Johann Wadephul mit anderen europäischen Außenministern und der EU-Außenbeauftragten Kallas vor Journalisten

Treffen mit Irans Außenminister "Ernsthafte" Gespräche - ohne greifbare Ergebnisse

Stand: 20.06.2025 20:39 Uhr

Mehr als drei Stunden dauerte das Treffen europäischer Außenminister mit ihrem iranischen Amtskollegen in Genf. Die Ergebnisse sind übersichtlich: Alle sind offen für weitere Gespräche. Europa aber will die USA mit am Verhandlungstisch.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben erstmals nach Beginn der israelischen Angriffe auf den Iran mit der Führung in Teheran persönlich verhandelt. Bundesaußenminister Johann Wadephul nannte die Gespräche nach dem Ende des Treffens in Genf "ernsthaft". Es sei der Eindruck entstanden, dass die iranische Seite grundsätzlich bereit sei, über alle Fragen weiter zu sprechen, so der CDU-Politiker.

"Für uns Europäer ist wichtig, dass wir beteiligt werden", so Wadephul. "Aber vor allen Dingen ist von großer Bedeutung, dass die Vereinigten Staaten von Amerika an diesen Verhandlungen und einer Lösung beteiligt werden." Für die Bundesregierung habe dabei Priorität, dass die Sicherheitsinteressen des Staates Israel gewahrt blieben.

Verhandlungen mit den USA gefordert

An den Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi in Genf nahmen neben Wadephul auch noch die Außenminister Frankreichs und Großbritanniens sowie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas teil. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot sagte, das Treffen könne den Weg für richtige Verhandlungen mit dem Iran ebnen. Auch der britische Außenminister David Lammy betonte die Notwendigkeit weiterer Treffen: "Wir wollen die laufenden Gespräche und Verhandlungen mit dem Iran fortsetzen und drängen den Iran, seine Gespräche mit den USA fortzusetzen".

Araghtschi hatte vor dem Treffen Verhandlungen angesichts der anhaltenden israelischen Angriffe abgelehnt. Solange diese Attacken nicht aufhörten, gebe es grundsätzlich keinen Raum für Gespräche und Diplomatie, sagte Araghtschi dem iranischen Staatsfernsehen. Man sei nicht bereit, mit irgendjemandem zu verhandeln. Insbesondere gebe es keinen Kontakt mit den USA.

Nach dem Treffen heute sagte Araghtschi, sein Land sei bereit, weiter auf Diplomatie zu setzen. Ein erneutes Treffen in naher Zukunft sei möglich. Die Diskussionen in Genf seien ernsthaft und von Respekt geprägt gewesen. Er betonte aber: "Solange die Angriffe Israels andauern, werden wir mit keiner Partei verhandeln."

"Ungerechtfertigter und verbrecherischer Krieg"

In einer Rede vor dem UN-Menschenrechtsrat hatte Araghtschi zuvor eine schärfere Tonart gewählt. Dort forderte er die internationale Gemeinschaft auf, die Angriffe Israels auf sein Land zu verurteilen. "Jede Rechtfertigung dieses ungerechten und verbrecherischen Krieges käme einer Komplizenschaft gleich", sagte er.

Araghtschi warf Israel wegen dessen Vorgehen im Gazastreifen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

Außenminister: "Iran ist jetzt am Zug"

Wadephul hatte vor dem Treffen betont, dass er mit Blick auf eine diplomatische Initiative den nächsten Schritt von Teheran erwarte. Der Iran sei "jetzt am Zug". Er forderte "die ernsthafte Bereitschaft" des Iran, "auf jede Anreicherung von nuklearem Material zu verzichten, was in Richtung einer atomaren Bewaffnung gehen könnte". Nur dann könne es weitere Verhandlungen geben, so der CDU-Politiker. 

Israel könne sich darauf verlassen, "dass die Bundesrepublik Deutschland die Sicherheit und die Existenz des israelischen Staates immer im Auge behalten wird, verteidigen wird", so Wadephul. Das sei Teil der deutschen Staatsräson.

Der britische Außenminister Lammy hatte im Vorfeld der Gespräche vor einer Eskalation im Nahen Osten gewarnt. Es sei jetzt an der Zeit, den dramatischen Szenen ein Ende zu setzen, sagte Lammy nach einem bilateralen Treffen mit US-Außenminister Marco Rubio. Die Lage sei bedrohlich.

Macron kündigt Angebot an Iran an

Mit Blick auf das iranische Atomprogramm hatte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron eine Rückkehr zu Gesprächen gefordert. "Der iranische Nuklearbereich ist eine Bedrohung und in der Sache darf es keine laxe Haltung geben", sagte Macron vor dem Treffen. Aber niemand könne "ernsthaft glauben, dass dieser Gefahr allein mit dem derzeitigen Einsatz (Israels) begegnet werden kann".

Es gebe sehr gut geschützte Werke im Iran und niemand könne derzeit genau sagen, wo sich das auf 60 Prozent angereicherte Uran befinde, so Macron. "Also müssen wir die Kontrolle über (das iranische Atom-)Programm durch technische Expertise und Verhandlung zurückerlangen." Macron erklärte, der französische, britische und deutsche Außenminister würden dem iranischen Kollegen ein Angebot zu umfassenden diplomatischen und technischen Verhandlungen machen.

Der Vorschlag umfasst laut Macron mehrere Punkte: Zum einen solle die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) ihre Arbeit mit Blick auf die null (Uran-) Anreicherung wieder aufnehmen und Zugang zu allen Einrichtungen erhalten. Die ballistischen Aktivitäten und die Finanzierung der Verbündeten des Iran in der Region sollten beschränkt werden. Zudem solle die Befreiung der Geiseln Thema sein. Macron stellte jedoch nicht klar, ob damit Geiseln im Gazastreifen gemeint sind. Frankreich bezeichnet mehrere im Iran festgehaltene Franzosen ebenfalls als Geiseln.

Israel und Iran seit vergangener Woche im Krieg

Am vergangenen Freitag hatte Israel einen Großangriff auf den Erzfeind Iran begonnen. Seither greift das israelische Militär immer wieder Ziele in der Islamischen Republik an, während die iranischen Streitkräfte ihrerseits Raketen auf die Atommacht Israel abfeuern.

Nach israelischer Darstellung ist das wichtigste Ziel des Krieges, den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Die iranische Führung hingegen dementiert seit Jahren, den Bau von Kernwaffen anzustreben - und pocht auf das Recht, Atomkraft für friedliche Zwecke zu nutzen.

Kathrin Hondl, ARD Genf, tagesschau, 20.06.2025 13:10 Uhr