Schülerinnen und Schüler einer fünften Klasse einer Realschule sitzen während des Unterrichts in ihrem Klassenzimmer.

Baden-Württemberg Volksantrag: Verbindliche Grundschulempfehlung auch für Realschulen?

Stand: 26.05.2025 14:45 Uhr

Wer aufs Gymnasium will, muss in BW nun eine Empfehlung aus der Grundschule haben oder einen Test bestehen. Der Realschullehrerverband möchte das auch für die Realschule.

Von Astrid Meisoll, Lorenz Zeck

Damit Schülerinnen und Schüler aufs Gymnasium dürfen, brauchen sie eine entsprechende Empfehlung der Grundschule oder müssen einen Test absolvieren. Der Verband für Realschullehrer will das auch für die Realschulen durchsetzen und sammelt dafür Unterschriften.

Hälfte der Unterschriften in der Hälfte der Zeit

Der Verband der Realschullehrer ist zuversichtlich, dass er die nötigen Unterschriften für einen Volksantrag zur Einführung einer verbindlichen Grundschulempfehlung zusammenbekommen wird. Man habe bislang mehr als 20.000 der nötigen knapp 40.000 Unterschriften gesammelt, sagte die Vorsitzende des Verbands, Karin Broszat. Die Frist für die Unterschriftensammlung ist etwa zur Hälfte verstrichen, Ende November läuft sie ab. Offen ist, wie viele der Unterschriften am Ende gültig sind.

Ist das Volksbegehren erfolgreich, muss sich der Landtag mit der Initiative befassen. Mit dem Antrag will der Verband erreichen, dass die Empfehlung für den Übergang von der Grundschule ablaufen soll wie bei Gymnasien: Sind sich Eltern und Grundschule nicht einig, soll ein Potenzialtest über den weiteren Werdegang des Kindes entscheiden.

Volksantrag, Volksbegehren und Co. - Eine Übersicht
Ein Volksantrag richtet sich an den Landtag. Wenn ein Volksantrag Erfolg hat, muss der Landtag sich mit dem Thema des Antrags beschäftigen. Das kann jedes Thema der "politischen Willensbildung" sein - auch ein Gesetzentwurf. Damit sich der Landtag mit dem Antrag befasst, brauchen die Antragsteller die Unterschriften von mindestens 0,5 Prozent der bei der letzten Landtagswahl Wahlberechtigten: In Baden-Württemberg sind das knapp 39.000 Menschen. Ein Volksbegehren beantragen Bürgerinnen und Bürger bei der Landesregierung, genauer: beim Innenministerium. Dem Volksbegehren muss ein rechtlich einwandfreier Gesetzentwurf zugrunde liegen, für den die Antragsteller mindestens 10.000 Unterschriften von Wahlberechtigten gesammelt haben - dann lässt das Innenministerium das Begehren zu und weitere Unterstützerinnen und Unterstützer können sich ihm anschließen. Damit der Landtag über das Begehren abstimmt, muss mindestens ein Zehntel der Wahlberechtigten es unterstützen: In Baden-Württemberg sind das rund 770.000 Menschen. Für Volksantrag und Volksbegehren gilt: Alle, die unterzeichnen, müssen sich von ihrer Gemeinde auf diesem Formblatt bestätigen lassen, dass sie jeweils wahlberechtigt sind. Fehlt diese Bestätigung, zählt die Stimme nicht. Wenn ein Volksbegehren erfolgreich ist, aber der Landtag den dadurch eingebrachten Gesetzentwurf nicht annimmt, gibt es eine Volksabstimmung (auch "Volksentscheid" genannt). Alle in Baden-Württemberg Stimmberechtigten können dann mit "Ja" oder "Nein" über den Gesetzentwurf abstimmen. Das Gesetz ist beschlossen, wenn es:
  • 1. die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält und
  • 2. a) bei einfachen Gesetzen: diese Mehrheit aus mindestens einem Fünftel aller Stimmberechtigten besteht (in BW etwa 1,5 Millionen Menschen); beziehungsweise
  • 2. b) bei verfassungsändernden Gesetzen: diese Mehrheit aus mehr als der Hälfte aller Stimmberechtigten (in BW etwa 3,8 Millionen Menschen) besteht.
Auch auf Gemeindeebene sind solche direktdemokratischen Verfahren möglich. Hier heißen sie Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid. Ein weiteres Instrument zur Bürgerbeteiligung sind die sogenannten Bürgerforen (auch "Bürgerräte" genannt). Die Initiative geht hier aber nicht von den Bürgern selbst aus, sondern von der Regierung. Sie legt ein Thema fest, über das in dem Forum diskutiert werden soll. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden zufällig ausgewählt; Ziel ist eine möglichst große Vielfalt, was örtliche Herkunft, Alter, Bildungsabschluss und Migrationshintergrund betrifft. Man kann sich für so ein Forum also nicht selbst bewerben. Nach Abschluss seiner Beratungen legt ein Bürgerforum der Politik eine Empfehlung vor - die Entscheidung bleibt bei der Regierung und dem Parlament.

Verband sieht Eigenständigkeit der Schularten in Gefahr

Der Verband argumentiert, dass mit einer verbindlichen Empfehlung für die Realschulen die Existenz und Eigenständigkeit aller Schularten gesichert wird. Diese sieht der Verband in Gefahr. Der Werkrealschulabschluss wird nämlich künftig nicht mehr angeboten. Der Verband befürchtet deswegen, dass Schüler mit Werkreal- und Hauptschulniveau auf die Realschulen kämen. Aktuell sind die Realschulen nach den Gymnasien die zweitbeliebteste Schulart im Land.

Lehnt der Landtag den Volksantrag ab, können die Initiatoren ein Volksbegehren starten. Dafür müssen innerhalb von sechs Monaten rund 770.000 Unterschriften gesammelt werden. Am Ende könnte dann eine Volksabstimmung stehen.

Sendung am Mo., 26.5.2025 13:30 Uhr, SWR1 BW Nachrichten

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