Drei Menschen stehen auf einem Acker.

Baden-Württemberg Bergwaldprojekt: Freiwillige engagieren sich für Naturschutz in Agroforstbetrieben

Stand: 31.05.2025 06:52 Uhr

Rund 20 Freiwillige aus ganz Deutschland waren diese Woche im Naturpark Schwarzwald unterwegs. Sie haben dabei geholfen, landwirtschaftliche Flächen widerstandsfähiger zu machen.

Von Louisa Guy

Es regnet in Strömen, doch kein Problem für die 20 Freiwilligen, die auf der Lorenz-Farm in Achern anpacken. Gut gegen den Regen gerüstet sind sie aufgeteilt im ganzen Hof auf insgesamt vier Projekte: die einen hängen ein Vogelhäuschen in der Obstanlage auf. Die Vögel sollen Insekten und Schädlinge wegfuttern. Eine andere Gruppe bringt Sitzstangen für Greifvögel an, die Mäuse fangen sollen. Andere Freiwillige hacken und jäten das Gras unter Bäumen weg, weil das den Bäumen den Nährstoff nimmt. Das vierte und letzte Projekt auf der Lorenz-Farm ist ein Biotop, das aufgerüstet wird.

Was ist Agroforst?
Beim Agroforst geht es darum, Bäume und Sträucher auf landwirtschaftlichen Flächen zu integrieren und sie auf diese Weise an die neuen Klimabedingungen anzupassen. Agroforst-Strukturen tragen dazu bei, Wasser länger in den Flächen zu halten. Das ist besonders gut bei Trockenheit als auch bei Starkregen. Die gepflanzten Bäume und Sträucher können Wind abfangen und klimaschädlichen Kohlenstoff binden. Agroforstsysteme sind außerdem ein Lebensraum für Vögel und Insekten.

Freiwillige sind willkommene Hilfe für Landwirte

Landwirt Johannes Lorenz freut sich über die Helfer. Er hat die Projekte vorher ausgesucht und vorbereitet. Im Tagesgeschäft hat er dazu normalerweise keine Zeit. 250 Hühner leben auf der Lorenz-Farm, außerdem baut er Äpfel an, und all das im Nebenerwerb.

Johannes Lorenz

Johannes Lorenz betreibt die Lorenz-Farm seit 2021.

Der Wirtschaftsingenieur ist auf dem Hof aufgewachsen und hat ihn 2021 übernommen. Das erste Mal sind nun Freiwillige zu Gast: "Über den Naturpark wurde ich angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, ein paar Freiwillige hier arbeiten zu lassen. Da gibts eigentlich nicht viel zu überlegen."

Ich interessiere mich für Nachhaltigkeit und Vielfalt. Deshalb kommt es mir entgegen, dass der Naturpark Agroforstprojekte fördert, da sind wir gerne dabei! Johannes Lorenz, Landwirt

Es ist das erste Mal in diesem Jahr, dass Freiwillige aus dem Bergwaldprojekt auf Höfen arbeiten. Normalerweise setzt das Bergwaldprojekt die Freiwilligen eher in Wäldern oder Mooren ein. Christopher Thiel ist Projektleiter vom Bergwaldprojekt und koordiniert die Ehrenamtlichen.

"Das ist quasi ein Pilotprojekt für uns, wir haben überlegt, ob wir als Projekt auch im Bereich Agroforst wirken können, weil es eben eine tolle Alternative zur konventionellen Landwirtschaft ist'", so Thiel. "Normalerweise sind wir nicht auf Betrieben unterwegs, aber das hier ist ein Versuch dieses Jahr und bisher sieht es sehr gut aus, das Feedback von den Teilnehmern und den Partnern ist sehr gut."

Bergwaldprojekt: eine Woche lang einsetzen für den Naturschutz

Für die Teilnehmenden entstehen keine Kosten, für Unterbringung und Verpflegung sorgt das Bergwaldprojekt. Eine klassische Woche sieht so aus, dass die Freiwilligen von Montag bis Freitag viereinhalb Tage arbeiten. Einen halben Tag haben sie eine Exkursion. Bei diesem Projekt im Schwarzwald sind die Teilnehmenden auf insgesamt drei Höfen unterwegs. Auf der Lorenz-Farm bleiben sie eineinhalb Tage. Sie brauchen keine Vorkenntnisse in der Landwirtschaft.

Die Leute kommen freiwillig, viele nehmen sogar Urlaub dafür. Sie kommen mit der Motivation, wieder etwas zurückzugeben, um sich einzusetzen für Natur- und Waldschutz. In dieser Woche haben wir viele Teilnehmer dabei, die sich für das Thema Agroforst interessieren. Christopher Thiel, Projektleiter vom Bergwaldprojekt
Ein Vogelhaus

Freiwillige haben ein Vogelhaus auf der Lorenz-Farm gebaut.

Eine der Teilnehmenden ist Jule Petzold aus Würzburg. Sie hat gerade ein Vogelhäuschen aus Holz aufgehängt und strahlt, trotz Regens. Eigentlich ist sie Mediengestalterin. "Das hier ist ein guter Ausgleich zu acht Stunden Büro", sagt sie. "Abends ist man total platt und fertig, aber mit einem richtig guten Gefühl und kann dann glücklich ins Bett gehen."

Ich möchte in meiner Freizeit was Sinnvolles tun und der Natur etwas zurückgeben. Und da ist das Bergwaldprojekt eine tolle Möglichkeit. Man ist im Austausch mit tollen Menschen, die ähnliche Werte vertreten wie man selbst. Jule Petzold, Freiwillige Bergwaldprojekt

Agroforst kann Landwirten helfen

Das Bergwaldprojekt und der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord sind Projektpartner. Das Thema Agroforst beschäftigt beide. In Zeiten des Klimawandels ist es eine Möglichkeit, um auf Wetter-Herausforderungen einzugehen. Niklas Kullik ist Projektkoordinator für Agroforst beim Naturpark. "Agroforst kühlt die Landschaft, es gibt neue Habitatsstrukturen, es wird Kohlenstoff gespeichert", sagt er. "Und es ist auch für Thematiken rund um Starkregenereignisse wichtig. Der Wind wird gebremst und es kommt zu weniger Austrocknen der Flächen."

Niklas Kullik vom Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord

Niklas Kullik vom Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord.

Für viele landwirtschaftliche Betriebe ist die Zukunft sehr ungewiss. Agroforst ist da eine der Möglichkeiten, die man als Betrieb umsetzen kann, um sich ein bisschen besser an die sich wandelnden klimatischen Bedingungen anzupassen. Niklas Kullik, Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord

Die Freiwilligen bleiben eineinhalb Tage auf der Lorenz-Farm. Für Johannes Lorenz ein echter Gewinn: "Wir Landwirte kommen so auch in Kontakt mit der Gesellschaft und es ist gute Brücke um auf unsere Problematik, z.B. Glyphosat aufmerksam zu machen." Gleichzeitig gebe es einen gewissen Druck auf die Landwirtschaft, um etwa nachhaltiger und umweltverträglicher zu werden.

Agroforst ist eine Möglichkeit um auf Wetter-Herausforderungen einzugehen. Johannes Lorenz, Landwirt

Zur Kaffeepause hin hat der Regen aufgehört. Die Freiwilligen können nun bald in ihre Exkursion starten.

Ein Feld mit Bäumen.

Agroforstprojekte gibt es auch auf der Lorenz-Farm in Achern.

Sendung am Mi., 28.5.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Nachrichten

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