
Baden-Württemberg "Wilde" Pferde pflegen Bergweiden im Nationalpark Schwarzwald
An mehreren Stellen im Schwarzwald leben Gruppen von nahezu "wilden" Pferden. Die Tiere helfen dabei, die Bergweiden zu erhalten.
Über Jahrhunderte sind im Schwarzwald Bergweiden, sogenannte Grinden, entstanden. Heute drohen die Flächen wieder zuzuwachsen. Deshalb setzt man im Nationalpark Schwarzwald auf entfernte Verwandte der Wildpferde, um die Grinden zu pflegen und zu erhalten.
Alte Pferderasse zurück im Schwarzwald
Gerade mal eine gute Hand voll Pferde sind auf der rund 38 Hektar großen Fläche in der Nähe von Kniebis im Nordschwarzwald zu finden. Auf dem Gelände leben sie quasi völlig eigenständig. Menschen kommen in der Regel nur zum Medizincheck vorbei. Bei den Pferden handelt es sich um Koniks. Die Rasse ist den Wildpferden sehr ähnlich, die früher im Schwarzwald gelebt haben. Sie sind damit perfekt geeignet, um die Rolle der ausgestorbenen Tiere im Schwarzwald zu übernehmen.

Viel Platz: Hier können die Pferde tun, was sie wollen.
Nationalpark Schwarzwald - Pferde erhalten Artenvielfalt
Um ihre Aufgabe zu erfüllen, müssen die Pferde gar nicht viel tun: "Fressen, schlafen, einfach leben", erklärt Marc Förschler vom Nationalpark Schwarzwald. Das reiche schon aus, um die Bergweiden im Schwarzwald zu pflegen und zu erhalten. Und das wiederum sei wichtig für die Artenvielfalt.
Die Pferde sollen die Flächen pflegen und gestalten. Das ist viel einfacher, als wenn wir hier mit der Motorsäge durchgehen. Marc Förschler, Nationalpark Schwarzwald
Die Bergweiden sind ein besonderes Umfeld, ein Mix aus offenen Grasflächen und lichten Wäldern. Hier leben viele verschiedene Insekten, Vögel und Reptilien. Tiere, die in dichten Wäldern oder auf reinen Wiesen keinen passenden Lebensraum hätten. Um die Artenvielfalt zu erhalten, müsse man deshalb auch die Bergweiden erhalten, so Förschler.

Das Pferdeprojekt im Nationalpark Schwarzwald sorgt auch im Ausland für Interesse. Im Hintergrund informiert sich eine slovenische Gruppe bei einer Führung über das Konzept.
Erste Veränderungen sichtbar
Die Konik-Pferde schaffen das auf natürliche Weise, ganz ohne menschliche Eingriffe. Sie knabbern an Knospen, futtern Gras oder reiben sich an Bäumen und gestalten die Landschaft so ganz natürlich. Es gibt Flächen mit hohem Gras, mit flachem Gras, Sträucher und Bäume. Sogar der Kot der Pferde schafft neue Lebensräume. Laut Jörn Buse vom Nationalpark Schwarzwald gibt es rund 500 Insektenarten, die sich von dem Kot ernähren oder die Tiere jagen, die das tun.

Guten Appetit! Zu Fressen gibt es auf den Grinden mehr als genug für die Pferde.
Das Pferdeprojekt im Schwarzwald läuft mittlerweile bereits seit fünf Jahren. Die ländlichen Veränderungen könne man schon sehen. Bis sich die Auswirkungen auf die Artenvielfalt vollständig zeigen, dauere es aber länger, so Buse. Hinzu kommt, dass man gar nicht alle Auswirkungen kennt, die die Pferde auf die Natur haben. Die letzten Weidetiere haben vor Jahrhunderten im Schwarzwald gelebt, erklärt Buse. Daher lerne man auch viel dazu.
Weidetiere sind in den letzten 200 Jahren nicht im Schwarzwald gewesen. Wir müssen erst mal wieder lernen, welchen Einfluss die Tiere haben. Jörn Buse, Nationalpark Schwarzwald
Menschen sollen "Wildpferde" im Schwarzwald meiden
Früher lebten im Schwarzwald Auerochsen, Wildpferde und Wisente. Ihr Zuhause waren in der Regel die Grinden. Freilebende Artgenossen dieser Tiere sind im Schwarzwald heutzutage ausgerottet. Die Konik-Pferde sollen sie im Ökosystem ersetzen. Wirklich wild sind die Pferde aber nicht. Die Tiere werden nach Möglichkeit schon früh an Menschen gewöhnt. Das sei notwendig, um sie medizinisch untersuchen und behandeln zu können.
Wir haben eine Verantwortung für die Tiere. Die Pferde haben immer mal wieder kleine Verletzungen, da müssen wir helfen können. Thomas Gamio, Nationalpark Schwarzwald
Trotzdem sollten die Tiere nicht von Fremden gefüttert oder angelockt werden, betont Thomas Gamio vom Nationalpark Schwarzwald. Er besucht die Pferde täglich. Generell versuche man, den Kontakt mit Menschen für die Pferde so gering wie möglich zu halten. Die Pferde kämen gut alleine zurecht, würden Fremde sie füttern, könnte das im schlimmsten Fall sogar tödlich enden, so Gamio. Er bittet daher darum, die Tiere in Ruhe zu lassen und nur aus der Ferne zu bewundern.

Thomas Gamio vom Nationalpark Schwarzwald kontrolliert die Hufe der Pferde.
Koniks stammen aus dem Karlsruher Zoo
Die Konik-Pferde bleiben jetzt noch bis in den Herbst auf den Bergweiden im Schwarzwald. Zum Überwintern geht es dann in die Rheinauen in der Ortenau. Die Koniks stammen ursprünglich aus dem Karlsruher Zoo. Er ist auch Besitzer der Tiere. Neben den Konik-Pferden weiden im Schwarzwald auch noch Heckrinder, die den Auerochsen ähneln, Hinterwälder Rinder, Schafe und Ziegen. Das Ziel ist dasselbe: Lebensräume und Artenvielfalt erhalten, so natürlich wie möglich. Mit dem Menschen als stillem Beobachter.
Sendung am Do., 22.5.2025 6:00 Uhr, SWR4 BW am Morgen, SWR4 Baden-Württemberg