Archiv: Blick über den riesigen EnBW-Solarpark im Oderbruch (Luftaufnahme mit einer Drohne).  (Foto: dpa)

Brandenburg Interview | Forschungsprojekt Biodiversität: "Es gehen viele Flächen für Photovoltaikanlagen drauf"

Stand: 27.05.2025 14:07 Uhr

Überall entstehen Solaranlagen, aber unter den Modulen ist kaum Platz für Artenvielfalt. Wie Pflanzen, Insekten und Stromerzeugung auf denselben Flächen zusammen funktionieren können, erläutert Pascal Scholz von der Hochschule Anhalt.

rbb|24: Herr Scholz, in vielen Städten in der Lausitz entstehen Solarparks. Steht das im Widerspruch zur Artenvielfalt?
 
Pascal Scholz: Es gibt einen großen Flächendruck, wir brauchen Flächen für Landwirtschaft, für Energieerzeugung, aber auch für Artenvielfalt. Unter den Solarmodulen sind die Bedingungen für die meisten Arten nicht so gut, aber auf den Flächen zwischen den Modulreihen. Wir haben Saatmischungen in den Solarparks getestet, um herauszufinden, welche Pflanzenarten dort gut wachsen und welche Insekten davon profitieren.
 
Die Flächen sind oft artenarm und stark von Gräsern dominiert. Deshalb arbeiten wir im Projekt Biodiv-Solar mit Partnern in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt, die uns Solarparks für unsere Forschung zur Verfügung stellen.

Warum ist der Solarpark Laubsdorf besonders für die Forschung geeignet?
 
Wir haben nach Solarparks gesucht, in denen noch keine Saatmischungen eingesät wurden. Das Gelände hat einen sehr großen Reihenabstand zwischen den Modulen, sodass wir wenig Verschattung in den Zwischenräumen haben. Wir wollen die Flächen für die Biodiversität aufwerten, sodass sie Rückzugsräume für verschiedene Tierarten bieten und als Nahrungshabitat dienen können.

Was haben Sie seit dem Start der Forschung 2021 herausgefunden?
 
Zum einen haben wir festgestellt, dass wir hochwertiges Grünland in Photovoltaik-Anlagen entwickeln können. Sehr gut funktioniert das auf ehemaligen Ackerstandorten, wie in Laubsdorf. Wir haben daneben erforscht, welche Voraussetzungen in Solarparks vorliegen müssen, sowohl auf technischer Seite. Alle Modell-Solarparks, in denen wir gearbeitet haben, hatten unterschiedliche Reihenabstände und Modulhöhen. Unser Ziel war herauszufinden, welche Saatmischungen in diesen Strukturen gut funktionieren.
 
Gerade auf ehemaligen Ackerflächen gibt es oft noch hohe Nährstofflasten, dadurch wachsen manche Arten deutlich höher als in der freien Landschaft. Solche Arten würden wir nicht mehr in die Modulzwischenräume säen, sondern eher an die Randbereiche, weil sie sonst zu schnell Verschattungen verursachen. Die Wilde Möhre zum Beispiel kann ziemlich hoch werden.
 
Es wäre natürlich einfacher, Regelsaatgutmischungen einzubringen, das heißt, wenige Arten. Aber wir haben ja nicht nur die Klimakrise, weswegen wir erneuerbare Energien brauchen - sondern auch einen großen Verlust an Biodiversität.

Wir haben das Problem, dass wir immer mehr Grünland in der Landschaft verlieren.

Werden die Pflanzen auch als Futtermittel verwendet?
 
Das ist ein Punkt, der immer schwierig ist. Häufig sind in den Auflagen von Solarparks sehr späte Schnittzeitpunkte festgeschrieben. Für die Futternutzung ist es dagegen wichtig, dass der Aufwuchs noch nicht so verholzt ist, also dass der Rohfaseranteil nicht so hoch ist, damit die Tiere das noch verdauen können. Man könnte Heu daraus machen, aber es ist Mehraufwand, der für die Unternehmen vergütet werden müsste.

Luftbild vom Kraftwerk Jänschwalde (Quelle: dpa/Jochen Eckel)
Zum Forschungsprojekt
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Fließt Ihre Forschung in die Planung neuer Solarparks ein?
 
In den Auflagen vieler Solarparks ist oft festgeschrieben, dass artenreiches oder extensives Grünland entwickelt werden soll, maximal zwei- bis dreimal im Jahr geschnitten. In der Praxis stoßen wir dabei aber oft auf ein großes Wissensdefizit, wie man solches strukturreiches Grünland überhaupt etabliert.
 
Wir haben im Rahmen des Projekts verschiedene Führungen auf den Solarparks durchgeführt. Unsere Projekterfahrungen tragen wir aktuell in einem webbasierten Planungstool zusammen. Dort finden externe Anlagenplaner, aber auch Interessierte aus Gemeinderäten, Informationen darüber, was auf ihren Flächen möglich ist. Außerdem bewerten wir, wie gut ein Anlagenkonzept aus Sicht der Biodiversität ist und zeigen, wo es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.

Was passiert, wenn die Flächen unter den Solarparks sich selbst überlassen werden?
 
Vielleicht mal andersherum: Durch Bestandserfassungen im Raum Bernburg haben wir festgestellt, dass sich in bestehenden Solarparks, die sich selbst begrünt haben, keine wertgebenden Grünlandarten finden.
 
Es gehen viele Flächen für Photovoltaikanlagen drauf, und wir haben das Problem, dass wir immer mehr Grünland in der Landschaft verlieren. Seit Jahren geht das zurück. Das ist jetzt die Möglichkeit, die Flächen, auf denen sich sowieso Photovoltaikanlagen befinden, mehrfach zu nutzen und artenreich zu gestalten, um den Schwund an Grünland ein Stück weit aufzuhalten. Wenn wir nicht aktiv pflegen und Saatgut einbringen würden, stünden die Chancen schlecht, dass sich dort verschiedene Arten von selbst entwickeln. Davon profitieren auch Insektenarten, wir konnten feststellen, dass unsere Wildpflanzen im Vergleich mehr Blüten und damit mehr Futter bieten.
 
Vielen Dank für das Gespräch.
 
Das Interview führte Iris Wußmann.

Sendung: Antenne Brandenburg, 27.05.25, 15:10 Uhr