
Baden-Württemberg Immer mehr Radfahrer - wie sicher sind Freiburgs Fahrradwege noch?
Immer vollere Radwege, immer schnellere und größere Fahrräder: Sind Freiburgs Radwege am Limit? Und was wird getan, um die Wege sicherer zu machen?
Lastenräder, Fahrradanhänger, Rennradfahrende und Pedelecs erobern die Fahrradwege in Freiburg. Dadurch sind Radfahrende nicht nur immer schneller unterwegs. Auch die Radwege werden immer voller. Dieser Eindruck spiegelt sich auch in mehreren Statistiken über Unfallzahlen und die Fahrradnutzung in Freiburg wider.
Eine bundesweite Studie zur Mobilität in Deutschland zeigt, dass die Freiburgerinnen und Freiburger im Jahr 2023 ein Drittel aller Wege in der Stadt mit dem Fahrrad zurückgelegt haben. In Bezug auf die zurückgelegte Wegstrecke ist das der höchste Anteil aller Städte und Gemeinden, die an der Studie teilgenommen haben. Fast jeder Zweite in Freiburg fährt mit dem Rad zur Arbeit. Fünf Prozent aller Wege werden inzwischen mit Pedelecs und E- Bikes zurückgelegt.
Zunehmender Radverkehr - zunehmendes Unfallrisiko
Doch die wachsende Beliebtheit des Fahrrads birgt nicht nur gute Nachrichten: Im Jahr 2024 war in Freiburg bei etwa jedem dritten Verkehrsunfall ein Fahrrad oder Pedelec beteiligt. Drei Menschen kamen dabei ums Leben, insgesamt 93 wurden schwer verletzt. Zwar ist im Vergleich zum Vorjahr ein leichter Rückgang der Unfallzahlen zu verzeichnen, doch der langfristige Trend zeigt: Besonders Pedelec-Unfälle nehmen stetig zu.
Dies hängt laut Polizei vor allem auch mit stark steigenden Verkehrszahlen zusammen. Zudem bringe das Pedelec insbesondere auch ältere Menschen wieder aufs Fahrrad - Menschen, die teilweise längere Zeit kein Fahrrad mehr gefahren sind, was das Unfallpotenzial zusätzlich erhöhe, wie es von der Polizei heißt.

Ein schmaler Fahrradweg an der Dreisam in Freiburg. Immer mehr Menschen fahren mit dem Fahrrad, wodurch die Radwege immer voller werden.
Kreuzungen für Radfahrer in Freiburg besonders gefährlich
Die häufigsten Ursachen für Fahrradunfälle sind laut Polizei: Falsches Verhalten beim Abbiegen, Vorfahrtsverstöße und Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr. Viele Ursachen ließen sich aber auch nicht eindeutig feststellen, so die Polizei. Besonders häufig komme es in Freiburgs Stadtkern zu Unfällen, wo das Verkehrsaufkommen hoch und die Infrastruktur komplex ist. Explizite Unfallhotspots gebe es allerdings nicht. Die Polizei betont, dass viele Faktoren eine Rolle spielten - von den Wetterbedingungen bis hin zum Verhalten einzelner Verkehrsteilnehmer.
ADFC fordert bessere Sichtbarkeit und Geschwindigkeitsanpassung
Frank Borsch vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) sagt, dass der Radverkehr in Freiburg schneller wachse, als man Anpassungen im Verkehr durchführen könne. Denn Lastenräder und Pedelecs würden immer mehr Autos ersetzen. Das Hauptproblem für Unfälle sieht Borsch in der mangelnden Sichtbarkeit von Radfahrenden.
Radfahrende werden an Kreuzungen oft übersehen, etwa wenn parkende Fahrzeuge die Sicht versperren. Das hat in Freiburg bereits tödliche Folgen gehabt. Frank Borsch, Allgemeiner Deutscher Fahrradclub Freiburg (ADFC)
Der ADFC fordert daher, dass an Kreuzungen mehr Radwege rot gefärbt werden. Außerdem will der ADFC Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts und mehr Fahrradstraßen in der Stadt. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Freiburg sei gut, betont Borsch. Allerdings würde die aktuelle Gesetzeslage eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 verhindern.
Was laut Borsch ebenfalls das Unfallpotenzial senken würde: Radwege verbreitern - wie beispielsweise den Weg FR1 auf Höhe der Brauerei Ganter. Doch oft würden private Grundstücke die breiteren Radwege verhindern.
Polizei setzt auf Prävention und verstärkte Kontrollen
Auf Anfrage des SWR gibt das Polizeipräsidium Freiburg Auskunft über sein aktuelles Fahrradkonzept: Dieses setze auf Prävention, Unfallursachenbekämpfung und Gefahrenstellenbeseitigung. Neben klassischen Maßnahmen (Schulprojekte oder Helmtragen) wurde am 1. Mai 2025 eine spezialisierte Polizei-Fahrradgruppe ins Leben gerufen, die sich gezielt auf die Sicherheit von Radfahrenden konzentriert. Dabei kooperiert die Polizei stets mit der Stadt Freiburg, indem sie Unfallschwerpunkte analysiert und an die Stadt weitergibt.

Die sechsköpfige Fahrradgruppe der Verkehrspolizei hat am 1. Mai in Freiburg gestartet.
Stadt Freiburg ist sich der Situation bewusst
Der Stadt zufolge ist das Fahrrad in Freiburg das meistgenutzte Verkehrsmittel und steht im Zentrum der Aufmerksamkeit - auch bei der Infrastruktur. In den vergangenen Jahren wurden laut Stadt einige Stellen überarbeitet, an denen es häufig zu Unfällen kam.
Beispielsweise wurde die Unfallhäufungsstelle am südlichen Greiffeggring mit der Zufahrt zur B31 zugunsten des Radverkehrs angepasst: Dort gibt es jetzt eine Spuraufteilung. Auch die Querung der Habsburgerstraße an der Einmündung der Okenstraße sei aktuell in der Detailplanung, um Unfälle in Zukunft zu verhindern.
Zusätzlich beteiligt sich Freiburg seit 2021 am Forschungsprojekt "Sicheres Radfahren in gemeinsam genutztem Straßenraum" der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Anhand von zwei Beispielstraßen - der Zähringer Straße und der Kirchzartener Straße - werden konkrete Maßnahmen getestet und evaluiert. Das Ziel: Konflikte zwischen Radfahrenden und anderen Verkehrsteilnehmenden verhinden.
Auf dem Weg zur sicheren Fahrradstadt
Freiburg ist und bleibt einer der Vorreiter, was den Radverkehr angeht - mit immer mehr Radfahrenden und einem wachsenden Radnetz. Gleichzeitig zeigen die Unfallzahlen, dass die Sicherheit im Radverkehr weiter verbessert werden muss. Viele Maßnahmen sind bereits auf den Weg gebracht - jetzt kommt es auf eine konsequente Umsetzung an.
Sendung am Fr., 30.5.2025 9:30 Uhr, Regionalnachrichten SWR4 Baden-Württemberg