
Bayern Atommüll in Kriegszeiten: Forderung nach schnellerer Endlagerung
Das Atommüll-Zwischenlager im Landkreis Günzburg ist das größte in Deutschland. 142 Castoren lagern hier. Der frühere Präsident des Bundesamts für die Sicherheit nuklearer Entsorgung, Wolfram König, verlangt eine schnellere Endlagerung.
Diesen Herbst sollen die Kühltürme in Gundremmingen abgerissen werden. Mit einer Höhe von rund 160 Metern sind sie das weithin sichtbare Zeichen des früheren Kernkraftwerks in der Region. Verborgen in einer Halle lagert dagegen ein Problem, das bislang ungelöst ist: hochradioaktiver Atommüll, der wahrscheinlich noch lange hier bleiben wird.
Der lange Weg zum Endlager
"Wenn es nur 90 Jahre bis zur Endlagerung dauert, wäre es schon das positive Szenario", erklärt Wolfram König, der frühere Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz und des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Nach derzeitigen Plänen wird es noch Jahrzehnte dauern, bis überhaupt ein geeigneter Standort für ein Endlager in Deutschland gefunden sein wird. Dann muss es erst noch gebaut und danach alle Castoren dort eingelagert werden. König appelliert, den Prozess deutlich zu beschleunigen, denn die Sicherheitslage in Deutschland habe sich verändert.
Radioaktiver Müll als Angriffsziel?
"Unsere Zwischenlager sind nicht auf kriegerische Ereignisse ausgelegt. Wir haben in der Ukraine erlebt, dass plötzlich Kernkraftwerke angegriffen werden. Das sollte uns eine Mahnung sein", sagt König. Er plädiert dafür, die Anforderungen an Zwischenlager an die neuen Umstände anzupassen.
König hatte nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center Castoren prüfen lassen und Anlagen gegen mögliche Attacken "gehärtet". Über Details kann er aus Sicherheitsgründen nicht sprechen, aber es sei wichtig, solche aus Sicht des Gegners "möglicherweise interessanten Ziele" schnell auszuschalten.
Klage gegen Standort Gundremmingen
Bis zum Jahr 2031 sollte ursprünglich ein geeigneter Standort für hochradioaktiven Abfall feststehen, doch nach dem Ausscheiden des Salzstocks Gorleben begann der Prozess von vorn. Die Suche könnte nun vielleicht erst in den 2060er oder 2070er Jahren abgeschlossen sein.
Die Genehmigung für das Zwischenlager in Gundremmingen läuft allerdings lange vorher aus und muss verlängert werden. Anwohner in der Region hatten zusammen mit der Bürgerinitiative "FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager" vor dem Verwaltungsgerichtshof in München geklagt. Sie fürchten, dass radioaktives Material austreten könnte. Das Gericht hatte im April vergangenen Jahres entschieden, dass der Standort weiter als Zwischenlager für Atommüll genutzt werden darf und eine ausreichende Vorsorge getroffen wurde.

Wolfram König, der frühere Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz und des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE).
Alternativen zum derzeitigen Zwischenlager
Die Frage, wo man die Brennelemente alternativ verwahren könnte, ist allerdings nicht leicht zu beantworten. Sie in Gundremmingen unterirdisch zu lagern, hält der Ex-Präsident des BASE für keine gute Idee. "Sie haben noch eine starke Restwärme, man müsste sie künstlich abkühlen. Fallen aber Anlagen aus, könnte das problematisch werden", sagt König. Doch könnte man nicht den Atommüll aller Zwischenlager an einem Ort aufbewahren? "Warum sollte eine Gemeinde das errichten? Es würde ähnliche Widerstände geben, wie bei einem Endlager", prognostiziert er.
Schnellerer Auswahlprozess
Das BASE will die Suche danach deutlich beschleunigen. Statt wie bislang zehn möglicher Standortregionen in Deutschland, könnte die Auswahl auf maximal sechs begrenzt werden, die dann eingehend geprüft werden.
Aktuell sieht das Gesetz noch vor, komplette Erkundungsbergwerke zu bauen, wesentlich schneller soll es mit modernen Bohrtechniken gehen. Der Ex-Präsident des BASE hofft, dass das Thema nach vorne auf der politischen Agenda rückt, denn im Koalitionsvertrag sei zum Thema Atomenergie und Endlagerung nichts zu lesen. "Leider hatte man in der Vergangenheit nur aus Katastrophen wie Fukushima oder Tschernobyl gelernt. Ich hoffe, es muss nicht erst wieder etwas passieren, bis man handelt."
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Quelle: Mittags in Schwaben 19.05.2025 - 12:00 Uhr