Mark Carney und Friedrich Merz

G7-Gipfel in Kanada Ringen um eine gemeinsame Linie

Stand: 16.06.2025 14:55 Uhr

Die Angriffe im Nahen Osten überschatten auch den heute beginnenden G7-Gipfel. Die Staats- und Regierungschefs drängen auf eine Deeskalation - doch vieles hängt vom Kurs der USA ab. Kann es eine gemeinsame Linie geben?

Der Konflikt zwischen Israel und dem Iran wird sehr weit oben auf der Agenda des Gipfels stehen. Das hat Bundeskanzler Friedrich Merz noch vor seinem Abflug aus Berlin erklärt. Wenige Stunden vor dem Treffen der G7-Staats- und Regierungschefs in den kanadischen Rocky Mountains haben sich beide Länder wieder mit schweren Angriffen überzogen.

Der Iran dürfe keine Atomwaffen entwickeln und besitzen, betonte Merz, Teheran müsse die Bombardierung ziviler Ziele in Israel sofort einstellen. "Israel hat das Recht, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürger zu verteidigen. Das iranische Atomwaffenprogramm ist eine existenzielle Bedrohung für den Staat Israel."

Merz verlangte, eine Ausweitung des Konfliktes zu vermeiden und Raum für Diplomatie zu eröffnen. Dabei hängt viel von Israels größter Schutzmacht, den Vereinigten Staaten, ab. US-Präsident Donald Trump sagte vor dem Abflug nach Kanada auf die Frage, was er tue, um die Lage zu entschärfen: "Ich hoffe, es wird eine Einigung geben. Es ist an der Zeit und wir werden sehen, was geschieht. Aber manchmal müssen sie es ausfechten", so Trump. Er glaube, dass es gute Chancen für einen Deal gebe.

Starmer: Richtiger Zeitpunkt für Treffen

Wir setzen auf Deeskalation, betonte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vor Beginn des Gipfels: "Ich hoffe, dass die nächsten Stunden Ruhe und einen Weg der Diskussion bringen werden, um zu verhindern, dass es zu einer Eskalation im Streit um das iranische Atomprogramm und vor allem, dass es zu einem Flächenbrand in der Region kommt."

Nach Ansicht des britischen Premiers Keir Starmer treffen sich die G7-Mitglieder deshalb genau zum richtigen Zeitpunkt in den kanadischen Rocky Mountains. Natürlich stehe der Konflikt zwischen Israel und dem Iran im Mittelpunkt. "Das bietet uns die Gelegenheit, mit unseren Kollegen über die sich schnell verändernde Situation zu sprechen und uns für Deeskalation einzusetzen, im Interesse der Region und natürlich der ganzen Welt", so Starmer.

Auch wirtschaftliche Interessen im Fokus

Hinter den Appellen der G7-Mitglieder steht nicht nur die Sorge um mögliche weitere Opfer durch Luft- und Raketenangriffe. Es geht auch um wirtschaftliche Interessen: Sollte sich der Konflikt ausweiten, könnten wichtige Erdölproduzenten in der Region wie Saudi-Arabien und der Irak getroffen werden. Falls der Iran die Straße von Hormus sperrt, die Meerenge am Persischen Golf, würde das die weltweite Versorgung mit Öl empfindlich stören. Durch dieses Nadelöhr fließt rund ein Fünftel der weltweiten Versorgung.

Karte Iran

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat nach eigenen Angaben in einem Telefonat mit US-Präsident Trump vereinbart, die Auswirkungen des Konflikts auf die Energiemärkte genau im Blick zu behalten. Die Staats- und Regierungschefs der sieben wirtschaftsstarken Demokratien suchen beim Gipfel außerdem eine gemeinsame Linie zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Der Bundeskanzler forderte, Moskau müsse mit zusätzlichem Druck an den Verhandlungstisch gebracht werden. "Deshalb wollen wir beim Europäischen Rat Ende des Monats neue Sanktionen verhängen", so Merz. Auch die G7-Partner - insbesondere die USA - wolle man dafür gewinnen, ihrerseits an weiteren Maßnahmen zu arbeiten.

USA in vielen Fragen entscheidend

Denn es ist fraglich, ob sich die US-Regierung dabei festlegt - etwa wenn es darum geht, die Preisobergrenze für den Verkauf von russischem Öl zu senken. Ebenfalls völlig offen ist, ob es mit Trump die klare Perspektive für eine Einigung im transatlantischen Zollstreit gibt, die Merz sich vom Gipfel erhofft. In allen wichtigen Fragen hängt es also vom US-Präsidenten ab, ob die G7 vorankommen.

Nicht nur der Gastgeber, Kanadas Premier Mark Carney, will aber vermeiden, dass am Ende einer gegen sechs steht. Auch Merz betont: "Das wichtigste Ziel wird sein: Die sieben größten Industrienationen der Welt sind sich einig und sie sind handlungsfähig."

Nach verschiedenen bilateralen Gesprächen der Beteiligten startet der Gipfel mit dem eigentlichen Arbeitsprogramm, zunächst mit einem Forum zur Lage der Weltwirtschaft.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 16. Juni 2025 um 15:25 Uhr.