
Berlin Berliner Wohnungsmarkt: Gewerbeflächen-Anbieter will leerstehende Büros zu Mikro-Apartments umwandeln
Die geringe Nachfrage nach Büroräumen macht auch Berlins großer Gewerbeflächen-Anbieterin GSG zu schaffen: In Kreuzberg stehen mehr als ein Fünftel ihrer Flächen leer. Nun soll aus einigen Wohnraum werden – aber nicht für den regulären Mietmarkt. Von Anja Herr
Wohnungen in Berlin sind knapp, Büros stehen leer – da klingt das, was GSG-Geschäftsführer Sebastian Blecke erläutert, folgerichtig: In geeigneten derzeit leerstehenden Büroräumen sollen künftig Menschen wohnen. "Wir prüfen das aktuell für mehrere Standorte", sagt Blecke.
Zur Umnutzung eines größeren Objekts in Kreuzberg in relativ zentraler Lage sei man bereits in konkreten Gesprächen mit einem Anbieter aus dem so genannten "Commercial Living"-Bereich, hier gehe es um eine Fläche von knapp 5.000 Quadratmetern. Ein weiteres Projekt ähnlicher Größe sei in Charlottenburg-Wilmersdorf angedacht, hier befinde man sich in der Sondierungsphase. Menschen, die eine klassische Mietwohnung suchen, bringen die geplanten Angebote allerdings nichts.

Bis zu 10.000 Quadratmeter "Möbliertes Wohnen auf Zeit"
Denn "Commercial Living" bedeutet: Die Wohnungen stehen nicht dem regulären Mietmarkt zur Verfügung, sondern werden möbliert und gewöhnlich für drei bis sechs Monate vermietet - deutlich teurer als Wohnungen auf dem regulären Markt. Für Vermieter, die eigentlich Büros im Angebot haben, könnte dies als lukrativer Ersatz dienen, wenn sie keinen Mieter finden.
Auch für die GSG erscheint eine solche gewerbliche Vermietung von Wohnraum offenbar attraktiv. Insgesamt gehe es um 8.000 bis 10.000 Quadratmeter "Möbliertes Wohnen auf Zeit", das jetzt geplant wird – wohl auch aus der Not heraus. Auffällig sei, dass bei der GSG der Leerstand am höchsten in Kreuzberg sei, mit 20 bis 25 Prozent. "Das überrascht etwas, da die Auslastung in zentralen Lagen traditionell hoch ist", sagt Geschäftsführer Blecke. In den letzten Jahren habe es sich bei Objekten der GSG aber anders entwickelt.
Drastischer Anstieg von Büro-Leerstand
Dass der Leerstand von Büros in Berlin in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen ist, zeigt auch ein aktueller Marktbericht des Finanzinstituts BNP Paribas: Standen im Jahr 2022 noch 676.000 Quadratmeter Büroflächen in Berlin leer, waren es im ersten Quartal 2025 nun 1,6 Millionen Quadratmeter – also deutlich mehr als doppelt so viel wie noch vor drei Jahren.
Einer der Gründe ist aus Sicht von Blecke, dass mehr im Homeoffice gearbeitet werde. Da derzeit noch weitere Büros gebaut werden, die demnächst fertig werden, rechnet Blecke damit, dass der Leerstand in Berlin insgesamt noch weiter steigt – von jetzt 7,6 Prozent auf etwa zehn Prozent Ende des Jahres. Dies könnte mehrere Anbieter auf die Idee bringen, unvermietete Büroflächen umzunutzen – und dort künftig lukrative Mikroapartments anzubieten. Dort wird dann zwar gewohnt, aber da sie vorübergehend und möbliert vermietet werden, gelten sie rechtlich betrachtet als Gewerbe.

Mieterverein reagiert auf GSG-Pläne mit Skepsis
Der Berliner Mieterverein betrachtet die Umnutzungspläne der GSG skeptisch: "Kurzzeitwohnen ist nur für wenige hochmobile und wohlhabende Menschen ein Modell", sagt Sprecher Sebastian Bartels. Dringend benötigt würden aber Wohnungen, die unbefristet, unmöbliert und zu sozialverträglichen Mieten angeboten werden. "Angesichts der enormen Wohnungsnot in Berlin ist derzeit alles daran zu setzen, Gewerbe zu echtem Wohnraum für Singles, Paare und Familien umzubauen", so Bartels weiter.
Es müssten nun Landes- und Bundesförderprogramme aufgelegt werden, damit Investoren, Genossenschaften und landeseigene Wohnungsunternehmen einen finanziellen Anreiz bekämen, Gewerbeflächen in klassische Mietwohnungen umzuwandeln. "Senat und Bezirke benötigen auch dringend einen Masterplan, um geeignete Objekte zu identifizieren und aktiv den Umbauprozess einzuleiten", sagt Bartels.
Umwandlung in reguläre Mietwohnungen zum Teil rechtlich unzulässig
Aber in welchen Fällen ist eine Umwandlung von Büroflächen in reguläre Mietwohnungen überhaupt möglich? Schwierig wird es, wenn sich das Gebäude in einem reinen Gewerbegebiet befindet – eine Umwidmung wäre dann nötig, verbunden mit hohem bürokratischem Aufwand. Einfacher ist es, wenn sich das Gebäude in einem so genannten Mischgebiet befindet, in dem planungsrechtlich sowohl Wohnen als auch Gewerbe zulässig ist.
Dennoch entstehen bei einer Umwandlung hohe Kosten, auch weil baurechtliche Standards beachtet werden müssen. Dazu gehören unter anderem Vorschriften zu Schallschutz und Lichtverhältnissen. Große und teure Umbaumaßnahmen sind oft notwendig, damit schließlich im Gebäude gewohnt werden darf.

Wunsch nach Abbau von Hürden
GSG-Geschäftsführer Blecke würde sich wünschen, dass die bürokratischen Hürden für Umwandlungen von Büroflächen zu Wohnraum gesenkt werden. "Die Politik sollte viel pragmatischer mit baurechtlichen Themen umgehen", sagt er. Nutzungsänderungen, Umwandlungen, die Neufassung von Bebauungsplänen – all das müsste einfacher möglich sein, so Blecke. Dies würde Anreize schaffen, leerstehende Büroflächen umzunutzen und Wohnraum zu schaffen.
Dass bei der GSG nun voraussichtlich bald Büroräume zu Mikro-Apartments werden, hält er für zukunftsweisend. Der Bedarf sei da, nicht zuletzt bei Unternehmen, die für bestimmte Zeiträume Wohnungen für ihre Mitarbeiter aus dem Ausland bräuchten. Es gehöre zur Strategie der GSG, nicht nur auf Büros zu setzen, sondern das Angebot vielfältiger zu halten und künftig auch mehr Wohnraum anzubieten. Das sei auch ein Gewinn für Berlin als Wirtschaftsstandort.
Sendung: rbb24 Abendschau, 23.05.2025, 19:30 Uhr