Installation "Constantly Moving Happiness Machine" von Anna Berry im Forschungscampus Dahlem. (Quelle:Anna Berry)

Berlin Ausstellung | Installation im Forschungscampus Dahlem:Eine Glücksmaschine zum Ankurbeln

Stand: 19.05.2025 14:53 Uhr

Die "Constantly Moving Happiness Machine" der Künstlerin Anna Berry setzt auf Interaktivität. Wer an der Kurbel dreht, kann nicht nur ein riesiges Mobile in Bewegung bringen, sondern auch das Nachdenken ankurbeln über das eigene Konsumverhalten. Von Marie Kaiser

Wie ein Karussell oder ein Mobile für Riesen sieht sie aus, die sich ständig bewegende Glücksmaschine von Anna Berry. An einer mechanischen Eisenkonstruktion baumeln etwa ein Dutzend zarter Papierobjekte. In Bewegung kommt die Maschine allerdings nur, wenn die Besucherinnen und Besucher der Aufforderung der britischen Künstlerin folgen und an einer Kurbel drehen. Dann beginnen sich die runden Papierobjekte zu bewegen - immer im Kreis und auch umeinander - wie Planeten in einem Sonnensystem. Ein zauberhafter Tanz von Papierkugeln beginnt, der uns dazu verleitet, immer weiter zu kurbeln, damit das schöne Spiel nicht aufhört.

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Kunst mit Dopaminschub

"Die Leute machen mit, weil es schön anzusehen ist. Man dreht den Griff und bekommt einen kleinen Dopaminschub, wenn man die hübschen Objekte in Bewegung setzt", erklärt Anna Berry im Interview mit rbb24. "Und hinterher merkt man, dass man ein bisschen manipuliert wurde, um vielleicht ein Rädchen in einer etwas größeren Maschine zu sein, der des Kapitalismus. Das Ganze funktioniert also als eine Art Metapher und ist ziemlich subversiv."

"Constantly Moving Happiness Machine" von Anna Berry.(Quelle:rbb/M.Kaiser)

"Constantly Moving Happiness Machine"

Die schöne Installation als Falle

Die schöne Installation ist also auch eine Falle. Die Papierobjekte strahlen etwas ganz Unschuldiges und Fragiles aus, denn Berry hat sie aus Buchseiten gefaltet. Über vier Monate hat sie mit dem Falten verbracht. Für die Künstlerin, die offen mit dem eigenen Autismus umgeht und die sich als "Outsider Artist" versteht, war das fast schon obsessive Falten ein ganz wichtiger Prozess. "Mein Gehirn funktioniert anders als das anderer Menschen. Für mich liegt zwischen der Sprache und Wirklichkeit eine riesige Kluft. Seit 15 Jahren versuche ich also, Sprache in physische Objekte zu verwandeln und mache Skulpturen aus Buchseiten, um diese Kluft zu überbrücken."

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Wer sich den kunstvoll gefalteten Papierplaneten nähert und versucht, zu lesen, was auf den Buchseiten geschrieben steht, kann nur einzelne Sätze und Worte entziffern. Es handelt sich um Texte der russisch-amerikanischen Schriftstellerin und Philosophin Ayn Rand, die als eine radikale Verteidigerin des neoliberalen Marktkapitalismus gilt. Unternehmer wie Elon Musk oder Jeff Bezos und Politiker wie Donald Trump berufen sich auf Rands Philosophie, die einen "rationalen Egoismus" predigt. Für Rand soll der Mensch als Individuum leben und vor allem an seine eigenen Interessen denken. Das Streben nach Wohlstand ist in diesem Denken kein Zeichen von Gier, sondern Ausdruck menschlicher Vernunft.

Anna Berry "Covid selfportrait no. 2",2021.(Quelle:Anna Berry)

Anna Berry, Covid selfportrait no. 2, 2021

Das Denken ankurbeln

Die schöne und verspielte Installation von Anna Berry ist also auch eine Maschine, die im besten Fall das Denken über die eigene Rolle als Konsument im Kapitalismus in Gang setzten soll. Berry erklärt die Idee hinter der "Constantly Moving Happiness Machine" so: "Die Ayn- Rand-Texte sind ein gutes Beispiel für den toxischen Individualismus, der dem Kapitalismus zu Grunde liegt. Ich wollte darüber nachdenken, wie leicht Menschen sich manipulieren lassen. Ich interessiere mich dabei für die 1920er Jahre, als Politiker die Ideen des Begründers der Psychoanalyse, Sigmund Freud, gezielt aufgegriffen haben, um Menschen ganz bewusst zu manipulieren und sie zu Konsumenten zu machen. Sie wollten ihre unbewussten Wünsche manipulieren, um sie zu wirtschaftlichen Akteuren zu machen. Ich finde es wichtig, dass wir uns die Psychologie, die dahinter steckt, bewusst machen. Gerade heute."
 
Eines ist Anna Berry dabei ganz wichtig. Sie wollte mit "The Constantly Moving Happiness Machine" keine didaktische Kunst machen: "Ich mag Kunst nicht als offensichtliche didaktische Propagada. Ich finde, Kunst sollte erfahrungsorientiert sein, tiefgründig und ursprünglich. Für mich ist es vollkommen in Ordnung, wenn die Leute die Installation einfach oberflächlich genießen und damit spielen."

"The Constantly Moving Happiness Machine" von Anna Berry ist ab 18. Mai bis 20. Juli 2025 zu sehen im DenkRaum "Zeit & Zeitlichkeit" des Forschungscampus Dahlem der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in der Lansstraße 8. Geöffnet ist am Donnerstag von 14 – 20 Uhr und am Sonntag von 11 – 18 Uhr.

Sendung: radioeins, 22.05.2025