Sarah Wedl-Wilson vor der Fassade des Schlosses Sanssouci. (Quelle: dpa/Michael Bahlo)

Berlin Sparzwang setzt neue Berliner Kultursenatorin direkt unter Druck

Stand: 22.05.2025 08:50 Uhr

Die britisch-österreichische Kulturmanagerin Sarah Wedl-Wilson (parteilos) soll am Donnerstag als Berlins neue Kultursenatorin vereidigt werden. Die Herausforderungen des neuen Amts sind ihr bereits bekannt. Von Kirsten Buchmann

Kultur sei ihr Lebenselixier, sagt Sarah Wedl-Wilson. Für sie ist Kultur "ein Grundstein unseres Seins als Menschen". Sie selbst spielte schon früh Geige, unter anderem in Jugendorchestern. Ihr neues Amt als Kultursenatorin geht sie selbstbewusst an, "Ja, das passt", was auch andere finden. Zuspruch erhält sie aus der Berliner Kulturszene, die vor allem erwartet, dass Sarah Wedl-Wilson in Zeiten knapper Kassen für sie kämpfen wird. Die Intendantin der Staatsoper Unter den Linden, Elisabeth Sobotka, ist froh, "dass jetzt eine Frau Kultursenatorin wird, die wirklich etwas von dem, was wir tun, versteht, und die uns sicher mit Rat und Tat und mit Begeisterung durch diese schwierige Zeit bringen kann."

Berlins neue Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson wird vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner im Roten Rathaus vorgestellt. (Quelle: dpa-Bildfunk/Paul Zinken)
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Senatorin ohne Parteibuch

Positive Reaktionen auf die Personalie kommen auch aus der Politik. Melanie Kühnemann-Grunow, SPD, Mitglied im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses, sagt, als die designierte Senatorin ein paar Plätze von ihr entfernt im Ausschusssaal sitzt: "Die Freude ist auch auf Seiten der Koalition immens." Lächelnd bedankt sich Sarah Wedl-Wilson. Die Freude sei ganz auf ihrer Seite, "beziehungsweise die Ehre", dass der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sie für diese Amt vorgeschlagen habe. Dabei habe sie kein CDU-Parteibuch, denn sie sei eine gebürtige Britin mit österreichischem Pass.
 
In Österreich arbeitete Sarah Wedl-Wilson am Mozarteum in Salzburg unter anderem als Interimsrektorin. In Berlin war sie ab 2019 Rektorin der Hochschule für Musik Hanns Eisler, bis sie 2023 Kulturstaatssekretärin wurde.

Opposition will mehr Kommunikation

In Kulturausschusssitzungen des Berliner Abgeordnetenhauses schätzen Politiker ihre präzise Art. Gratulationen kommen daher auch aus der Opposition, sobald bekannt ist, dass Sarah Wedl-Wilson die Nachfolgerin von Kultursenator Joe Chialo (CDU) wird. Daniel Wesener von den Grünen wünscht ihr "im Sinne der Berliner Kultur viel Erfolg."
 
Sarah Wedl-Wilson gilt als Netzwerkerin. Viele erhoffen sich von ihr angesichts des Sparkurses in der Kultur mehr Kommunikation als von ihrem Vorgänger. Die angehende Senatorin signalisiert, sie wisse, dass eine "sehr schwierige Aufgabe" vor ihr liege. Es gehe nicht nur darum, "mit weniger Geld dasselbe zu machen wie bisher, sondern auch darum, gemeinsame Wege zu finden."

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Kultur-Dialog fortsetzen

Mit den massiven Kürzungen in seinem Ressort hatte Joe Chialo seinen Rücktritt begründet. Nun soll Sarah Wedl-Wilson die Herausforderungen bewältigen. Sie will den so genannten Kultur-Dialog fortsetzen, den sie schon als Staatssekretärin führte. Dabei sprechen der Regierende Bürgermeister und sie mit Kultureinrichtungen darüber, wie und wo sich sparen lässt. Insgesamt beträgt das Minus für ihr Ressort in diesem Jahr 130 Millionen Euro. In den beiden kommenden Jahren soll sich der Sparkurs laut Senats-Eckwerten noch verschärfen.
 
Kurz nachdem bekannt war, dass sie Kultursenatorin werden soll, bezieht Sarah Wedl-Wilson Stellung: "Das schaffen wir nicht, wir können diese hohe Summe nicht aus der Kultur in Berlin herausnehmen." Sie stehe vor der Herkulesaufgabe, "gemeinsam an der Seite von allen Kulturschaffenden in Berlin zu überlegen: Wie gehen wir damit um?"

Keine Einrichtung schließen

Sie will in ihrem Kultur-Dialog daher zum Beispiel überlegen, wo es zusätzliche Einnahmemöglichkeiten gebe. Denn als bisherige Kulturstaatssekretärin kennt Sarah Wedl-Wilson die Lage der Kultureinrichtungen in der Stadt angesichts des Sparkurses. Bisher seien deren Rücklagen aufgelöst worden, "Einmaleffekte" also. Jetzt gehe es aber an die Strukturen heran, sagt Sarah Wedl-Wilson. Eine Idee dafür liefert ihr offenbar die Berliner Opernstiftung, in deren Stiftungsrat sie früher saß. Nach deren Vorbild könnte Berlin landeseigene Bühnen - wie etwa das Deutsche Theater und die Volksbühne - unter ein Stiftungsdach bringen. Durchsetzen müsste die neue Kultursenatorin ein solches Modell aber gegenüber Beschäftigten, die unter anderem eine schlechtere Bezahlung befürchten.

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Immerhin hatte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner, als er Wedl-Wilson für ihr künftiges Amt vorstellte, das klare Ziel formuliert "keine Einrichtung zu schließen". Entgegen kam er Sarah Wedl-Wilson außerdem mit dem Gedanken, Sparvorgaben für die Kultur womöglich zeitlich zu strecken. Denn einige Vorschläge würden nicht sofort wirken, sagt Wegner: "Hier müssen wir gucken, wie wir nochmal einen Übergangszeitraum schaffen." Die Diskussion darüber werde im Senat und in der gesamten Koalition geführt werden müssen.

Baustelle Zentral- und Landesbibliothek

Zugleich gibt es für die neue Kultursenatorin weitere große Baustellen, wie etwa die Zentral- und Landesbibliothek. Sie ist momentan an zwei getrennten Standorten untergebracht, die beide sanierungsbedürftig sind. Joe Chialo hatte als Kultursenator vergeblich dafür geworben, sie an der Friedrichstraße im ehemaligen Lafayette-Kaufhaus an der Friedrichstraße unterzubringen.
 
Auch mit der freien Kulturszene, die wie Sarah Wedl-Wilson sagt, "Haut und Knochen" sei, das heißt unterfinanziert, wird sie sich beschäftigen müssen. So wurden wegen des Sparkurses bereits Gelder gestrichen, um Ateliers auszubauen. Auf sie warten Künstlerinnen und Künstler allerdings dringend. Sarah Wedl-Wilson wird auf viele offene Fragen Antworten finden müssen.

Sendung: Radioeins vom rbb, 22.05.2025, 07:00 Uhr