verbindung. Die Hanseplatte fungiere hier als wichtiger Ort, erklärt Manuel Scuzzo. "Raus aus dem Plattenladen, über die Konzerte hinaus, durch die Nachbarschaft gehen und sich direkt mit der Nachbarschaft auseinandersetzen und da wieder einen Bezug herzustellen, das finde ich super spannend."
Mit Veranstaltungen auf Rückgang der Clubszene aufmerksam machen
Das Interesse an diesem Angebot ist so groß, dass Manuel Scuzzo am 12. Juni bereits einen Zusatz-Hörspaziergang plant. Ob dieser von insgesamt sechs Programmpunkten die Besucherinnen und Besucher der Clubwoche wirklich dazu animiert, wieder mehr auszugehen, in die kleinen Konzertsäle statt in die großen Arenen? Thore Debor vom Hamburger Clubkombinat weiß, dass sich mit dieser Aktion nicht gleich sämtliche Probleme der Clubbetreibenden in Luft auflösen. Aber: "Es geht uns erstmal um eine gewisse Öffentlichkeit, die sich überhaupt dem Thema weiter bewusst wird. Zu zeigen, Clubs sind dran. Wir haben eine Trendumkehr bei der Anzahl von Veranstaltungen, die war in den letzten Monaten eher rückläufig. Das heißt die Clubs haben ihre Programme runtergefahren. Jetzt haben wir wieder mehr Veranstaltungen."
Vom aktuell grassierenden Begriff "Clubsterben" nimmt Debor bewusst Abstand. "In Hamburg sind wir da Gott sei Dank, auch dank eines engagierten Senats durchaus weit von entfernt. Nirgendwo wird so viel in Clubkultur reininvestiert wie in Hamburg. Wir sind hier eigentlich auf einer Insel der Glückseligen und das Angebot ist da."
Clubförderung: Luft nach oben
Die Hamburger Kulturbehörde besitzt - anders als in Bundesländern wie Berlin oder Nordrhein-Westfalen - die finanziellen Mittel, um die Subkultur und Liveszene der Stadt zu fördern. Sie ist beispielsweise mit der Umsiedlung der Clubs Beat Boutique und Fundbüro, die den Bauarbeiten an der Sternbrücke weichen mussten, auch schon tätig geworden. Außerdem sollen neue Flächen für Open-Air- und Club-Veranstaltungen geschaffen werden, wie zum Beispiel im Oberhafenquartier.
Trotzdem sei in Sachen Clubförderung noch Luft nach oben, so Debor: "Die Räumlichkeiten sind das eine, Bezahlbarkeit von Newcomer-Konzerten wankt gerade. Von daher würden wir uns wünschen, dass dort auch noch mehr finanzielle Mittel reingehen, damit Hamburg sich als Musikstadt von der Elbphilharmonie bis zu den Clubs wirklich durchschlägt", sagt Thore Debor vom Hamburger Clubkombinat. Die Aktionswoche "Club mal anders" startet heute (21.5.) mit verschiedenen Veranstaltungen in Hamburg und geht bis Sonntag (25.5.).
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Der Morgen | 21.05.2025 | 07:40 Uhr