
Bayern Parken unterm Solardach: Solar-Carports für die Energiewende
Am Königssee-Parkplatz bei Berchtesgaden tanken E-Autos jetzt auch lokalen Sonnenstrom. Klingt praktisch: Eine versiegelte Fläche wird doppelt genutzt und Autos vor Hitze, Schnee und Unwettern geschützt. Doch warum bleibt das in Bayern eine Ausnahme?
Bei der Einweihung des neuen Solar-Carports am Königssee-Parkplatz Ende Mai scheint keine Sonne. Dafür bleiben die Gäste dank der neuen Solar-Carports praktischerweise trocken. Knapp 5.000 Quadratmeter sind nun am Königssee-Parkplatz überdacht - darunter ist Platz für 273 Autos. An 62 Ladesäulen können E-Autofahrer ihre Autos mit Strom betanken und sollte die Nachfrage für den Ladestrom künftig steigen, ist noch Platz für mehr Ladepunkte. Damit ist der Solarcarport am Königssee der größte öffentliche Parkplatz mit Ladeinfrastruktur in Bayern.
Win-Win: Versiegelte Flächen für Stromproduktion nutzen
Toni Poettinger hat als Geschäftsführer bei der Watzmann Natur Energie GmbH die Solaranlage geplant. "Die Idee war, den Strom vor Ort auf bereits versiegelten Flächen zu erzeugen", sagt er. Man habe beste Voraussetzungen an den stark frequentierten Ausflugszielen Königssee und Jenner.
Wenn das Wetter schön ist, kommen viele Gäste und tanken den direkt produzierten Sonnenstrom. Poettinger spricht dabei von der sogenannten "Gleichzeitigkeit", die an schönen Tagen im April bereits bei 80 Prozent lag. Das bedeutet, dass der Strom, der durch die Sonne produziert wird, auch gleich zu 80 Prozent in die Autos geht und nicht ins Netz eingespeist werden muss.
Netzanschluss bei Schlechtwetter nötig
Um bei schlechtem Wetter zu überbrücken oder überschüssigen Strom einzuspeisen, ist die PV-Anlage über eine eigens gebaute Trafo-Station ans öffentliche Stromnetz angeschlossen. Wenn Gäste ihren Ladestrom per Tankkarte bezahlen, zahlen sie auch einen Teil davon in die Kasse der Watzmann Natur Energie ein.
Die Watzmann Natur Energie GmbH wurde 2021 als kommunale Öko-Stromversorgungs-Initiative gegründet. Gesellschafter sind die Gemeinden Bischofswiesen, Berchtesgaden, Schönau am Königssee, Marktschellenberg und Ramsau sowie die beiden Energieversorger Energie Südbayern und die Stadtwerke Bad Reichenhall.
Parkplatzgebühren finanzieren Solar-Carport
Zum Tankpreis dazu kommt noch das Tagesticket von neun Euro. Über die Parkgebühren hat die Gemeinde Schönau am Königssee ihren Teil des Projekts finanziert und mit 1,8 Millionen Euro die Carport-Überdachung und Unterkonstruktionen gebaut. Die restlichen 1,25 Millionen Euro hat die Watzmann Natur Energie für die PV-Anlagen und die Elektroinstallation gezahlt.
Das erste Jahr soll nun zeigen, ob die Betreiber am PV-Lade-Park nachjustieren müssen. Im Herbst wolle man sich noch mal zusammensetzen und berechnen, wie viel Strom die Autos im Schnitt verbrauchen und wie viel überschüssiger Strom ins Netz gespeist wird. "Dann entscheiden wir, ob es sinnvoll ist, dass wir einen Stromspeicher bauen, um den Strom erst abends ins Netz einzuspeisen", sagt Bürgermeister von Schönau am Königssee, Hannes Rasp.
Solar-Carports eher eine Seltenheit
Solar-Carports bleiben in der Region und auch in ganz Bayern noch die Ausnahme. Carport-PV-Anlagen haben aktuell noch deutlich höhere Investitionskosten als Agri-PV-Anlagen oder Installationen auf Dächern. "Dadurch bräuchte man deutlich höhere Einspeisevergütungen, um das finanziell darstellen zu können", sagt Christoph Kellner von der Chiemgau GmbH. Er ist Energiemanager bei der kommunalen Wirtschaftsförderung des Landkreises Traunstein und begleitet kommunale Projekte bei PV- und Windkraftanlagen. Kommt dann noch eine aufwendige Elektroinstallation mit langer Kabellegung zum Netzanschlusspunkt dazu, rechnet sich das Vorhaben umso weniger.
Warten auf Solarpaket 1 und Erleichterungen für PV-Anlagen
Um den Bau und den Betrieb von PV-Anlagen zu erleichtern, gibt es zwar bereits einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung. Das sogenannte "Solarpaket 1" stellt deutliche höhere Einspeisungsvergütungen auch für PV-Carport-Anlagen in Aussicht. Das Gesetz ist aber von der EU-Kommission noch nicht genehmigt worden. "Aber mit einer erhöhten Vergütung von bis zu 9,5 Cent pro Kilowattstunde würden Carport-Projekte in der Region Fahrt aufnehmen", sagt Kellner.
Crowdfunding am Königssee-Carport
Unabhängig von der Einspeisevergütung soll sich der Solar-Carport am Königssee in 15 Jahren rechnen. Das liegt auch daran, dass die Gemeinde die Investitionen für den Ladepark mit den Einnahmen aus den Parkplatz-Gebühren an dem hoch frequentierten Ausflugsziel abbezahlen kann. Ebenso wie die Wirtschaftlichkeit war den Projektleitern die Akzeptanz der Bürger vor Ort wichtig. Ein Viertel der Kosten, mit denen die Watzmann Natur Energie an den Solar-Carports beteiligt war, wurde als Crowdfunding-Projekt ausgeschrieben. 300.000 Euro seien Toni Poettinger zufolge nach drei Tagen restlos vergriffen gewesen. Gekauft wurden die Anteile von 500 bis 5.000 Euro fast ausschließlich von Landkreisbürgern. Die Anteile bekommen sie dann verzinst zurück.
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Quelle: Mittags in Oberbayern 27.05.2025 - 12:05 Uhr