
Nova-Festivalgelände in Israel Terror, Trauer - und Touristen
Mehr als 360 Menschen wurden bei dem Hamas-Massaker auf dem Nova-Festivalgelände in Israel getötet. Neben Angehörigen zieht der Ort immer mehr Besucher an - ein Ort des Terrors wird zum Touristenmagnet.
"Ich möchte, dass ihr die Augen schließt, die Musik fühlt und wie 3.000 Menschen gleichzeitig tanzen." Rita Yedid hält einen Lautsprecher in der Hand, das rote Kleid der jungen Frau aus Haifa weht im Wind.
"Der DJ tanzt da, wo ihr jetzt steht und plötzlich verstummt die Musik", erinnert sie sich. "Er schreit ins Mikrofon: Roter Alarm, roter Alarm." In diesem Moment habe sie begriffen, dass sie um ihr Leben rennen muss, sagt die junge Mutter. Ihr zweijähriger Sohn wartete zu Hause. Vielleicht sei das der Grund, warum sie den Angriff der Terrororganisation Hamas auf das Nova-Festival am 7. Oktober überlebte. Mehr als 360 Partygäste wurden von Terroristen ermordet.
"Der Himmel war voller Raketen, so viele, dass sie den Himmel verdunkelten, überall war Chaos", erzählt sie. "Wir drückten uns auf den Boden, urinierten aus Angst, und beteten. Um 9:30 Uhr haben sie unseren Wohnwagen von rechts nach links beschossen."

Ein israelischer Offizier geht am 12. Oktober 2023 - wenige Tage nach dem Massaker - über das verwüstete Gelände des Nova-Musikfestivals.
Tausende besuchen täglich das Gelände
Rita und fünf andere versteckten sich in einem Camper. Ihr Mann habe sie geschützt und wurde getroffen. Niemand öffnete die Tür - so überlebten sie. Seitdem erzählt Rita ihre Geschichte. Hier in der Nähe des Gazastreifens zeigt sie Besuchern, wo sie getanzt hat, das DJ-Pult, die kleine Bar, die wieder aufgebaut wurde.
Hunderte Bilder der Getöteten und Schautafeln erzählen die Geschichten der Opfer. Das Gelände hat sich in eine Art Freiluftmuseum verwandelt, erzählt Johannes Guagnin. Er stammt aus Deutschland und ist Förster beim jüdischen Nationalfonds. Er ist zuständig für den Naturschutz rund um den Gazastreifen. "Im Moment haben wir um die 5.000 Besucher pro Tag, die herkommen. Das sind Busse von Besuchern aus dem Ausland, die das hier als den zentralen Gedenkort für den 7. Oktober wahrnehmen", sagt er. "Das ist ein sehr emotionaler Platz hier, weil die mit Trauer herkommen und da ist es natürlich wichtig, dem Raum zu schaffen."
Skepsis bei Angehörigen der Opfer
Immer mehr Raum nehmen die Touristen ein, weil israelische Touranbieter den Ort in ihre Ausflugsprogramme aufgenommen haben. Parkplätze, Toiletten und Parkbänke werden gebaut, wo Terroristen alles verwüsteten.
Skeptisch beobachten den Besucherstrom auch die Angehörigen der Opfer. Kati Zohar ist die Mutter der 23-jährigen Bar Zohar, die hier am 7. Oktober starb. "Es gibt Eltern, für die ist das ihr Friedhof", sagt sie. "Da wo der Krankenwagen auf dem Festival verbrannte, von denen ist kaum etwas übrig. Die Eltern haben Sand in einem Sarg beerdigt. Ihre Kinder liegen für sie hier begraben."

Eine Mutter sitzt vor dem Gedenken an ihren Sohn. Für die Angehörigen ist das Gelände ein Ort zum Trauern.
Seine Tochter Bar habe drei Freunden das Leben gerettet, erzählt Vater Meir Zohar. An die Besucher habe er sich gewöhnt, nur Imbisswagen schicke er weg, weil sie Geld verdienen wollen. Für ihn sei wichtig, dass die Welt die Geschichte seiner Tochter hört: "Terroristen schossen ihr in den Oberschenkel. Ihre Freunde, die überlebten, sagen, Bar sei im Kugelhagel wie Rambo gerannt, um ein Auto zu starten. Sie wollte zur Polizeistation, um andere zu warnen."
"Drei Dinge, für die ihr dankbar seid"
Nova-Überlebende Rita Yedid möchte für sich und die sprechen, die es nicht mehr können, sagt sie und hält mit ihrer Gruppe am Müllcontainer an, in dem Partygäste getötet wurden. Die Angehörigen haben ihn zum Denkmal umgebaut. Drinnen sind Bilder vom 7. Oktober zu sehen.
"Ich möchte, dass ihr die Augen schließt und Euch an Momente erinnert, in denen ihr aufgeben wolltet", sagt sie zu den Besuchern. "Denkt an drei Dinge, für die ihr dankbar seid." Danach schreiben sie diese auf Zetteln auf: Familie, Freunde, Fußball und Musik notieren einige. Andere sind dankbar zu riechen, zu schmecken, laufen zu können. Es sei für sie die beste Therapie, wenn die Besucher auf dem Nova Festival-Gelände sich ihr eigenes Leben vor Augen führen, sagt Rita Yedid noch und legt eine neue Musik auf.