
Hamburg Gewalt in der Beziehung: Zoe Wees will das Schweigen brechen
Die Hamburger Sängerin Zoe Wees hat in der NDR Talksendung deep und deutlich über Gewalt durch einen früheren Partner gesprochen. Ihr Ziel: Das Thema aus der Tabuzone holen und anderen Betroffenen Mut machen, sich Hilfe zu suchen.
Zoe Wees wurde mit ihrem Song "Control" 2020 zum Star. Mit gerade einmal 18 Jahren landete sie in mehreren Ländern auf Platz 1. Ihre Stimme, kraftvoll und verletzlich zugleich, wurde schnell zu einem Markenzeichen. 2023 erschien ihr erstes Album "Therapy". Doch hinter den Erfolgen stand lange ein Leben im Schatten.
Beziehungsgewalt: Zoe Wees will Öffentlichkeit für das Thema
In der NDR Talkshow deep und deutlich hat sie von einer Beziehung erzählt, die von Angst, Gewalt und emotionaler Abhängigkeit geprägt war. "Ich möchte darüber sprechen, weil ich das Gefühl habe, dass es immer noch ein Tabuthema ist", so die Sängerin. "Ich versuche, mehr darüber zu reden, einfach weil ich Reichweite habe, die ich gerne für etwas Sinnvolles nutzen möchte."

Bei deep und deutlich erzählt Zoe Wees offen von einer toxischen Beziehung und ihrem Weg da raus.
Am Anfang sei ihr damaliger Freund "ein sehr lieber Mensch" gewesen, erinnert sich Wees. Es habe keine Anzeichen gegeben. "Nachdem wir dann zusammen waren, habe ich gemerkt, dass er irgendwie anders wird und mit mir nicht normal umgeht."
Die Gewalt begann mit Kleinigkeiten, wurde dann aber schnell gefährlich und mündete in körperlicher Gewalt. Besonders bedrohlich war für Zoe Wees dabei, dass sie an Epilepsie leidet. Körperliche Übergriffe konnten für sie lebensgefährlich sein.
Schweigen aus Angst vor weiteren Ausbrüchen
Aus Angst vor erneuter Gewalt sei sie jedoch oft still geblieben. "Ich habe versucht, so leise wie möglich zu sein, bis es irgendwann gar nicht mehr ging." Auch mit anderen darüber zu sprechen, fiel ihr schwer: "Ich habe auch Angst gehabt, darüber zu sprechen, weil ich nicht wollte, dass sich meine Leute Sorgen machen."
Mit der Zeit blieb die Gewalt nicht mehr unsichtbar. Menschen in ihrem Umfeld hätten Anzeichen gesehen - reagierten aber kaum: "Ich wusste, die sehen das, wollen das eigentlich ansprechen, halten sich aber zurück. Tief im Inneren habe ich mir gewünscht, dass mich jemand beiseitenimmt und mir eine Schulter zum Anlehnen gibt, damit ich einfach loslassen kann."
Nächtliche Rettungsaktion aus der Wohnung
Erst als Freunde ihres Partners Wees gegenüber ebenfalls gewalttätig wurden, rief sie erstmals Hilfe. Ihre Freundin und ihre Psychologin holten sie mitten in der Nacht aus der Wohnung: "Ich habe gezittert. Ich habe die schon gehört, ich habe die gesehen, aber ich konnte die nicht wahrnehmen."
Trotzdem blieb sie noch eine Weile in der Beziehung. Immer wieder kehrte sie zurück - und wurde irgendwann von ihrem Umfeld alleingelassen. "Ich habe sie immer wieder angerufen, sie haben mich da rausgeholt, ich bin aber wieder zurück", erzählt sie. "Irgendwann ist man selbst als Freundin müde davon."
"Schreib bitte darüber": Wendepunkt im Musikstudio
Die emotionale Abhängigkeit sei groß gewesen: "Ich wollte nicht alleine sein. Ich bin lieber bei ihm geblieben, als ganz alleine dazustehen." Der Wendepunkt kam im Musikstudio - einem Ort, der für Zoe Wees immer auch Schutzraum war. Dort saß sie eines Tages mit einem engen Freund, der sie dazu ermutigte, ihre Erfahrungen nicht nur zu verarbeiten, sondern auch mit anderen zu teilen. "Ey, bitte schreib darüber, schreib es auf, mach den Leuten Mut", habe er zu ihr gesagt. "Du hast dieses eine Leben - und das ist so wertvoll." Seine Worte gaben ihr Halt - und öffneten ihr die Augen. "Er hat mir zugesprochen. Und wahrscheinlich war ich dann auch einfach in mir drin so bereit, dass ich gesagt habe: Okay, jetzt - bis hier und nicht weiter."
Inzwischen lebt Zoe Wees in einer neuen Wohnung, hat sich räumlich und emotional von der Vergangenheit gelöst. Therapie, Schreiben und Gespräche mit Freunden haben ihr geholfen. Heute sagt sie: "Ich fühle mich so stark wie nie zuvor. Ich weiß jetzt, was ich will, was ich verdiene, was ich brauche, was ich möchte. Ich werde das nie wieder durchmachen."
Rat an Betroffene: Auf jeden Fall Hilfe holen
Und sie nutzt ihre Stimme - nicht nur musikalisch: "Ich würde den Betroffenen raten, dass sie sich auf jeden Fall Hilfe holen", sagt sie am Ende der Sendung. "Denn keiner wird jemals glücklich sein, wenn er sein Leben lang geschlagen wird. Und du hast wirklich nur dieses eine Leben."
Sollten Sie oder Menschen in Ihrem Umfeld von häuslicher Gewalt betroffen sein, ist das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" unter der Nummer 116 016 erreichbar. Das bundesweite Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben ist anonym, kostenfrei, barrierefrei und in 18 Fremdsprachen verfügbar. Das Hilfetelefon "Gewalt an Männern" ist unter der Nummer 0800 1239900 erreichbar.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | deep und deutlich | 14.06.2025 | 00:00 Uhr