
Baden-Württemberg Rudersberg: Statt Stolpersteinen erinnert Stolperschwelle an Arbeitserziehungslager
Im Arbeitserziehungslager Rudersberg hat die Gestapo Tausende Frauen zur Zwangsarbeit gezwungen. 80 Jahre später wird an die Frauen gedacht - mit einer Stolperschwelle.
In Rudersberg (Rems-Murr-Kreis) hat der Künstler Gunter Demnig am Montag eine sogenannte Stolperschwelle verlegt. Damit soll an die Opfer des Arbeitserziehungslagers für Frauen erinnert werden. Während der Zeit des Nationalsozialismus hatte die Gestapo die Rudersberger Gaststätte "Zur Ritterburg" übernommen und diese zu einem sogenannten Arbeitserziehungslager für Frauen umbauen lassen. Von 1942 bis 1945 waren hier insgesamt mehr als 3.000 Frauen inhaftiert, so die Historikerin Sonja-Maria Bauer.
Arbeitserziehungslager: Prügel, Schikane, wenig Essen
"Sie verrichteten Zwangsarbeit in der Landwirtschaft, im Handwerk und in kriegswichtigen örtlichen Betrieben. Einige von ihnen wurden von hier in Konzentrationslager deportiert und dort ermordet", heißt es in Bauers Forschung. "Schon bei geringen Verstößen konnten Menschen ohne richterlichen Beschluss, allein auf Verfügung der Gestapo, in ein solches Lager eingewiesen werden." Prügel, Schikane, wenig Essen und mangelhafte Hygiene sollen auf der Tagesordnung des Arbeitserziehungslagers gestanden haben. Laut der Historikerin starben zwei junge Frauen an den Misshandlungen.
Stolperschwelle in Rudersberg verlegt
Anlässlich des 80. Jahrestags zur Befreiung des Arbeitserziehungslagers gab es um die Mittagszeit eine Gedenkfeier vor dem Rathaus. Unter anderem lasen Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums Rudersberg die Namen der inhaftierten Frauen vor. Die Stolperschwelle wurde wenige hundert Meter vom Rathaus entfernt, vor dem ehemaligen Arbeitserziehungslager in den Boden eingelassen. Verlegt wurde sie von Gunter Demnig und seiner Stiftung. Er hat die Stolpersteine und Stolperschwellen erfunden.
"Es gibt Orte, an denen hunderte oder vielleicht sogar tausende Stolpersteine verlegt werden müssten, aber an denen der Platz nicht ausreicht oder die Dimension jede Vorstellungskraft sprengen würde. In diesen Fällen bietet sich eine Stolperschwelle an", heißt es auf der Homepage der Stiftung.
Demnig verlegt mehrere Stolpersteine in der Region Stuttgart
Insgesamt hat Gunter Demnig mit seiner Stiftung bereits in rund 1.200 Kommunen Stolpersteine und Stolperschwellen verlegt. Sie stehen in erster Linie Mordopfern des Faschismus, aber auch Überlebenden der betroffenen Familien zu. Der deutschlandweit bekannte Künstler ist bereits seit einigen Tagen in der Region Stuttgart unterwegs, um Stolpersteine in Esslingen, Sindelfingen (Kreis Böblingen) und Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg) zu verlegen.
Sendung am Mo., 26.5.2025 18:00 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW