Weinberge in Baden-Baden verwildern. Winzer Volker Maier zeigt ein verwildertes Rebstück in Neuweier

Baden-Württemberg Badischer Wein in der Krise - Weinberge in der Region verwildern

Stand: 29.05.2025 14:59 Uhr

Immer mehr Reben bei Baden-Baden, Bühl und Bühlertal verwildern. Ein Problem für Winzer und den Tourismus. Jetzt sind Lösungskonzepte für den Weinbau in Mittelbaden gefragt.

Von Susann Bühler

Der Weinberg von Volker Maier in Baden-Baden hat eigentlich eine Toplage. Doch in seiner Nachbarschaft verwildern immer mehr Weinberge. Ein zunehmendes Problem für den Winzer.

Weinberge in Baden-Baden werden sich selbst überlassen

Zwischen hellgrünen Rebflächen sind immer wieder braune Kahlstellen, wo Rebstöcke herausgerissen wurden oder vertrocknetes Laub in abgestorbenen Reben ein trauriges Bild abgibt. "Es wird immer schlimmer, es gibt immer mehr sichtbar verwilderte Rebstöcke", klagt Maier, "wenn die Leute die Reben aufgeben und dann nicht ordentlich abräumen, sind in kürzester Zeit die Brombeerhecken da."

Wir werden unattraktiv als Weinregion. Das macht mir schon Zukunftsangst. Volker Maier, Biowinzer, Baden-Baden

Volker Maier betreibt ein Bio-Weingut in Baden-Baden-Haueneberstein. Er ist besorgt über die zunehmende Verwilderung in den Weinbergen. "Diese Gegend lebt vom Weinbau, von der Gastronomie und dem Tourismus. Doch wenn alles immer mehr verwahrlost, werden wir als Weinregion unattraktiv. Das macht mir schon auch Zukunftsangst."

Schädlingsdruck in den Reben nimmt zu

Zehn Hektar Reben bewirtschaftet der 49-Jährige, davon auch einige Steillagen am Altenberg und Mauerberg rund um den idyllischen Stadtteil Neuweier. Als selbstständiger Winzer, der vor zehn Jahren ganz auf ökologischen Weinbau umgestellt hat, bekommt er die Negativ-Folgen durch verwilderte Nachbargrundstücke besonders übel zu spüren.

"Der Pilzdruck durch umherfliegende Sporen ist enorm. Dadurch steigt für meine Reben die Infektionsgefahr durch falschen und echten Mehltau." Das bedeutet mehr Arbeit und mehr Einsatz von teuren biologischen Spritzmitteln. Dazu kämen die Brombeerranken, die in seine Grundstücke hineinwachsen und die er ständig in Schach halten muss.

Kommunen sind in der Pflicht

Der ungepflegte Anblick der Steillagen im Baden-Badener Rebland ist auch dem Vorsitzenden des Fördervereins Wein, Tourismus, Kultur und Kunst, Klaus Bloedt-Werner, ein Dorn im Auge. Er fürchtet auch um den Tourismus im Baden-Badener Rebland.

"Wir müssen jetzt endlich handeln und konkrete Maßnahmen ergreifen", fordert er, "es sind genug Sonntagsreden gehalten, die Problematik ist allen Beteiligten bekannt." Bloedt-Werner sieht in erster Linie die Kommunen in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass Rebstöcke ordnungsgemäß abgeräumt werden, wenn sie nicht mehr bewirtschaftet werden.

Feldhüter im Weinberg in Baden-Baden?

"Wenn ein Rebhang aufgegeben wird und zwei Jahre lang nichts passiert, können sie Brombeerplantagen pflanzen", mahnt der 72-jährige Rechtsanwalt. "Die Eigentümer müssen ermittelt und zur Verantwortung gezogen werden. Zur Not muss auch die Gemeinde selbst tätig werden.", so Bloedt-Werner.

Sein Förderverein setze sich seit langem für den Erhalt der Wein- und Kulturlandschaft ein, viele Gespräche habe es mit der Stadtverwaltung in Baden-Baden, mit Weinbaubetrieben und der Gastronomie schon gegeben. "Früher gab es noch die Feldhüter, die sich um die Reben gekümmert haben. So eine Art Feldhüter oder Kümmerer wäre jetzt wieder wichtig."

Gemeinde Bühlertal geht aktiv gegen Verwilderung vor

Die Gemeinde Bühlertal ist schon einen Schritt weiter: Die Verwaltung hat extra eine Beauftragte für Landschaftspflege auf Teilzeitbasis eingestellt, die sich unter anderem der Problematik der verwilderten Weinberge annehmen soll.

Mit viel Mühe ist es Angelika Zimmermann in einigen Fällen tatsächlich gelungen, die Eigentümer von verlassenen Rebstöcken zu ermitteln und in die Pflicht zu nehmen, ihre Rebstöcke auf eigene Kosten zu roden. "Eine mühsame und zeitraubende Arbeit" so Zimmermann. Und billig sei das Ganze nicht: "Je nach Grundstücksgröße können da schnell ein paar Tausend Euro zusammenkommen."

Landesamt tüftelt an Nutzungskonzept für Weinbau Mittelbaden

Doch was passiert mit den Flächen in den Weinbergen, wenn sie nicht mehr mit Reben bepflanzt sind? Seit Jahren wird von allen Beteiligten viel über diese Frage gerätselt und diskutiert. Ein schnelles Patentrezept ist nicht in Sicht. Stattdessen gibt es viele kleine alternative Lösungsansätze - von der Beweidung mit Schafen oder Ziegen über Blühwiesen bis hin zu Flächenumlegungen.

Die 0,75-Liter-Flasche Wein darf nicht unter zehn Euro kosten. Volker Maier, Winzer, Baden-Baden

Aktuell ist das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) in Stuttgart vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, Peter Hauk, damit beauftragt worden, eine Gesamtstrategie mit einem Nutzungskonzept für den Weinbau in Mittelbaden auszuarbeiten. Bis zu den Sommerferien Ende Juli soll das Ergebnis vorliegen.

Badischer Wein in der Heimat unbeliebt

Winzer Volker Maier sieht die Ursache für die Problematik der verwilderten Reben vor allem in der schwierigen Marktlage für den badischen Wein: "Das Hauptproblem ist, dass der Verbraucher einfach nicht zum heimischen Produkt greift", so Maier. Stattdessen bevorzugten viele Weinkunden die oft billigeren ausländischen Weine. "Dadurch wird der Weinbau unrentabel." Auch für Nachwuchswinzer lohne es sich heute kaum noch, nach Feierabend im Weinberg den Rücken krumm zu machen.

Für den leidenschaftlichen Winzer steht fest: "Das gute Produkt Wein hat auch seinen Preis. Eine 0,75-Liter-Flasche Wein darf nicht unter 10 Euro kosten", so Maier. "Wir haben gute Qualität. Wir müssen die Leute noch besser davon überzeugen, dass sie badischen Wein trinken sollen."

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