Prozessauftakt am Landgericht Heidelberg: Die Beschuldigte unterhält sich mit ihrem Verteidiger.

Baden-Württemberg Tochter mit Keimen infiziert - drei Jahre Haft für Mutter

Stand: 21.05.2025 10:46 Uhr

Das Landgericht Heidelberg hat eine 26-jährige Frau am Dienstag zu drei Jahren Haft verurteilt. Sie hat nach Überzeugung des Gerichts ihre Tochter absichtlich mit Keimen infiziert.

Von Danilo Quarta

Eine 26-jährige Frau hat ihr Kind bei einem Krankenhausaufenthalt über einen Venenzugang wiederholt mit Keimen infiziert. Der Vorwurf im Prozess gegen sie vor dem Landgericht Heidelberg lautete auf Misshandlung Schutzbefohlener und gefährliche Körperverletzung. Das Gericht verurteilte die Frau am Dienstag zu drei Jahren Haft. Es ordnete die Unterbringung in die Psychiatrie an. Das heißt, die Verurteilte wird zunächst in die Psychiatrie eingewiesen. Die fällige Haftstrafe wird möglicherweise im Anschluss vollstreckt.

Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten sowie die Unterbringung in der Psychiatrie gefordert. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Laut Gericht gibt es keine Hinweise darauf, dass das Kind bleibende Schäden davongetragen hat.

Frau leidet offenbar an Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom

Die Verurteilte leidet offenbar am sogenannten Münchhausen-Syndrom, das sie offenbar auch auf ihre Tochter ausgedehnt hat. Eine solche Übertragung wird dann als "Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom" bezeichnet. Dabei machen die Betroffenen andere Menschen krank, um für sich selbst Fürsorge und Anerkennung zu erlangen.

Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom
Beim Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom will die betroffene Person einen anderen Menschen absichtlich krank machen oder krank erscheinen lassen, um selbst Aufmerksamkeit, Mitleid oder Anerkennung zu bekommen. Opfer sind häufig Kinder. Beim klassischen Münchhausen-Syndrom macht sich die Person selbst krank oder täuscht Krankheiten vor.

Kind wegen starken Fiebers in Behandlung

Im Sommer 2023 war das damals dreijährige Kind im Uniklinikum Heidelberg in Behandlung. Dabei wurde ihr ein Venenzugang gesetzt. Das Kind litt unter starken Fieberschüben, die immer wieder auftraten. Das Gericht geht davon aus, dass die Mutter ihre Tochter über den Venenzugang mit Keimen infiziert hat.

Gutachter: Natürliche Infektion unwahrscheinlich

Ein Gutachter hielt im Laufe des Prozesses eine natürliche Ursache der Infektion für höchst unwahrscheinlich. Eine Kontamination im Labor oder durch die Katheternadel sei ebenfalls unwahrscheinlich.

Mutter fiel durch ihr Verhalten auf

Eine Kinderkrankenpflegerin berichtete im Zeugenstand, dass die Mutter immer wieder aufgefallen sei. So soll die Mutter mehrfach durchgesetzt haben, dass jeweils ein neuer Venenzugang gelegt wird, obwohl das nicht zwingend nötig gewesen sei.

Sendung am Di., 20.5.2025 17:30 Uhr, SWR4 BW Studio Mannheim - Regionalnachrichten

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