
Baden-Württemberg In Oberschwaben herrscht Hochsaison für Rehkitzretter
Für Rehkitzretter in Oberschwaben herrscht bis Ende Juni wieder Hochsaison. Einige von ihnen erwarten schon diese Woche viele Einsätze, um Rehkitze vor dem Mähtod zu bewahren.
Rehkitze vor dem Mähtod zu bewahren: das ist für viele Jäger jetzt wieder Grund, mit anderen Helfern ehrenamtlich auf die Pirsch zu gehen. Mit im Gepäck sind Drohnen mit Wärmebildkamera, die die Rehkitze im hohen Gras aufspüren können. Einige der Rehkitzretter erwarten schon ab dieser Woche viele Einsätze - vorausgesetzt, die Landwirte melden, dass eine Mahd ansteht.
Landwirte sollen Rehkitzretter über anstehende Mahd informieren
Wenn die Landwirte diese Woche mit ihren Mähmaschinen durch die Wiesen fahren, wird es gefährlich. Denn die Rehkitze verstecken sich vor Fressfeinden im hohen Gras, man kann sie nicht sehen. Und sie flüchten auch nicht vor dem Lärm der Maschinen. Deshalb sollten Landwirte die Retter unbedingt informieren, wenn eine Mahd ansteht, so Jäger Christian Feist aus Horgenzell-Hasenweiler (Kreis Ravensburg).

Ein Rehkitz in einer Wiese: Rehkitzretter im Kreis Ravensburg konnten es vor dem Mähtod bewahren.
Dann könnten die Kitze frühmorgens per Drohnen mit Wärmebildkameras entdeckt und gerettet werden. Man sei etwa ab 5 Uhr früh unterwegs, im Juni sogar ab 4 Uhr. Denn tagsüber, wenn es warm wird, seien die Bilder der Wärmebildkameras nicht mehr vernünftig zu analysieren. Werde ein Kitz entdeckt, lotse man einen ehrenamtlichen Retter per Funk zu ihm, um es aufzunehmen. Dann bringe man es an den Wiesenrand, stülpe einen Wäschekorb über das Jungtier und fixiere den Korb. Sei die Wiese gemäht, werde das Rehkitz wieder freigelassen, so Feist.
Handschuhe sind bei der Rettung Pflicht
Absolute Pflicht bei der Rettung der Tiere sind Handschuhe. Ansonsten würde sich der Geruch des Menschen auf die Jungtiere übertragen und Fressfeinde anlocken, heißt es in Internetforen von Rehkitzrettern. Frisch gesetzte Jungtiere nämlich hätten - zum Schutz vor Jagdtieren - noch keinen Eigengeruch. Dass die Mutter das Tier wegen des Menschengeruchs nicht mehr annimmt, ist eine inzwischen umstrittene Behauptung.
Auf die Suche nach Rehkitzen in Wiesen gehen die Retter ab etwa Mitte oder Ende April. Dem Verein "Wildrettung Amtzell" (Kreis Ravensburg) gelang es seitdem, rund 30 Kitze zu retten. Unklar sei, wie oft dabei ein und dasselbe Rehkitz gerettet wurde, meint Kitzretter Krischan Birk, ebenfalls Jäger. Man müsse mit Zahlen daher vorsichtig sein.
Ohrmarken schaffen besseren Überblick über Zahl der Tiere
Einen besseren Überblick haben die Rehkitzretter im Raum Hasenweiler. Sie versehen die gefundene Kitze mit einer Ohrmarke der Landeswildforschungsstelle mit Sitz in Aulendorf (Kreis Ravensburg). Die Marken hätten jedes Jahr eine andere Farbe, erklärt Jäger Christian Feist. So habe man gesehen: Bei der Rettung von Tieren seit April sei es immer um dieselben zwei Jungtiere gegangen. Die Marken haben laut Feist aber noch einen Vorteil: Jahre später lasse sich an den Ohrmarken das Alter eines Tiers erkennen.

Rehkitz mit Ohrmarke: Mit ihr ist klar, wieviel unterschiedliche Tiere wirklich gerettet wurden.
Neue Gefahr durch immer größere Mähmaschinen
Rehkitzretter ist auch Alex Dreher vom Verein Wildtierrettung Bad Waldsee (Kreis Ravensburg). Er ist mit Mitstreitern im Raum Bad Waldsee und Bad Wurzach unterwegs, um Rehkitze vor dem Mähtod zu bewahren. Dreher warnt dabei vor einer neuen Gefahr aus der Landwirtschaft. Weil die Mähmaschinen immer größer würden, teils mit 18 Meter breiten Mähwerken, kämen auch immer mehr Muttertiere in den Wiesen ums Leben. Sie könnten wegen der Größe der Mähwerke schlicht nicht schnell genug vor ihnen flüchten.
Altbekannte Probleme seien zudem freilaufende Hunde, die Rehkitze verletzten sowie Fußgänger, die die Jungtiere anfassten, fütterten oder gar mit nach Hause nähmen. Dreher, der auch eine Aufzuchtstation für verletzte und verwaiste Rehkitze betreibt, appelliert daher an alle, Rehkitze in Ruhe zulassen und Hunde an die Leine zu nehmen. Und auch er bittet alle Landwirte vor einer Mahd, die örtlichen Rehkitzretter zu informieren, um Jungtiere vor dem Tod zu bewahren.
Wegen Mäharbeiten: 100.000 tote Rehkitze jährlich
Bislang sterben in Deutschland Studien zufolge rund 100.000 Rehkitze pro Jahr durch Mähmaschinen. Dabei sind laut Tierschutzgesetz die Bewirtschafter von Flächen, also auch Landwirte, verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, wenn mit dem Tod oder Verletzungen von Wirbeltieren, zu denen Rehe gehören, zu rechnen ist.
Sendung am Mi., 21.5.2025 6:30 Uhr, SWR4 BW Studio Friedrichshafen - Regionalnachrichten